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Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten

Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten

Titel: Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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Schritt rückwärts gehen.
    Ein geräumiges Zimmer, das an den kleinen Flur grenzte, war schwach beleuchtet und über und über mit Büchern vollgestopft. Man konnte die Wände nicht erkennen. Noch so ein Bücherwurm, dachte ich verbittert. Ich war ein gebranntes Kind.
    Mann und Tochter zu Hause steckten die Nasen ununterbrochen in Bücher, waren kaum zu einem Gespräch mit mir in der Lage, lasen selbst während sie aßen, schliefen mit einem Buch in der Hand am Abend ein. Bücher so dick, dass ich mich stets fragte, wie sie die überhaupt stundenlang halten konnten, ohne dass ihnen die Arme abfielen. Erst gestern Abend hatte mein Mann wieder einmal versucht, mir das Buch aufzudrängen, das er gerade las. Welches? Da fragen Sie die Falsche. Eines ist wie das andere. Ein Buch ist ein Buch, nicht wahr? Eine schreckliche Angewohnheit, das Lesen. Eine Sucht, finde ich. Ich bin ihr nicht verfallen. Ich lese nur das Nötigste. Gebrauchsanweisungen zum Beispiel oder Kochrezepte. Und in den Illustrierten beim Friseur oder Arzt betrachte ich nur die Fotos.
    Ich betrat den kleinen Flur und schob die Wohnungstür von innen zu. Ich wollte kein Aufsehen.
    Mein erneutes »Hallo! Steinfeld?« klang nicht nach mir, sondern nach jemandem, der von weit weg herüberrief. Keine Antwort. Das Echo war gleich Null. Eigentlich hatte ich gar nicht so stark geklopft, dass die Wohnungstür von selber hätte auffliegen können. Und schließlich brannte ja auch dieses Licht im Zimmer. Vielleicht war er eingeschlafen.
    Das Zimmer war ein Arbeits- und Schlafzimmer. Vor dem Fenster stand ein riesiger, völlig leerer Schreibtisch, der vom schwachen Licht einer Lampe mit Messingfuß beleuchtet wurde. Jemand hatte etwas in den Staub auf der Tischplatte geschrieben. Davor stand ein Drehstuhl, daneben ein ungemachtes Bett. Steinfeld lag nicht darin. Auf dem Fußboden waren auf den fleckigen Teppichen Kleidungsstücke verteilt. Das wunderte mich, hatte ich ihm doch erst vor zwei Wochen eine neue Haushaltshilfe vermittelt: Olga. Hoffentlich stellte sie sich bei seinen anderen, außergewöhnlichen Wünschen geschickter an.
    Ein Blick zurück in den Flur: Seinen Schlüssel hatte Steinfeld mitgenommen, seine Garderobe auch, denn die Haken am Türblatt waren leer. Vielleicht hatte er vergessen abzuschließen. Ich wollte auf ihn warten. Heute war Zahltag. 20.000 Euro waren fällig für Olga.
    Ich überquerte die fleckigen Teppiche auf Zehenspitzen, als wären sie ein Minenfeld, und arbeitete mich bis zum Schreibtisch vor. Wo 237!!! stand da in wackliger Schrift mit drei Ausrufezeichen im Staub.
    Typisch Steinfeld, so kannte ich ihn, er liebte Rätsel, er liebte Spielchen, er forderte sein Gegenüber gern heraus, um zu prüfen, ob es ihm gewachsen war. Er war es auch gewesen, der mich auf die Idee gebracht hatte, in meiner Agentur für Haushaltshilfen nicht nur gewöhnliche Dienstleistungen zu vermitteln, sondern auch auf extravagante Wünsche einzugehen, die um ein Vielfaches großzügiger honoriert wurden.
    Ich prägte mir den Code ein, das fiel mir nicht schwer, irgendwie hatte ich das Gefühl, ihn schon einmal gesehen zu haben. In einem Reflex wischte ich ihn danach weg. Ich bin immer sehr vorsichtig.
    Deswegen kontrollierte ich auch die anderen Räume. Vom kleinen Flur gingen zwei weitere Türen ab, die ich öffnete und schloss, ohne fündig zu werden. Küche und Bad erwarteten ebenfalls sehnsüchtig die reinigende Hand einer aufopferungsvollen Frau. Ich fragte mich, was Olga und Steinfeld wohl in den letzten vierzehn Tagen getrieben hatten.
    Im Kühlschrank lag ein Sixpack Dosenbier. Einen Balkon gab es nicht. Ich war allein in der Wohnung. Das musste nichts heißen.
    Zurück im Zimmer setzte ich mich auf die Bettkante und blickte auf die Regale an den Wänden. Steinfeld hatte diese Bücher alle vom ersten bis zum letzten Buchstaben gelesen, davon war ich überzeugt. Bis auf das Summen der Schreibtischlampe, die auf die sauber gewischte Stelle schien, war es sehr still im Raum. Ab und zu fuhr draußen ein Auto über die regennasse Straße. Ich wartete und dachte nach. Steinfeld konnte nicht weit sein. Wegen der Lampe. Und wegen des Sixpacks. Ein Mann lässt kein Sixpack im Kühlschrank zurück.
    In den letzten Tagen hatte ich versucht, ihn telefonisch zu erreichen. Ich hatte jeweils um 12.00, um 16.00 und um 20.00 Uhr angerufen. Vergeblich. Ich hatte auf seinen Anrufbeantworter gesprochen und keinen Rückruf erhalten. Er schien ein viel beschäftigter

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