Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)
goldene verräterische Halskettchen um ihrem Hals
verschwunden war.
„Ich
freue mich, Euch schon so bald wieder in Inverness zu sehen“, sagte Brigid,
räumte ein paar Handtücher von einem Holzschemel und bat Robin, Platz zu
nehmen. „Es ist so wohltuend für mich, Johns besten Freund um mich zu haben.“
Robin
räusperte sich. „Ich bin nicht allein gekommen, Mrs Durban.“ Er druckste, dann rückte
er mit der Sprache heraus.
Ungläubig
starrte sie ihn an, sagte jedoch nichts.
„Glaubt
mir, dies ist ein absoluter Notfall. Joans und Ewans kleine Tochter hat eine
schwere Lungenentzündung. Ihr selbst wisst, dass diese Krankheit in dieser Zeit
tödlich ist. Wenn das Mädchen nicht schnellstmöglich mit Antibiotika versorgt
wird, muss es sterben.“
„Aber
...“, stammelte Brigid, „ ... aber ich habe mir geschworen, nie wieder diesen
verwunschenen Ort aufzusuchen.“
Verständnisvoll
nickte Robin, nahm ihre Hände und erwiderte mit Nachdruck: „Das verstehe ich
sehr gut. Aber bedenkt doch, wie wichtig es für Joan und Ewan ist, zu erfahren,
wo sich dieser ihnen unbekannte Zeittunnel befindet. Niemand verlangt von Euch,
dass Ihr nahe an den Brunnen herantretet, nur die genaue Lage ist wichtig.“
Brigid
schluckte. „Und die Beiden wollen wirklich in die Zukunft reisen?“
„Von
wollen kann keine Rede sein, Mrs Durban. Sie haben keine andere Wahl, versteht
Ihr?“
„Natürlich.
Wo befinden sich Joan und ihr Mann gerade?“
„Draußen
auf der Straße.“
Behände
wie ein junges Mädchen sprang Brigid auf. „Warum habt Ihr sie nicht ins Haus
gebeten? Bitte holt sie herein, und in der Zwischenzeit denke ich darüber nach,
ob ich Euch nach Edinburgh bringe.“
Erleichtert
erhob sich Robin, um Brigids Bitte Folge zu leisten. Noch war er sich nicht
völlig sicher, aber er spürte, dass Johns Witwe ihnen helfen würde.
Höflich
wurden sie von Brigid begrüßt und gebeten, in der Wirtsstube Platz zu nehmen.
Bevor es zu einem ersten Gespräch kam, wurden die drei Gäste reichlich
bewirtet. Nach dem Essen gesellte sich Brigid zu ihnen und musterte Joan
aufmerksam.
„Wann
wurdet Ihr geboren?“, fragte sie fast schüchtern. „Und wie lange lebt Ihr in
... der Vergangenheit?“
„1978“,
gab Joan bereitwillig zurück, die ihre Landmännin auf Anhieb sympathisch
gefunden hatte. „Ich landete im Jahre 1731, fast in Ewans Arme.“ Sie wechselte
einen liebenvollen Blick mit ihrem Mann. „Ich hab hier mein Glück gefunden, und
es käme mir nie in den Sinn, wieder in meiner früheren Zeit leben zu wollen,
obwohl ich nicht Euer hartes Schicksal teilen musste.“
In
Brigids Augen glänzten plötzlich Tränen, und nervös zupfte sie an dem
Brusttuch, das ihre üppige Oberweite bedeckte. „Ich habe Schreckliches erlebt,
sodass mich allein der Gedanke an die Zukunft erschreckt. Habt Ihr denn keine
Angst, dass Ihr nicht mehr zurück könnt?“
„Die
Angst ist unser ständiger Begleiter“, warf Ewan ein. „Jedes Mal, wenn jemand
von uns durch den Zeittunnel gegangen ist, fürchten wir uns davor, nicht mehr
zurückzukönnen oder irgendwo in der Zeit stecken zu bleiben.“ Unter dem Tisch
tastete er nach Joans Hand. „Und diesmal sind die Ängste noch größer, weil uns
dieser Brunnen unbekannt ist. Werdet Ihr uns helfen?“
Brigid
rang ihre Hände. „Wenn etwas passiert, werde ich mein Lebtag nicht mehr froh
werden.“
„Und
wenn die kleine May stirbt, weil Ihr ihren Eltern nicht geholfen habt?“ Robins
Stimme klang leise, jedoch eindringlich. „Könnt Ihr das mit Eurem
Gewissen vereinbaren?“
Es
war Brigid anzusehen, wie sie mit sich haderte. Doch dann ging ein Ruck durch
ihren Körper, sie holte tief Luft und stieß dann hervor: „Also schön, ich werde
es tun. Wir werden ungefähr zwei Tage und Nächte unterwegs sein.“
„Was
geschieht in der Zwischenzeit mit der Schankstube?“, erkundigte sich Robin.
„Für den Verdienstausfall werden wir gerne aufkommen.“
„Nicht
nötig. Gleich nach Johns Beerdigung habe ich eine junge Frau aus der
Nachbarschaft eingestellt; sie kann mich solange vertreten.“
Joan
musste an sich halten, um der anderen vor Dankbarkeit nicht um den Hals zu
fallen. Doch als sie noch in derselben Stunde aufbrachen, mischten sich in ihre
Freude erste Zweifel, die sie jedoch für sich behielt. Möglicherweise
existierte der Brunnen längst nicht mehr, dann wäre alle Mühe umsonst gewesen.
Und selbst wenn er noch funktionierte – wer konnte voraussagen, ob er
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