Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)
dem
Zusammenstellen der Truppe so sehr beschäftigt, dass ich mir vornahm, dir
später davon zu berichten. Ich weiß nicht, wie schnell die Engländer nach ihrem
zweifelhaften Sieg sein werden, aber sie werden nicht lange warten, die
Familiensitze der Jakobiten zu stürmen und zu vernichten.“
„Ich
bin so froh, dass du hier bist“, sagte Ewan mit zärtlichem Unterton. „Und ich
meine nicht nur jetzt, sondern die vergangenen fünfzehn Jahre. Damals, als du
nach Mays Geburt noch einmal reisen musstest, fürchtete ich, dich nie wiederzusehen.
Für mich waren es zwar nur wenige Tage, bis du gesund zurückgekehrt warst, aber
es kam mir wie Jahre vor. Während der Wartezeit wurde mir deine Mutter zur
Freundin, denn sie litt genauso sehr wie ich.“
„Und
doch musste ich noch einmal in die Zukunft reisen, obwohl ich mir geschworen
hatte, es nie wieder zu versuchen. Der Zukunft haben wir das Leben unserer
Tochter zu verdanken.“
„Und
dein Leben“, korrigierte er. „Hätte man dich nach der Entbindung nicht im
einundzwanzigsten Jahrhundert behandelt, wärst du gestorben. Noch nicht einmal
Màiri mit ihren Heilmitteln hätte es verhindern können.“
Joan
selbst konnte sich kaum an die Tage nach Mays Geburt erinnern. Sie hatte sehr
viel Blut verloren, das sich nicht stillen ließ und war dem Tode näher als dem
Leben gewesen. Die meiste Zeit hatte sie vor sich hingedämmert oder war ohne Bewusstsein
gewesen, bis sie in einem modernen Krankenhaus in Inverness aufgewacht war.
Wie
anders wäre ihr Leben verlaufen, wenn sie nicht Ceana Mathesons Stimme gefolgt
wäre. Wie anders und wie vorausschaubar – sie hätte eine eigene Werbeagentur
übernehmen können; Ted Lincoln hatte bereits alles organisiert. Irgendwann
hätte sie sich vielleicht verliebt, etwa in einen Mann ihrer Branche, und ihn
geheiratet ... aber einen Mann wie Ewan hätte sie im einundzwanzigsten
Jahrhundert niemals gefunden, denn solche Männer gab es in der Neuzeit nicht
mehr. Sicher wäre Joan auch in ihrer eigenen Zeit zufrieden mit ihrem Leben
geworden, aber nicht glücklich. Nicht so unbeschreiblich glücklich mit einem Mann,
der für sie jederzeit sein Leben riskieren würde, wenn es darauf ankäme.
„Woran
denkst du?“, fragte er, denn natürlich war ihm nicht Joans entzückte Miene
entgangen. „Bitte lass mich an deinen Gedanken teilhaben.“
Sie
tat ihm den Gefallen und ließ es dabei zu, dass sich seine Hand unter ihrem
zerschlissenen Rock zu schaffen machte. Sie war süchtig nach seinen fordernden
zärtlichen Händen und würde es sein, bis sie alt und grau war.
Doch
zu intimeren Liebesbezeugungen kam es dann doch nicht mehr, denn Màiri und
Mìcheal kamen zurück – im Schlepptau ihre Söhne, Schwager Peader und Vetter
Eden. Die Männer begannen sich zu langweilen und wollten sich bei Ewan
erkundigen, wann er wieder auf den Beinen sein würde; für ihn hieß es daher für
den Rest des Tages, den leidenden Krieger zu spielen.
Kapitel
15
Zur
selben Zeit begannen die Eingeweihten auf Glenbharr Castle, die Tage bis zum
16. April zu zählen, jenem schicksalsreichen Tag, der den Untergang der
schottischen Freiheit für immer besiegeln sollte.
Sogar
den Kindern fiel auf, dass Marion oft zerstreut wirkte, doch die größeren,
Donny, Ealasaid und May vermuteten, dass ihre Großmutter sich Sorgen um Joan,
Ewan, Tante Màiri und Onkel Mìcheal nebst Söhnen machte.
Heimlich,
jedoch ohne Hast, begann Marion die ersten Sachen einzupacken – noch keine
Kleidung, jedoch Erinnerungsstücke wie Haarlocken oder Milchzähne ihrer Enkel.
Noch tat Dòmhnall, als würde ihn das alles nicht betreffen, doch Marion wusste,
wie sehr die Gewissheit an ihm nagte, bald sein Land verlassen zu müssen.
Ähnlich
wie Joan dachte Marion sowie auch Robin während dieser schweren Wochen des
stummen Abschiednehmens vermehrt an ihr früheres Leben in der Zukunft und das
im achtzehnten Jahrhundert. Für beide lag die schönste Zeit ihres Lebens in der
Vergangenheit, das zum Jetzt geworden war.
Marion
erinnerte sich an den treulosen Paul, der ihr Versprechungen gemacht und sie
dann sitzen gelassen hatte; zudem war auch noch ihre einzige Tochter Joan
spurlos verschwunden gewesen, und Marion hatte nicht mehr leben wollen. Und
dann stand da eines Tages dieser hagere Mann mit dem langen ergrauten Haar vor
ihr, um ihr mitzuteilen, dass er aus dem Jahr 1732 komme, in der angeblich auch
Joan lebte. Nur widerstrebend folgte Marion diesem Mann namens Robin
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