Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)
übersäten Hügel und
den kühlen Wind gehasst, als sie im Jahre 1731 vergeblich nach der Grube
gesucht hatte, die sie in ihre Zeit zurückbringen sollte.
Heute
sah sie die Landschaft mit anderen Augen; in den zehn Jahren, die sie nun Ewans
Frau war, hatte sie Schottland lieben gelernt. Ihr Leben als erfolgreiche
Karrierefrau lag weit zurück und sie hatte keine Sehnsucht danach – ebenso
wenig wie an die technischen Dinge des einundzwanzigsten Jahrhunderts.
Allerdings hatte sich Joan nur langsam an die Stellung der Frau im achtzehnten
Jahrhundert gewöhnen können; es war für sie ungewohnt, kein eigenes Geld zu
besitzen und Ewan um jeden Penny bitten zu müssen. Da es jedoch den anderen
Frauen genauso ging, hatte Joan bald nichts Erniedrigendes mehr dabei gefunden.
Ewan
war allerdings auch ein sehr verständnisvoller Ehemann. Er versuchte kaum, über
Joan zu bestimmen. Anfangs hatte er dies einige Mal versucht, musste aber
schnell feststellen, dass er eine kratzbürstige aufständische Wildkatze
geehelicht hatte, wenn ihr etwas verboten werden sollte.
Màiri
summte leise eine Melodie vor sich hin; unterdessen kontrollierte sie die Körbe
der anderen Frauen, denn es sollten nur die blutroten Blüten gepflückt werden,
obwohl es auf der Wiese Blumen in allen erdenklichen Farben gab.
„Hoffentlich
kehrt Mr Lamont aus Inverness zurück, bevor wir abreisen.“ Màiri setzte sich
neben Joan ins Gras. „Ich wünsche mir schon lange diese feinen Spitzen, die in
Frankreich so modern sind.“
Die
eher einfachen Spitzen auf dem Markt von Baile a’ Coille reichten zwar für den
Besatz von Taschentüchern und als Zierde von Hauben und Ärmeln, aber Màiri
hatte sich in den Kopf gesetzt, ein Kleid nach der neuesten Mode des
französischen Hofes schneidern zu lassen, und dafür war nur das Beste gut genug.
*
Unterdessen
ritt Robin Lamont bereits auf dem Pfad, der ihn zuerst nach Baile a’ Coille
brachte, von dort aus ging es über eine breite Straße hinunter nach Inverness,
das am Fuße der Highlands lag. Er nahm sich nicht allzu zu viel Zeit, denn er
wollte noch einmal seinen alten Freund sehen, bei dem er lange Zeit gelebt
hatte, nachdem Ceana Matheson hingerichtet worden war und er ihre Tochter nach
England geschmuggelt hatte. John Durban lebte am Rande der Stadt und verdiente
sein Geld mit einer Schenke; Robin hatte ihm damals in der Wirtsstube geholfen,
bevor er hinauf in die Berge wanderte, um sich dort eine bescheidene Kate zu
bauen. Natürlich hatte John niemals erfahren, dass sein Freund ein
Zeitreisender war – eigentlich hatte es niemand vor Joan erfahren.
Robin
dachte während des langen Rittes über sein bisheriges Leben nach – über das im
achtzehnten Jahrhundert, denn sein erstes Leben empfand er als so sinnlos, dass
er keinen Gedanken mehr daran verschwenden wollte.
Er
hatte sich wohl gefühlt in seiner einsamen Hütte. Den Winter über schnitzte er
Holzfiguren, in der übrigen Jahreszeiten reiste er umher und hielt sich oft in
Baile a’ Coille auf, da er dort einige Freunde gefunden hatte. Sehnsucht nach
einer Frau hatte er nie gehabt; in seinem früheren Leben als reicher Nichtstuer
waren ihm die Frauen nachgelaufen. Nicht, weil er so attraktiv war, sondern
weil er reich war. Das hatte Robin irgendwann angewidert, wie ihn sein gesamtes
Dasein angewidert hatte. Die unerwartete Reise in die Vergangenheit hatte sich
für den Lebensüberdrüssigen gerade zur rechten Zeit ereignet. Erst in der
Vergangenheit war er trotz aller Entbehrungen glücklich geworden, denn er
liebte die Einsamkeit und mochte die Menschen, die er hier kennen gelernt
hatte.
*
Nach
vier Tagen erreichte Robin die ersten Häuser von Inverness. Die Stadt war nicht
so schmutzig wie das Örtchen Baile a’ Coille, dennoch lagen Unrat, Exkremente
und verdorbenes Gemüse in den Straßenrinnen. Anfangs war Robin über diese
Zustände entsetzt gewesen – vor allem wegen des üblen Geruchs – aber er hatte
sich bald damit abgefunden, da man es im achtzehnten Jahrhundert mit der
Sauberkeit noch nicht so genau nahm.
Schon
lange hatte er die Hauptstadt nicht mehr besucht, zumindest nicht im
achtzehnten Jahrhundert. Das letzte Mal, als er Inverness gesehen hatte, war er
neben Marion Harris aus dem Flughafengelände geschritten, bevor er sie in die
Höhle geführt hatte, um sie zu ihrer Tochter ins Jahr 1732 zu bringen.
Schmunzelnd
lenkte Robin sein Pferd an einem Rattenkadaver am Straßenrand vorbei. Was die
Menschen, die hier
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