Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)

nach dem
Kittel aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert. Er war noch da, ebenso sein
Inhalt. Ob die Medikamente trotz der Zeitverschiebung wirkten, musste man
abwarten.
    Besorgt
hockte sich Ewan neben seine kreidebleiche Frau. „Alles in Ordnung mit dir? Du
siehst krank aus.“
    Sie
lächelte lahm und versuchte sich aufzurichten, doch ihre Beine versagten.
„Wahrscheinlich streikt mein Körper, weil ich schon zu oft durch die Zeit
gereist bin.“
    „Damit
muss jetzt auch endgültig Schluss sein. Noch einmal überstehst du so eine
anstrengende Reise nicht, aye?“
    „Ich
denke nicht im Traum daran, noch einmal in diese scheußliche neue kaputte Welt
zu gehen.“ Sie schüttelte sich voller Abscheu. Das Wenige, das ihr vor ihrem
ersten Trip in die Vergangenheit in ihrer Zeit lieb gewesen war, gab es nicht
mehr und würde es nie wieder geben, und Teds Zeit würde bald abgelaufen sein.
    Joans
Zehen begannen zu kribbeln; das war ein sicheres Zeichen, dass sich ihr Körper
langsam von den unmenschlichen Strapazen erholte. Nicht mehr lange, dann würde
sie sich kräftig genug fühlen, um mit Ewan in das alte Edinburgh zu gehen und
sich nach einer Fahrgelegenheit umzusehen, die sie nach Inverness brachte.
    Ewan
richtete sich auf und blickte sich sorgfältig um. „Wie viel Zeit mag wohl
vergangen sein?“
    Joan
hielt sich am Brunnenrand fest und zog sich daran mühselig hoch. „Nicht lange.
Als ich das erste Mal nach vielen Wochen zurückkam, waren gerade ein paar
Stunden vergangen.“
    Plötzlich
reckte Ewan den Hals und murmelte: „Das glaube ich nicht ...“
    Und
als Joan ihn fragend ansah, deutete er in die Ferne, in der ein einfaches
Fuhrwerk zu erkennen war. „Da hinten fahren Robin und Brigid, unglaublich!“
    „Dann
waren wir nur wenige Minuten fort!“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen,
fuchtelte wild mit den Armen und rief Robins Namen, so laut sie konnte.
    Tatsächlich
wurde sie gehört, denn der Wagen hielt an, drehte und kam zurück. Auch Robin
und Brigid waren fassungslos. Sie sprangen vom Kutschbock und umarmten die
Zeitreisenden überschwänglich.
    „Das
kann ich kaum glauben“, rief Robin aufgeregt. „Ihr seid erst vor wenigen
Minuten in den Brunnen gestiegen. Wie lange wart ihr dort?“
    „Zwei
Tage“, berichtete Ewan. „Und glaubt mir, es waren zwei fürchterliche Tage.“
    Bevor
sie jedoch von ihren düsteren Eindrücken erzählen konnten, zogen sich Joan und
Ewan um. Sowie er sich seinen Breacan feile umgelegt hatte, fühlte er sich
sicherer. Nie wieder würde er ein solch enges unbequemes Beinkleid tragen!
    Auch
Joan war froh, wieder in Wollrock, Leinenbluse und Mieder schlüpfen zu können.
    Ohne
Bedauern verließen sie das verlassene Dorf und schworen sich, nie wieder
zurückzukehren. Brigid kletterte auf die Ladefläche zu Joan, während Ewan Robin
auf dem Kutschbock Gesellschaft leistete. Er war so glücklich, wieder zu Hause
zu sein, und als sie Edinburgh erreichten, sagte er wehmütig: „Schöne alte
Stadt, die Zukunft sieht düster aus.“
    Natürlich
wollte Robin alles wissen, was in seiner Abwesenheit in der neuen Zeit passiert
war.
    „Lasst
Euch das besser von Joan erklären“, winkte Ewan ab. „Es hat mit Geldentwertung
und Banken zu tun.“
    Über
die Schulter hinweg rief Robin: „Wird es eine Inflation geben?“
    „Und
was für eine! Die fünftausend Pfund, die wir für einen Teil deines Goldes
bekommen haben, reichten gerade aus, um davon zwei jämmerliche Tage leben zu
können.“
    „Verdammt!
Hast du an alles gedacht?“
    Stolz
klopfte Joan auf den nun zusammengerollten Kittel, in dem sich nicht nur die
Medikamente, sondern auch die Aufzeichnungen für Robin befanden. „Ja, und es
gibt keinen Grund mehr, noch einmal zu reisen.“
    Brigid
interessierte sich nicht sonderlich für das Edinburgh im Jahre 2018; noch immer
hatte sie das Heulen der Bomben im Ohr und das Schreien der Verletzten. Ihr
Gesicht war blass, und man konnte ihr ansehen, dass sie sich in Gedanken wieder
im Zweiten Weltkrieg befand.
    *
    Schließlich
erreichten sie Invernesse. Nach einer kurzen Pause drängte Joan jedoch zur
Weiterfahrt, denn ihre Angst um May wurde von Minute zu Minute stärker.
    Die
beiden Männer willigten ein, und nach einer von Brigid hastig zubereiteten
Mahlzeit brachen sie auf.
    „Mit
einem dieser großen Silbervögel wären wir längst zu Hause“, überlegte Ewan
laut, als sie gerade die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten. „Es ist nicht
alles schlecht in der