Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)
kommt.“
„Aye,
auch mich zieht es heimwärts. Wir alle sind geschwächt und abgemagert – erst
zwei Wochen später als vorgesehen die Heimat zu erreichen, könnte uns
verhungern lassen.“ Der junge Clansmann schlang sich das fadenscheinige Plaid
enger um den mageren Körper.
Auch
Eden mischte sich ein. „Die Männer haben recht, Mìcheal. Auch wenn Ewan mein
hochgeschätzter Vetter ist, macht es keinen Sinn, den ganzen Trupp rasten zu
lassen. Joan und Màiri sind doch bei ihm, und auch du wirst bleiben, aber du
kannst nicht von uns verlangen, dass sich deswegen die Heimkehr all der anderen
Männer verzögern soll.“
„Wer
sagt, dass ihr gleich wieder zu euren Familien gehen könnt, wenn wir Inverness
erreichen? Für den Prinz ist dieser Feldzug noch lange nicht entschieden“,
konnte sich Mìcheal nicht verkneifen zu sagen, „wer weiß, vielleicht geht es
von dort aus gleich zur nächsten Schlacht.“
Malcolm
Grant, der sturmerprobte Kriegen, schob sich vor die Ansammlung der
Clansmänner. „Ihr habt gehört, dass unser Kommandant krank ist – und der Teufel
soll uns holen, wenn wir ihn in dieser Lage allein lassen. Ich könnte unserem
Laird nie wieder in die Augen sehen, würde ich mit dem Prinzen weiterziehen.
Was sind schon zwei Wochen? Wir können uns endlich einmal ausruhen, und wenn
wir hier in diesem Waldstück bleiben, bietet sich uns sicherlich die
Möglichkeit, den einen oder anderen Hirsch zu erlegen.“
Unschlüssig
blickten sich die Soldaten gegenseitig an. Was der alte Grant gesagt hatte, war
nicht von der Hand zu weisen. Seitdem sie sich auf dem Rückzug befanden, hatten
sie nachts immer nur ein paar Stunden schlafen können, bevor es weiterging, Tag
für Tag, Woche für Woche.
„Du
hast recht, Malcolm.“ Eden klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. „Wir
werden Inverness ausgeruht erreichen, und vielleicht überlässt uns der Prinz
etwas von seinen Vorräten.“
„Ich
werde mit ihm reden“, gab Mìcheal zurück, setzte sein Bonnet auf und machte
einen langen Hals. „Sein Zelt ist noch nicht abgebaut, vielleicht frühstückt er
noch.“
Bei
diesem Wort lief den Männern das Wasser im Mund zusammen, denn sie alle
träumten von einem richtigen Frühstück, das nicht nur aus mit Wasser gekochter
Haferpampe bestand.
*
Eine
Stunde später zog die schottische Armee weiter, und zurück blieben die Männer
des MacLaughlin- und MacGannor-Clans. Zähneknirschend hatte Bonnie Prince
Charlie einen Sack Mehl, einen Korb Eier und einige Speckschwarten zurück
gelassen, denn niemand sollte später behaupten, dass er geizig sei. Die Vorräte
würden zwar höchstens ein paar Tage reichen, dennoch sah die Lage für die
Männer dadurch nicht mehr ganz so hoffnungslos aus.
Noch
am selben Vormittag zogen einige Soldaten los, um das Waldstück zu ergründen,
beziehungsweise deren tierischen Bewohner. Tatsächlich gelang es einigen von
ihnen, wilde Kaninchen und eine Graugans zu erlegen. Niemand wagte sich mehr
gegen Mìcheals Befehl zu erheben, und obwohl es noch immer kalt und vom Frühling
nichts zu spüren war, begannen die Männer, die unfreiwillige Pause zu genießen.
Nun konnten sie die Blasen an ihren Füßen behandeln und schlafen, so lange sie
wollten, ohne vom nächsten Marschbefehl aus dem Tiefschlaf gerissen zu werden.
Eden
und Peader verbrachten viel Zeit an Ewans Krankenlager und beneideten ihn ein
bisschen, weil er in einem vor Wind und Wetter geschützten Fuhrwerk lag,
während sie selbst mit einem Unterstand aus alten Decken vorlieb nehmen
mussten. Doch niemals wären sie auf den Gedanken gekommen, wegen ihrer Verwandtschaft
mit dem Kommandanten eine Sonderstellung einzufordern. Wären Màiri und Joan
nicht mitgekommen, hätte es nur einen Karren für die Vorräte gegeben und Ewan
und sein Schwager hätten genauso primitiv wie die anderen Männer gehaust.
*
Drei
Tage waren vergangen, seitdem Bonnie Prince Charles mit der schottischen Truppe
weitergezogen war. Anfangs hatte Ewan es genossen, den ganzen Tag von Frau und
Schwester bemuttert zu werden; doch nun, als seine Wunde fast verheilt war,
drängte es ihn danach, aufzustehen und das Kommando wieder zu übernehmen.
Er
war mit Joan allein. Mìcheal kümmerte sich darum, dass die Nahrungsvorräte, die
der Prinz großzügig dagelassen hatte, gerecht aufgeteilt wurden, und Màiri sah
nach den Verletzten der letzten Schlacht.
Drinnen
im Wagen genoss Ewan, dass Joan neben ihm kniete und seine kalten Hände
massierte. Mit
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