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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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einzige Antwort. Kein Jammern und Betteln drang aus den Mündern der Geschundenen, nicht ein einziger Wehlaut drang an die Ohren des edlen Ritters. Der Stolz der Bauern macht Udo indes nur noch wütender. Mit sich überschlagender Stimme brüllte er ein Ultimatum: »Bis zum Sonnenuntergang will ich euch noch Gnade gewähren. Wenn dann der Fels immer noch nicht verschwunden ist, dann sollen eure hohlen Schädel den Grund des Loches zieren und dem Ungeziefer als neue Wohnstätte dienen. Eure schwachsinnigen Augen können sich dann an den Würmern des Bodens ergötzen, ha, ha, ha!«
     Sein hämisches Gelächter über diese gelungene Prophezeiung schallte durch den Wald.
     Paddie und Rapak erschauerten in ihrem Versteck.
     »Dieser Mistkerl!«, hauchte Paddie. »Von dem haben wir nur das Allerschlimmste zu erwarten.«
     »Ja, das denke ich auch. Aber ich glaube, wir sollten uns nun langsam zurückziehen und Bikus folgen. Auch wenn dieser feine Herr unser Dorf wohl erst am morgigen Tag erreichen wird, so ist doch alle Zeit kostbar.«
     »Psst …, warte noch einen Augenblick. Ich will sehen, was er jetzt noch vorhat.«
     Ihre Aufmerksamkeit lenkten sie wieder auf den narbengesichtigen Krieger, der sich einer abseitsstehenden Gruppe seiner Männer zuwandte. Seine Stimme war so laut und selbstherrlich wie zuvor, dass die beiden Freunde jedes einzelne seiner Worte verstehen konnten.
     »Ich denke, wir verschwenden nur unsere Zeit hier.«
     Ein zustimmendes Gemurmel zollte ihm Beifall.
     »Zwei Dutzend Krieger werden unter dem Befehl von Ritter Gunter hierbleiben. Das sind mehr Leute als genug, um dieses störrische Pack zu beaufsichtigen. Wenn dann die Arbeit hier getan ist, sollen sie unserer Spur zu den Moriczer Heiden folgen und aufschließen. Mit Gottes Gnade werden wir heute noch mehr als genug Speis und Trank finden, auf dass es uns an nichts mangeln soll. Ruft die Leute beisammen, in Kürze brechen wir auf!«
     Begeisterte Rufe folgten Udo, als er sich auf den Weg zu den Pferden machte. Gleich darauf setzte eine rege Betriebsamkeit ein, die den bevorstehenden Aufbruch ankündigte.
     Ein schmerzhafter Knuff in die Seite riss Rapak aus seiner Erstarrung. Vor Entsetzen waren sein Mund und die Augen weit geöffnet, seine Knie zitterten. Wenn die berittenen Krieger in wenigen Augenblicken aufbrachen, dann konnten sie es nie und nimmer noch rechtzeitig bis zu ihrem Dorfe schaffen.
     »Los, wir müssen uns beeilen, die Zeit wird knapp!«, forderte Paddie seinen Freund mit allem Nachdruck auf. Ein nochmaliges Rütteln an der Schulter und Rapak kam langsam wieder zur Besinnung. Er schüttelte heftig den Kopf, um das lähmende Entsetzen zu vertreiben. Gleich darauf fand er seine Sprache wieder:
     »Oh, diese verfluchten Aasfresser! Hoffentlich kommt Bikus noch rechtzeitig an …«
     Jede noch so kleine Deckung ausnutzend bewegten sich die beiden so schnell sie konnten durch das dichte Unterholz. Mehrmals gelang es ihnen nur um Haaresbreite, den herumgaloppierenden Soldaten auszuweichen. Dann hatten sie es geschafft und zwischen ihnen und der Feisnecksiedlung lagen nur noch drei oder vier Meilen des urwüchsigen Waldes. Wenn sie so schnell rannten, wie sie nur konnten, dann erreichten sie in einer knappen Stunde ihr Heimatdorf. Hoffentlich reichte diese Zeit aus, denn Soldaten zu Pferde konnten noch viel schneller sein.
     Unterwegs begegneten sie den flüchtenden Familien aus dem Dorf Eichenwald. Bikus hatte sie kurz zuvor gewarnt, sozusagen im Vorbeilaufen, sodass sie nun mit ihren wichtigsten Habseligkeiten das Dorf verlassen hatten. Ein schneller Wortwechsel, einige eilig zugerufene gute Ratschläge und weiter ging der Wettlauf gegen die Zeit. Noch waren die heraneilenden Pferde der Steuereintreiber nicht zu hören, noch schienen ihnen alle Götter wohlgesonnen.
     Unmengen von Schweiß rann über ihre Gesichter und brannte salzig in den Augen, tief hängende Zweige peitschen ihre Wangen, ihre Lungen rangen schmerzhaft nach Atem. Für beide Freunde zählte aber nur eines: Schneller zu sein als die große Streitmacht der Steuereintreiber.
     Paddie und Rapak waren nur weniger als eine halbe Meile von ihrem Zuhause entfernt, als das Unglück geschah. Da sie kaum noch ein Auge für ihre Umgebung hatten, bemerkten sie den kleinen Jungen nicht, der ebenfalls wie von Teufeln gehetzt durch den Wald jagte. Von rechts hinter einem dichten Gebüsch hervorschießend prallte er in voller Wucht mit Paddie und Rapak zusammen

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