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Die ehrenwerten Diebe

Die ehrenwerten Diebe

Titel: Die ehrenwerten Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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entgegnete ich. »Vielleicht oben.«
    »Vielleicht«, erwiderte sie. »Aber bestimmt nicht, um ihr etwas anzutun.« Sie lachte heiser. »Warum sollte er dieses Allerweltsflittchen umbringen, wo er doch ständig hinter ihm her war wie ein vergesslicher Eunuch?«
    »Wir werden ihn selbst fragen«, versetzte ich, und wir gingen in Konsul Stillers Arbeitszimmer.
    Der Importeur für Häute und Felle en gros sah aus wie von der Sorge gehäutet: »Sie«, stotterte er, »Sie wollen mich verhaften?«
    »Unter Umständen«, erwiderte Vonwall. »Aber in jedem Fall, wenn ich Sie bei einer Lüge ertappe. Haben Sie nach der gestrigen Party die Ermordete besucht?«
    »Ja, nein, das heißt«, wand er sich, »ich wollte sie besuchen, aber Wanda hat mir nicht geöffnet.«
    »Und Sie haben keinen Schlüssel zur Wohnung?« fragte der Kriminalrat.
    »Nein«, antwortete Konsul Stiller.
    »Aber die 346.743 Mark, die wir in ihrem Tresor gefunden haben, das ist Ihr Geld, nicht?«
    Er starrte mit hervorquellenden Augen auf die Schreibtischunterlage.
    »Ja oder nein?« drängte ich.
    »Mein Gott«, stotterte er. »Und das kommt in die Akten?«
    »Wir sind nicht vom Finanzamt«, stellte Vonwall fest. »Wenn es sich um legales Geld handelt …« Er machte eine unverbindliche Handbewegung.
    »Ich hatte ein schnelles Geschäft vor«, erklärte Stiller. »Eines von der Art, das sich nur mit Bargeld abwickeln läßt …«
    »Und?«
    »Ich hab' das Geld von der Bank geholt. Von drei verschiedenen Konten. Das können Sie nachprüfen. Und es Wanda zur Aufbewahrung gegeben.«
    Pit Vonwall interessierte natürlich das heiße Geschäft weit weniger als mich. »Wer war Ihr Geschäftspartner?« fragte ich.
    »Das – das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    »Ich bin Privatmann«, versetzte ich. »Ich kann verschwiegen sein wie ein Schweizer Nummernkonto.«
    »Gut«, erwiderte er. »Ich lasse es mir durch den Kopf gehen.« Er wandte sich an den Kriminalrat. »Natürlich war ich scharf auf Wanda«, sagte er und sah nach der Tür, »aber unabhängig davon habe ich mit ihr kleine Gelegenheitsgeschäfte abgewickelt. Bei ihr würde niemand Geld vermuten.«
    »Stimmt«, bestätigte ich. »Der Mörder hat es ja auch nicht gefunden.«
    Wir konnten den Mann in die Zange nehmen, aber wir kämen wohl nicht viel weiter. Vonwall telefonierte mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln. Die Kollegen schlugen einen Informationsaustausch vor, was im Klartext übersetzt hieß, daß sie so wenig in der Hand hatten wie wir. Ich überlegte, ob es einen Sinn hätte, die Kölner aufzusuchen. Einen Beamten kannte ich ganz gut über den Golfplatz Marienburg, der nur ein paar Kilometer entfernt war, aber im Moment für mich doch so weit wie der Mond. Voll Neid dachte ich an die Glücklichen, die sich jetzt auf dem grünen Rasen tummelten, während wir hier im Kreise herumirrten. Ich starrte auf meine Hände.
    Und auf einmal hatte ich die Lösung. Ganz plötzlich – und ganz einfach.
    »Sehen Sie mal, Pit«, sagte ich und zeigte dem Kriminalrat meine beiden Handrücken.
    »Der rechte ist etwas dunkler als der linke«, antwortete er zerstreut.
    »Wissen Sie auch, warum?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Es kommt vom Golf. Der Spieler trägt meistens nur einen Handschuh, ein Rechtshänder links.«
    »Also trägt ihn ein Linkshänder rechts«, erwiderte der Kriminalist mechanisch.
    »Und Wandas Mörder war ein Linkshänder.«
    Vonwall schaltete sofort. »Wie unser ehrenwerter Diplomat Paul Wendsberg.«
    Wir fuhren noch einmal zu dem Häute- und Felle-Grossisten zurück.
    »Wollten Sie Informationen kaufen?« fragte ich Konsul Stiller.
    »Das tut doch jeder Geschäftsmann.«
    »Ich meine illegale Informationen«, erwiderte ich.
    »Darauf erwarten Sie sich doch wohl keine Antwort.«
    »Bei Ministerialrat Wendsberg, zum Beispiel«, stieß ich nach.
    »Das müssen Sie erst beweisen«, entgegnete Stiller.
    »Aber der Mann hat sich doch gelegentlich kaufen lassen?«
    »Hab' ich auch schon gehört«, bestätigte er, »aber ich – ich hatte damit nichts zu tun.«
    Der Rest war ein Kinderspiel. Wir fuhren nach Bonn zurück und besuchten unangemeldet den Verdächtigen. »Ich bin in einer Besprechung«, sagte er unwillig.
    »Wir auch«, erwiderte ich, »und zwar mit Ihnen.«
    Mein plumpes Auftreten brachte ihn einen Moment aus seinem diplomatischen Wohlverhalten.
    Die anderen Herren zogen sich zurück.
    »Ihr angeblicher Freund hat am Sonntagabend Ihren Verrat entdeckt«, begann der

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