Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)
Zukunft.“
„Ja,
aber mit den Flugzeugen würde die schlechte Luft kommen“, erinnerte ihn Joan
sanft. „Und Flughäfen und Autos und Autobahnen und ...“
Abwehrend
hob Ewan die Hände und lachte. „In Ordnung, ich werde nie wieder davon
anfangen.“
Diesmal
saßen sie zu dritt auf dem Kutschbock, weil Joan sich auf der Ladefläche recht
verloren vorkam. Sie war nervös und fieberte dem Augenblick entgegen, die Türme
von Glenbharr Castle in der Ferne zu entdecken.
Ewan
legte beschützend einen Arm um seine Frau und wandte sich an Robin, der auf der
anderen Seite neben Joan saß. „Warum interessiert Ihr Euch für diese Kolonie
namens Nova Scotia, Mr Lamont?“
„Nehmt
es mir nicht übel, aber darüber möchte ich erst reden, nachdem ich Joans
Unterlagen gelesen habe und mir eine gute Idee gekommen ist – falls mir
überhaupt eine gute Idee kommt. Auch mit Eurem Vater spreche ich vorher nicht
darüber, und ich bitte Euch daher inständig, ihm den Namen der Kolonie zu verschweigen.“
„Es
geht um unsere Flucht aus den Highlands, aye?“ Ewans Gesicht war bei diesen
Worten schmerzlich verzogen. „Es geht um eine Möglichkeit, unsere Familie vor
den Sasannach zu retten. Habe ich recht?“
Robin
entgegnete zunächst nichts, und Joan tastete mitfühlend nach Ewans Händen.
„Warum
antwortet Ihr mir nicht?“, bohrte er weiter. „Ich werde die Wahrheit schon
verkraften.“
Robin,
der die Zügel hielt, räusperte sich und rutschte nervös auf dem Kutschbock hin
und her. „Es ist nur eine Idee, die Familie nach der Schlacht in die Kolonie zu
bringen, mehr nicht. Der Gedanke kam mir neulich und setzte sich in mir fest.
Ich weiß, dass Ihr nicht daran denken mögt, Eure Heimat zu verlassen, aber die
Geschichte lässt sich nicht verändern. Es wird zum Aufstand kommen, und
die Schotten werden unterliegen; die Frage ist nur, was danach mit dem
Clan und vor allem den MacLaughlins geschehen soll. Selbst, wenn Euer Vater
Bonnie Prince Charlie die Hilfe verweigert, wird er danach seine Ländereien
verlieren und fliehen müssen. Die Engländer wissen, dass er bei Sheriffmuir
gekämpft hat. Und – wie Ihr wisst – ist Glenbharr Castle in der Zukunft eine
Ruine, also ein Zeichen dafür, dass der MacLaughlin-Clan mit dem Prinzen in die
Schlacht ziehen wird.“
Nachdenklich
starrte Ewan auf den steinigen Weg vor sich. Noch konnte er sich kaum
vorstellen, seine geliebte Heimat jemals verlassen zu müssen, doch das, was er
bereits über die Zeit nach dem Aufstand erfahren hatte, ließ sich nicht länger
verdrängen. Es würde keine Clans mehr geben, keine Lairds ... und sogar die
gälische Sprache würde von den Engländern verboten werden sowie das Tragen des
Tartans und das Spielen der traditionellen schottischen Musik; rundum alles,
was das Leben eines echten Highlanders ausmachte. Ewans Herz krampfte sich bei
dieser Vorstellung schmerzhaft zusammen, und unbewusst verstärkte er den Druck
auf Joans Hand.
„Was
ist los?“, wollte sie augenblicklich wissen, obwohl sie ahnte, woran ihr Mann
gedacht hatte.
Er
schüttelte abwehrend den Kopf, und weder Joan noch Robin drangen weiter in Ewan
ein.
*
Am
späten Abend zwei Tage nach der Abreise aus Inverness erreichten sie Glenbharr
Castle. Das große Tor wurde rasch geöffnet, und kaum hatte das Fuhrwerk angehalten,
stürzten Marion und Màiri auf den Burghof. Ihre Gesichter spiegelten Erleichterung
wider, da mit einer hundertprozentigen Wiederkehr von Joan und Ewan niemand
hatte retten können.
„Oh,
wie gut, dass ihr zurück seid!“, rief Màiri aus und umarmte ihre Schwägerin.
„Ich habe Tag und Nacht für euch gebetet.“
„Wie
geht es May?“, fragte Joan statt einer Begrüßung und umarmte mit dem freien Arm
ihre Mutter. „Hat sich ihr Zustand verschlechtert?“
Marion
presste ihre Tochter mit vor Erleichterung geschlossenen Augen an sich.
„Unverändert, aber das Fieber ist etwas gesunken.“ Sie sah sich vorsichtig um,
und als sie sicher sein konnte, dass niemand zuhörte, fügte sie flüsternd
hinzu: „Habt ihr ... du weißt schon ...“
Glücklich
lächelte Joan und wies auf das hellblaue Stoffbündel, das Ewan an sich genommen
hatte. „Mehr Medikamente, als wir derzeit benötigen. Es war ziemlich aufregend,
sie zu beschaffen. Bevor ich Dòmhnall begrüße, möchte ich nach May sehen und
ihr die erste Tablette geben.“
Ohne
auf die anderen zu achten, eilte Joan zum Hauptportal, gefolgt von Màiri, die
das Bündel mit den Medikamenten
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