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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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worden, sodass der eigentliche Sturm auf das Dorf wohl in Kürze begänne.
     »Und du meinst wirklich …, da hinauf?«, fragte Thietmar stark verunsichert und suchte mit ängstlichen Blicken die mächtigen Äste nach allen möglichen verdächtigen Bewegungen ab. Auf diesen Baum hinaufzuklettern, das wollte dem kleinen Jungen ganz und gar nicht behagen, aber sollte er jetzt vor seinem großen Freund Feigheit eingestehen? Nein, als erbärmlicher Angsthase wollte Thietmar ganz gewiss nicht dastehen. Nicht nach alldem, was er in den letzten Tagen und Nächten erlebt hatte.
     Der Wind frischte auf und blies aus westlicher Richtung dicke, schwere Regenwolken heran. Obwohl es später Vormittag war, wurde es zunehmend finsterer und in der gewaltigen Baumkrone rauschte und knarrte es. Fast schien es, als wollte der alte Baum ihnen mit seiner hölzernen Stimme eine Warnung zuflüstern.
     »Du musst nicht mit hinauf«, unterbrach Rapak Thietmars Gedanken, »… kannst dich ja hier in der Nähe verstecken und auf mich warten. Ich, für meinen Teil, will jedenfalls wissen, was im Dorf geschieht und ob ich unseren Leuten vielleicht doch irgendwie helfen kann.«
     »Natürlich komme ich mit oder glaubst du etwa ICH hätte Angst?«, antwortete Thietmar schnell und versuchte seiner Stimme einen forschen Klang zu verleihen. Dass seine Knie inzwischen weich geworden waren und leicht zitterten, versuchte er auf diese Weise einfach zu überspielen.
     »Na, dann nichts wie los!«, gab Rapak kurzerhand das Kommando, fasste Thietmar um die Hüfte und hob ihn wie ein Leichtgewicht zum ersten Ast empor.
     Ob der kleine Junge nun wollte oder nicht, von diesem Augenblick an musste er sich festhalten und klettern. Rapak schloss dicht auf und hob oder schob seinen Freund immer hilfreich weiter, wenn dessen Arme einfach zu kurz wurden, um den nächsthöheren Ast zu erreichen. Stück für Stück arbeiteten sie sich empor, bis sie schließlich eine Höhe von gut zehn Mannslängen erreicht hatten. Kein Kobold und auch kein anderes Überwesen versuchte sie aufzuhalten. Nur der Wind wehte ihnen recht frisch um die Ohren und ließ die mächtige Baumkrone schwanken, als sei sie ein Schiff auf hoher See.
     »Hier ist eine gute Stelle für dich«, sagte Rapak schließlich, als sie eine bequeme Astgabel erreichten.
     »Warte hier und halte dich gut fest. Ich klettere noch ein kleines Stück höher.«
     Widerspruchslos nickte Thietmar und tat wie ihm geheißen. Noch weiter zu klettern, dies wäre nun mit Sicherheit über seine Kräfte gegangen. Er befand sich jetzt schon in einer Höhe, die die Zinnen der heimischen Burgmauer um einiges übertraf. Und bereits dort wurde ihm immer schon schwindlig, sobald er geradewegs in die Tiefe blickte. Zitternd setzte er sich in die Astgabel und klammerte sich daran mit beiden Händen fest.
     Wie schaurig schön es doch hier oben ist und so geheimnisvoll , dachte er und ließ seinen Blick über die herrliche Landschaft schweifen.
     Das Warten begann, aber es sollte doch länger dauern, als die beiden neugierigen Knaben ursprünglich gedacht hatten. Stunde um Stunde verging, bis sich endlich etwas Entscheidendes ereignen sollte.
     
    *
     
     
     
     
    Kapitel 20
     
     
    Die Vorbereitungen für den Sturm auf die wehrhafte Siedlung dauerten länger als geplant. Schon längst war die Mittagszeit überschritten und der Zeitpunkt, an dem Udo siegreich die Brücke überqueren wollte, war schon lange überfällig. Aber immer noch liefen viele Knechte wie kopflose dumme Hühner durch die Gegend, suchten hier, werkelten dort, aber irgendwie ging es nicht mehr so recht vorwärts.
     »Verdammt noch mal, warum dauert das so lange?«
     Wütend über die unnütz verlorene Zeit hatte sich der Ritter auf den Weg gemacht, um die Vorbereitungen zu beschleunigen. Wie ein wutschnaubender Bulle stampfte er über den Platz und brüllte die emsig herumlaufenden Leute an. Als er einen ratlos herumstehenden Knecht erblickte, verlor er jedoch endgültig die Geduld. Mit aller Kraft versetzte er dem Ärmsten einen Tritt, dass dieser der Länge nach zu Boden stürzte.
     »Du verfluchter Nichtsnutz«, fuhr er den Unfreien an, »stehst hier faul im Wege herum, als ob es nichts zu tun gebe!«
     »Bitte, oh Herr, verzeiht mir«, wimmerte der Knecht, setzte sich unterwürfig auf die Knie und hob schützend seine Arme vor das Gesicht, »aber ich weiß einfach nicht mehr weiter.«
     »Was sagst du? Du weißt nicht mehr

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