Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die ehrenwerten Diebe

Die ehrenwerten Diebe

Titel: Die ehrenwerten Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
nicht nehmen, Herr Wendsberg«, erwiderte Vonwall leicht gereizt.
    »Sie haben Ihren Job«, versetzte der Diplomat, »und ich den meinen. Die Sache ist doch so: Ein Bankier sieht lauter Pleiten, ein Pfarrer lauter Sünden, eine Jungfrau lauter Verführer und ein Kriminalist lauter Delikte.«
    »Und ein Diplomat nur Sonnenschein«, erwiderte ich. »Werden Sie als Pfendters Nachfolger aufrücken?« fragte ich hinterhältig.
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Wendsberg und lächelte flüchtig. »Sie verstehen sicher, daß ich bei der Beförderung dem Herrn Minister nicht vorgreifen möchte.«
    Er versprach uns jede Unterstützung, die er uns versagte. Er zerpflückte alle Anhaltspunkte und Aufklärungsansätze. Es war sicher keine persönliche Aversion, aber AA-Leute sind ein geschlossener Kreis und wehren sich gegen Außenstehende.
    »Da sitzt ja wohl wieder mal der richtige Mann auf dem falschen Stuhl, Pit«, bemerkte ich auf dem Gang.
    »In die Spitze rücken ein«, zitierte der Kriminalrat aus dem Fundus seiner Erfahrung, »Bück dich, drück dich, Knickebein!«
    Noch spielten wir Blindekuh und lachten.
    Der Fotograf war ein Stümper. Wanda sah ungleich besser aus als auf dem Lichtbild. Sie war schlank, doch nicht eckig, klug, doch nicht unweiblich, geschickt zurechtgemacht und doch natürlich. Sie war reizvoll, um nicht zu sagen aufreizend. Vielleicht hatte sie etwas zuviel von dem gewissen Etwas.
    »Also, Sie sind das«, begrüßte sie mich mit einem vielsagenden Lächeln. Mann ist Mann, auch noch bei der Arbeit, und so schmeichelte es mir, daß sie mich sofort wieder erkannte. »Es freut mich wirklich, daß wir uns hier wieder sehen.«
    »Leider komme ich nicht mit Blumen, sondern mit Fragen«, ging ich auf ihren Ton ein.
    »Sie sind mir auch dann willkommen«, erwiderte Wanda mit ihrem feinen Lächeln, »wenn Sie einen etwas merkwürdigen Beruf haben.«
    Sie setzte sich, schlug die Beine übereinander; sie waren so lang und wohlgeformt, daß ich meine Augen zur Ordnung rufen mußte.
    »Sie kommen wegen Erich-Maria?«
    »Ja«, bestätigte ich.
    »Traurig«, sagte Wanda.
    »Was hat er getrunken?«
    »Whisky«, antwortete sie, »ziemlich viel. Doch er war ein unbegabter Trinker.«
    »Und warum hat er dann so gebechert?«
    »Weiß ich nicht«, entgegnete Wanda. »Er hatte irgendeinen Ärger, vielleicht privat. Oder im Amt. Aber er sprach nicht darüber, obwohl ich ihn darum bat.«
    Ich hatte das Gefühl, daß sie jetzt flunkerte. »Wirklich nicht?« fragte ich.
    »Zweifeln Sie?« versetzte die Blondine. Sie war sehr sicher, überlegen. Mit Männern konnte sie umgehen, auch mit solchen, die dienstlich zu ihr kamen. Männer waren der Rohstoff, aus dem sie ihr Leben veredelte.
    Das Partygirl wohnte in einer sehr hübschen Drei-Zimmer-Wohnung, modern eingerichtet, von ein paar sehr schönen alten Stücken abgesehen. Die Möbel ließen auf viel Geschmack und noch mehr Geld schließen.
    »Wie standen Sie zu Herrn Pfendter?« fragte ich.
    »Gut«, antwortete Wanda. »Bestens.«
    »Nicht besser?« fragte ich.
    Sie betrachtete mich belustigt. »Wir wollen keine Missverständnisse aufkommen lassen«, sagte sie. »Ich mag Männer. Ich kenne viele. Aber was die meisten wollen, erreichen bei mir die wenigsten. Ich bin nicht prüde, aber ich habe meine Prinzipien. Und wenn ich mich mit einem einlasse, kann ich die anderen nicht mehr abweisen.«
    Das mochte stimmen. Es war nichts Gegenteiliges bekannt, auch wenn der Anschein anders aussah; aber es blieb immer noch die Frage, wer das aufwendige Leben der Vielbegehrten bezahlte.
    Während ich noch nach einer taktvollen Einleitung suchte, loteten ihre Augen meine Gedanken aus.
    »Ich habe etwas Vermögen von meiner Mutter geerbt«, sagte sie. »Und ein alter Onkel bringt sich oft auf die angenehmste Weise bei mir in Erinnerung. Manchmal sage ich eine Modenschau an. Ich hab' auch schon kleine Filmrollen gespielt. Ich komme übrigens gerade aus Südamerika als Reisebegleiterin einer alten Dame. Genug?« unterbrach sie die Aufzählung ihrer Einkünfte. »Ich bin übrigens gar nicht reich.«
    »Wollte Pfendter Sie heiraten?« fragte ich ins Blaue und traf ins Schwarze.
    »Ja«, erwiderte sie.»Das wollte er.«
    »Und Sie?«
    »Ich wollte nicht«, versetzte Wanda. »Das ging durchaus nicht gegen ihn. Ich bin nun mal eine begeisterte Junggesellin.«
    Was Wanda sagte, hatte Hand und Fuß. Sie würde mich vielleicht ein wenig anschwindeln, aber sicher nicht direkt belügen. Sie blieb auch

Weitere Kostenlose Bücher