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Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten

Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten

Titel: Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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einem Café, dem
Le Mystic
, wie auf der dunkelroten Markise geschrieben stand. Er ließ sich auf einen der Korbstühle fallen, der dicht an einem Brunnen stand. Durch die Äste schimmerten die grünen Zwiebeltürme einer Kirche. Neben dem
Le Mystic
lag
Le Palais
, das ebenfalls Gäste auf dem Platz bediente.
    »Ein Bier«, bestellte er, ohne in die Karte zu sehen, als eine Kellnerin an seinen Tisch kam.
    »Möchten Sie Eupener Bier?«
    »Ja. Ein großes.«
    Sie musste für jede Bestellung die Straße überqueren, ein riskantes Manöver, denn unermüdlich rollten Autos, Cabrios und Motorradkolonnen aus Luxemburg oder Deutschland dahin.
    Gregor ließ seine Blicke schweifen. Die Stadt schien voller Touristen, die den unerwarteten Sommertag nach einem langen kalten Frühling genossen. Kurze Röcke und Hosen, Sonnenbrillen, Dekolletés und Hemdsärmeligkeit waren angesagt. Kinder schleckten Eis und hüpften dabei auf einem Bein, Großmütter schoben Kinderwagen, Hunde zog man an der Leine hinter sich her, ehe sie ein Bein heben konnten. Es roch nach Sonnenmilch. Lachen und viele deutsche Dialekte schwangen in der Luft, viele Sprachen. Als Gregor glaubte, eine Stimme wiederzuerkennen, drehte er sich um. Es war nicht Elisabeth.
    Das Bier wurde gebracht und Gregor zahlte. Er nahm einen großen Schluck und erblickte über dem Glasrand eine Frau, die gegenüber aus der Kirche trat. Sie trug schwarz und näherte sich mit zögernden Schritten dem Marktplatz. Gregor richtete sich auf und reckte den Hals. Als sie die Straße überquerte, sah er, dass ihr Haar kurz war. Sie trug keinen Hut mit Schleier. Und ihre Beine waren nackt. Sie war nicht Elisabeth.
    Aus dem
Le Palais
drangen Jubelschreie. Ein Fußballspiel. Ein Tor, das die Eupener Mannschaft geschossen hatte, aber Gregor verstand nicht den Namen des Gegners.
    Ein schwarzes Fahrrad geriet im letzten Moment in sein Blickfeld, wieder spürte Gregor die Anspannung, aber es war ein altes Herrenrad. Ein Mann mit weißem Strohhut saß darauf. Nicht Elisabeth.
    Immer wieder ertappte Gregor sich dabei, dass er nach ihr Ausschau hielt. Spinner, schimpfte er sich aus.
    Zum dritten Glas Eupener Bier bestellte er einen
Croque Monsieur
. Vom Kirchturm läuteten die Glocken auf ihn herab. Er sah auf die Uhr. 19 Uhr. Wann wurde es dunkel? Gegen 22 Uhr? Was sollte er solange anstellen?
    Als er zahlte, fragte er die Kellnerin, ob sie ihm wohl ein paar Scheiben Speck verkaufen könnte, alle Geschäfte seien geschlossen.
    »Amerikanischen Speck?«, fragte sie ungläubig.
    »Von mir aus.«
    »So wie früher?«
    Gregor sah fragend hoch.
    »Früher haben die Deutschen hier ihr Leben für einen Streifen amerikanischen Speck riskiert.«
    »Früher«, sagte Gregor, »das war früher, diese Zeiten sind vorbei.«
    »Sie haben recht. Ich bringe Ihnen ein paar Scheiben«.
    Nach dem
Croque Monsieur
hatte er einen flaues Gefühl im Magen. Er verstaute das Päckchen Speck in seinem Tankrucksack und raffte sich zu einem Stadtspaziergang auf. Ein bisschen Bewegung vor der langen Rückfahrt, sagte er sich, konnte nicht schaden. Ein bisschen Bildung auch nicht. Und Zeit hatte er noch reichlich bis zum Dunkelwerden.
    Der Platz, auf dem er gesessen hatte, entpuppte sich bei näherem Hinsehen als zentraler Platz der Oberstadt, dem Marktplatz. Die Figur auf dem Brunnen als Mariensäule, die Kirche gegenüber als Nikolauskirche. Unterwegs über das holperige Kopfsteinpflaster stieß er auf eine Reihe beeindruckender Kaufmannshäuser, ehemaliger Villen von Tuchfabrikanten, die heute Sitz der Tageszeitung, dem
Grenz-Echo
, der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft, des Stadtmuseums oder des Staatsarchivs sind.
    Gregors Bildungs- und Verdauungsreise wurde jäh unterbrochen, als ein Autocorso die Straßen der Oberstadt durch Hupen, Schreie, Gejohle erschütterte. Junge Männer, mit nackten Oberkörpern und nicht mehr ganz nüchtern, schwenkten Fahnen und Schals und sangen Siegeslieder. Der Corso passierte Gregor in Höhe der Friedenskirche. Ratlos blieb er stehen. Kaum war der Spuk vorbei, kam er aus einer anderen Straße zurück. Die Stadt schien im Ausnahmezustand. Ein älterer Herr klärte Gregor schließlich auf: »Aufstieg!«.
    Gregor dachte an das Fußballspiel vom
Le Palais
und fragte: »Und wer hat gewonnen?«
    »Wir! 2:1.«
    »Glückwunsch«, meinte Gregor.
    »Ist das alles, was Sie dazu sagen?«
    »Ich bin nicht von hier. War es ein wichtiges Spiel?«
    »Wichtig?« Der Mann schlug sich gegen die

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