Die ehrenwerten Diebe
müde«, antwortete sie.
»Hat es mit Pfendter zu tun?« fragte ich.
»In gewisser Hinsicht«, erwiderte Wanda und gähnte demonstrativ.
Der Wagen hielt, sie stieg aus. »Gute Nacht«, sagte sie.
Am nächsten Tag haderte ich mit mir, daß ich nicht energischer aufgetreten war und insistiert hatte – aber da war es bereits zu spät und die Reue ein leerer Wahn.
Von weitem schon sah ich vor ihrem Haus den Wagen der Mordkommission, umstellt von unvermeidlichen Gaffern. Ich jagte die Treppen hoch, schob mich an meinen Kollegen vorbei und erfuhr, daß das Partymädchen vor einer Stunde tot aufgefunden worden war.
Der Kriminalrat hob ein weißes Laken, und ich mußte mich zwingen, die Tote anzusehen, die im Leben aller Männer Blicke auf sich gezogen hatte.
»Erstochen«, sagte Vonwall. »Waffe fehlt. Drei, vier Einstiche. Ziemlich brutales Vorgehen.«
»Eifersucht?« fragte ich.
»Sieht so aus«, erwiderte er. »Oder soll so aussehen. Eine Frau als Täterin. Kann aber genauso gut ein Mann sein. Unser Arzt glaubt, aus der Lage der Toten auf einen Linkshänder schließen zu können. Aber das ist natürlich nur eine Theorie.«
»Verdächtige?« fragte ich.
»Soviel Sie wollen«, erwiderte er. »Mit Sicherheit drei Dutzend zuviel.«
»Dann zählen Sie mich auch noch dazu«, versetzte ich. »Als Hauptverdächtigen. Ich hab' die Dame schließlich nach Hause gebracht.«
»Nach Haus gebracht heißt doch wohl nicht umgebracht«, knurrte er humorlos.
»Wann ist es passiert?« fragte ich.
»Nicht vor drei und nicht nach vier Uhr vergangener Nacht. Soweit wir feststellen können, fehlt nichts«, fuhr der Praktiker aus Wiesbaden fort. »Raub dürfte ausscheiden.«
An der Wand hing ein Bild ein wenig schief. Er rückte es zurecht. Dabei entdeckte er, daß es einen kleinen Tresor verdeckte. Diese feuerfeste und einbruchsichere Mini-Schatzkammer war nur durch eine Zahlenkombination zu öffnen.
Über seine Dienststelle in Wiesbaden wandte sich der Kriminalrat an die Herstellerfirma. 20 Minuten später erlebten wir die Überraschung: Ganze Bündel Banknoten. Wir zählten 346.743 Mark. Trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen mußte die arme Tote sehr reich gewesen sein.
Wie war Wanda zu einem solchen Betrag gekommen? Gehörte ihr das Geld, oder verwahrte sie es für einen Unbekannten?
Verdächtig waren zum Beispiel natürlich alle, die an der Party gestern teilgenommen hatten. Ich nannte Pit Vonwall die Namen, soweit ich mich noch an sie erinnerte. Der Kriminalrat schickte sofort Beamte los, um die Alibis überprüfen zu lassen. Dazu brauchten wir nur noch die Klatschspalten der Zeitungen zu sichten; wenn wir die in Zusammenhang mit Wanda genannten Namen dazu addierten, kamen wir leicht auf eine Zahl über hundert.
Aber wir konnten gleich eine engere Wahl treffen. Im Parterregeschoß des Apartmenthauses war eine kleine Beize mit Nachtbetrieb etabliert. Ich hatte selbst überlegt, dort noch einen Kaffee zu trinken, war aber davon abgekommen.
Nicht so Konsul Stiller. Und auch nicht seine Frau, die nach Aussage des Keepers nacheinander hier aufgetaucht waren. Die Stillers hatten aber inzwischen ihr Alibi zu Protokoll gegeben: Er für sie und sie für ihn.
Und beide falsch.
Vieles sprach dafür, daß der Mord an Wanda mit den Verratsfällen von Bonn zu tun hatte, und so begleitete ich den Kriminalrat zu den Stillers. Bei unserer Ankunft hatte der Diener bereits nach einigem Zögern ausgesagt, daß die Eheleute getrennt und erst nach fünf Uhr nach Hause gekommen seien.
Zuerst begegneten wir der Dame des Hauses. »Ihre Wünsche gehen schnell in Erfüllung, gnädige Frau«, sagte ich. »Ihre Rivalin ist tot.«
»Wer?« fragte sie verständnislos.
»Wanda von Wietersheim.«
»Tot?« fragte sie entsetzt.
»Erstochen«, sagte Vonwall. »Vermutlich von zarter Hand.«
»Wie Sie es prophezeit haben«, stocherte ich nach.
»Um Gottes willen!« entgegnete sie. »Das war doch nicht mein Ernst.«
»Aber Sie sind gestern nach der Party nach Mehlem gefahren. Sie haben an der Bar im Haus der Ermordeten zwei Whisky pur getrunken, und dann sind Sie plötzlich verschwunden.« Ich sah sie voll an. »Wohin?« fragte ich.
»Nach Hause«, erwiderte Frau Stiller.
»Was wollten Sie in Mehlem?«
»Meinem Mann einen Denkzettel verpassen.«
Ich schwieg.
»Na, verstehen Sie denn nicht?« schrie sie. »Einen Skandal wollte ich ihm machen.«
»Und warum haben Sie ihm keinen Skandal gemacht?«
»Er war nicht da.«
»Doch, er war da«,
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