Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)
„Lasst uns eine Kleinigkeit zu uns nehmen, bevor wir miteinander
reden.“
Der
Prinz nickte huldvoll und ging mit zierlichen Schritten voran, dicht gefolgt
von seinen Offizieren.
*
Ogur
mitsamt seiner Helfer hatte sich wahrlich selbst übertroffen. Neben
schottischen Spezialitäten wurden Dutzende von französischen Speisen
aufgetischt, von denen der Koch annahm, dem Prinz würden sie munden – was sie
tatsächlich taten. Vom Lammbraten nahm er nur eine winzige Portion, um sich
dann an den feinen, ihm bekannten Speisen zu laben.
Die
Familie saß zu beiden Seiten des Ehrengastes; Dòmhnall und Marion inmitten
ihrer Kinder. Der Prinz nahm den sonstigen Platz des Lairds am Kopf der Tafel
ein, mit seinem General Lord Murray.
Alle
versuchten so vornehm wie der junge Stuart zu essen, ein jeder am Tisch warf
dem Gast wieder und wieder verstohlene Blicke zu, wenn dieser mit gezierten
Bewegungen seine Gabel zum Mund führte.
Joan
war froh, als die Tafel aufgehoben wurde und die Musiker den Saal betraten.
Diesmal würden die Dudelsackpfeifer, Trommler und Geiger nur einige schottische
Weisen spielen, um danach ungewohnte französische und italienische Musikstücke
von sich zu geben. Sie hatten nicht viel Zeit zum Einstudieren gehabt und
hofften, dass der Prinz nicht zu genau hinhören würde.
Die
Dienstboten räumten eiligst das Tafelgeschirr ab, um gleich darauf Whiskybecher
und Weinkaraffen herbeizuschaffen. Bonnie Prince Charlie hatte eine Vorliebe
für süßen schweren Rotwein, den Dòmhnall rechtzeitig hatte besorgen können.
Lord
Murray erhob sich, um seinen Platz dem Laird zu überlassen. Er selbst begnügte
sich mit dem ersten Stuhl auf der Längsseite des Tisches, und die anderen
Offiziere gesellten sich zu ihm sowie Ewan und Mìcheal – die große, von allen
Wissenden gefürchtete Aussprache sollte nun beginnen.
Ein
Menuett, geblasen auf einem Dudelsack, hörte sich ungewohnt an, dennoch zogen
Màiri, Darla und Lenya ihre widerstrebenden Männer auf die freie mittlere
Fläche des Saales, auf der bei jedem Fest getanzt wurde. Immerhin wollten die
Frauen ihre schönen Kleider zeigen und beweisen, dass sie sich nicht nur zu
schottischen Volksweisen bewegen konnten.
Joan
und Marion saßen am anderen Ende des Tisches und sahen dem munteren Treiben auf
dem Tanzboden zu; gelegentlich schwenkten ihre Blicke jedoch zu Bonnie Prince
Charlie, der es augenscheinlich seinen Offizieren überließ, die Unterhaltung
mit den MacLaughlins zu führen. Er selbst nickte hin und wieder mit wichtiger
Miene, zur Unterstreichung der Worte seiner Offiziere.
„Himmel,
er sieht aus wie eine Frau“, flüsterte Marion in Joans Richtung. „Hast du
gesehen? Er spreizt beim Essen und Trinken den kleinen Finger geziert ab und
trägt sogar ein Schönheitspflaster auf der gepuderten Wange!“
Kichernd
nickte Joan. „Im einundzwanzigsten Jahrhundert würde man ihn als Tunte
betiteln, aber zu dieser Zeit folgt er lediglich dem gängigen Schönheitsideal.
Ich bin heilfroh, dass unsere Männer da nicht mitmachen.“
„Um
Gotteswillen! Meiner Meinung nach besitzt der Prinz keinerlei männliche
Merkmale wie unsere prächtigen Jungs.“
Beide
Frauen musterten ihre Gatten unauffällig, jedoch voller Stolz und Liebe. Ewan
und Dòmhnall waren hochgewachsen, muskulös und hatten markante Gesichtszüge –
Merkmale, in die sich Joan sowie später auch ihre Mutter verliebt hatten.
„Während
ich mich mit Ewan im Edinburgh der Zukunft befand, konnte ich mir nicht
verkneifen, mehr über den Prinzen zu erfahren als den Ausgang des Aufstandes.“
Joan sah sich flüchtig um, doch niemand achtete auf das Gespräch zwischen
Mutter und Tochter. Die meisten Paare tanzten, und zudem war die Musik
mittlerweile so laut, dass der Laird den Musikern ein Handzeichen geben musste,
damit er und sein hoher Gast sich weiterhin unterhalten konnten.
„Was
hast du herausgefunden?“
Joan
hob vage die Schultern. „Ich habe es Màiri bereits gesagt ... der Prinz wird in
ein paar Jahren eine Vernunftehe mit irgendeinem adeligen Fräulein eingehen.
Politisch wird man kaum noch etwas von ihm hören; auf Gemälden, auf denen er
älter ist, kann man erkennen, wie aufgeschwemmt sein Gesicht ist, da er zum
Alkoholiker wird.“
„Kaum
zu glauben.“ Marions Blick streifte den Prinzen, der soeben Domhnall mit einer
affektierten Geste zu verstehen gab, dass sein erster Redner, Lord Murray, mit
allem, was dieser von sich gab, Recht hatte.
Màiri,
die Robin zu einem
Weitere Kostenlose Bücher