Die Ehre des Ritters (German Edition)
fassen.
Und zu bekümmert, um zu bemerken, dass Pater Aldon von außen leise die Tür verriegelte und sie einschloss.
16
Griffin schenkte sich den restlichen Wein aus dem Krug, der auf dem Tisch stand, in seinen Becher. Er saß nun schon seit Stunden allein in einer Ecke des großen Saales von Hexford, um sich entschlossen und sehr erfolgreich in einen besinnungslosen Rausch zu trinken.
Nach ihrem Gespräch – und seinem endgültigem Abschied von Isabel – hatte Griff zunächst erwogen, Hexford, wie ursprünglich geplant, zu verlassen, um ein mögliches Zusammentreffen mit Doms Soldaten zu vermeiden. Immerhin hatte sie keine Verwendung mehr für ihn. Sie hatte ihm ohne Umschweife und unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie seine Hilfe nicht länger benötige.
Indes war er nicht einmal bis zum Burgtor gekommen, als er feststellen musste, dass er die Burg nicht verlassen konnte. Noch nicht.
Hätte er auch nur einen einzigen Funken Stolz im Leib, so würde er keinen weiteren Gedanken an Isabel de Lamere verschwenden, ganz zu schweigen davon, allein in einer dunklen Ecke zu sitzen und zu warten … auf was eigentlich? Die Möglichkeit, sie noch einmal zu sehen? Eine weitere Gelegenheit, sich vor ihr zum Narren zu machen? Vor allen Leuten?
Brachte die Liebe einen normalerweise vernünftigen Menschen um den Verstand?
Falls das so war, verzichtete er gern darauf. Er war ohne Liebe besser beraten, falls sie es war, die den Schmerz in seinem Inneren auslöste, das törichte Verlangen, jede Tür im Palas niederzurennen, bis er Isabel gefunden hatte. Wenn die Liebe ihn zwang, sie zu einem anderen Mann gehen zu lassen, obwohl er sich nichts sehnlicher wünschte, als sie anzuflehen, bei ihm zu bleiben, dann überließ er dieses verdammte Gefühl gern den Minnesängern.
Nicht einmal der talentierte Barde von Hexford konnte die Liebe als etwas Erstrebenswertes darstellen. Schon zum dritten Mal an diesem Abend schlenderte der Troubadour durch die Halle, zupfte an seiner Laute und brachte ein trauriges Lied über eine tragische Romanze zwischen einer Edelfrau und einem einfachen Ritter zu Gehör. Der Affäre war kein glückliches Ende beschieden, weil die Dame einem anderen, reicheren Mann versprochen war. Vor einigen Tagen, als er die Weise zum ersten Mal hörte, hatte Griff sie für lächerlich und trübsinnig gehalten. Nun jedoch schien jeder Vers sich auf sein eigenes Schicksal zu beziehen. Er nahm einen großen Zug aus seinem Becher, während der Barde, auf den Saiten klimpernd, langsam zu seinem Tisch herübergeschlendert kam und die letzten Zeilen des Liedes sang. Dramatisch verweilte seine wohlklingende Stimme auf der letzten Silbe.
Kaum war die letzte Note verklungen, brachen alle Zuhörer in begeisterten Beifall aus.
»Noch einmal!«, riefen einige Frauen einstimmig. »Singt es noch mal!«
Griffin warf dem Barden einen warnenden Seitenblick zu. »Wenn du dieses rührselige Stück noch einmal spielst, wirst du deine Laute um den Hals tragen«, knurrte er leise.
Der Minnesänger blinzelte erschrocken und schluckte schwer. Dann trat er vorsichtshalber einen Schritt zurück. »Vielleicht stattdessen eine fröhlichere Weise«, schlug er der Menge vor und hastete mit solch großen Schritten davon, als könne er gar nicht schnell genug von Griffs Tisch fortkommen.
Er nahm sich die Warnung zu Herzen und trug einige derbe Verse und Soldatenballaden vor, die zu einem immer unverständlicheren Hintergrundraunen verblassten, je öfter Griffin seinen Becher leerte. Er wusste nicht, wie lange er schon dort gesessen hatte, und auch nicht, wann er schließlich den Kopf auf den Tisch gelegt hatte – Rauch, Stimmen und Wein benebelten seine Sinne –, doch irgendwann nahm er verschwommen wahr, dass er nicht mehr allein in seiner Ecke war.
»Griffin of Droghallow.«
Zu betäubt vom Wein, um Vorsicht walten zu lassen, hob Griffin den Kopf. Er kniff die trüben Augen zusammen und entdeckte die von Fackeln beleuchteten Gestalten zweier Ritter der Hexfords. Mit ihren breiten, gepanzerten Schultern und ihren glänzenden Schwertern hatten sie ihn eingekeilt und sorgten dafür, dass er sich nicht von der Stelle rühren konnte. Er hätte damit rechnen müssen, dass sie ihn stellen würden. Er hätte nach seinem Schwert greifen sollen. Er hätte den Tisch umstoßen, die beiden aufschlitzen und weglaufen sollen, bevor sie wussten, wie ihnen geschah.
Stattdessen lachte er.
»Wie habt ihr mich gefunden?«, fragte er
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