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Die Eifelgraefin

Die Eifelgraefin

Titel: Die Eifelgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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nach der Ehe – was macht das für einen Unterschied? Bleibt doch in der Familie. Und es hat rein gar nichts mit Entehren zu tun, sondern mit scharfsichtiger Politik.»
    «Nein.» Mit verschränkten Armen und eherner Miene lehnte sich Johann an den Türstock.
    «Du widersetzt dich meinen Anordnungen, du verfluchter Esel? Herr im Himmel, wie bin ich nur an so einen Waschlappen von Sohn gekommen?»
    «Genauso wie an deine unzähligen Bastarde, Vater. Nur mit dem Unterschied, dass du mich anerkennen musstest.»
    «Das ist doch wohl die HÖHE!» Notkers Stimme überschlug sich fast. Er stemmte sich am Pult hoch, humpelte auf Johann zu und packte ihn am Kragen. «Mit welchem verdammten RECHT willst du mir eigentlich Vorhaltungen machen? Du hast selbst eine Bastard-Göre und erkennst sie nicht an. Also hör endlich auf, den Heiligen zu spielen und TU, WAS ICH VON DIR VERLANGE!»
    Johann wurde aschfahl vor Zorn. «Du fragst nach dem Recht, mit dem ich dir dein lasterhaftes Leben vorhalte? Waren es nicht deine zahllosen Hurereien, die meiner Mutter das Herz gebrochen haben? Und war das nicht der Grund, weshalb sie schließlich so kraftlos war, dass sie die Geburt meiner Schwester nicht überlebt hat? Ich habe nicht vor, meine zukünftige Gemahlin in ein ähnliches Schicksal zu stürzen.»
    «Gebrochenes Herz?» Mit erstaunlicher Kraft schüttelte Notker Johann durch. «Was weißt du blödes Mondkalb schon davon? Sie wäre auch so gestorben. Frauen sterben nun mal im Kindbett, das ist der Lauf der Dinge.»
    «Aber du hast es herausgefordert, Vater. Elf Kinder in elf Jahren!»
    «Ja, und das dämlichste und sturste von allen hat überlebt», knurrte Notker und ließ von Johann ab, der ihn nur eisig musterte.
    «Hättest du etwas Rücksicht auf sie genommen   …»
    «Hab ich doch, VERDAMMICH! Deshalb habe ich doch mein Vergnügen außer Haus gesucht. Oder glaubst du, es macht Spaß, mit einem ewig kränkelnden und greinenden Weib das Lager zu teilen? Aber das wirst du auch noch erfahren, Junge. Wenn du endlich deine gottverfluchte Pflicht getan hast, wirst auch du die Vorzüge einer willigen Bauernmagd   …»
    «Niemals!»
    «…   zu schätzen lernen. Und meinetwegen kannst du deren Bälger auch gerne alle anerkennen und dich damit ruinieren. Aber warte gefälligst damit, BIS ICH UNTER DER ERDE LIEGE!» Keuchend ging Notker zu seinem Stuhl zurück und bettete den geschwollenen Fuß vorsichtig auf den Schemel. «Geh mir aus den Augen. Und wag es nicht, von deinem nächsten Besuch in Mayen ohne einen unterzeichneten und gesiegelten Ehevertrag zurückzukommen.»
    Johann schwieg und wandte sich zum Gehen. Hinter ihm raschelten die Papiere auf dem Schreibpult.
    «Eine große Gruppe Geißler, sagst du? Wie viele?»
    In der Tür drehte sich Johann um. «Etwa zwanzig.»
    «Ich schicke ein paar Soldaten durch die Dörfer und gebe ihnen Anweisung, das Gesindel zu vertreiben, sollte es hier auftauchen. Geh du zum Stall und lass den großen Reisewagenvorbereiten. Deine Stiefmutter wird uns nach Kempenich begleiten.»
    «Aber sie ist hochschwanger!»
    Notker beugte sich mit finsterer Miene vor. «Tu, was ich dir gesagt habe. Wenn ich beschließe, dass sie mitfährt, hast du nicht daran zu rühren.»
    Johann starrte seinen Vater einen langen Moment feindselig an, dann wandte er sich ruckartig um und verließ das Schreibzimmer. Seine Hände ballte er in hilfloser Wut zu Fäusten.
    ***
    Fluchend kletterte Martin Wied über die vom Sprühregen glitschigen Planken an Bord der
Ludwina
, die am Vormittag im Koblenzer Rheinhafen gelandet war. Ein Besatzungsmitglied hatte ihm Bescheid gegeben und dabei verlauten lassen, dass ein Teil der kostbaren Ladung beschädigt sei. Auf Deck traf er Kapitän Brig, einen hageren Mann mittleren Alters, der schon seit Jahren für Martin und die anderen Teilhaber des Transportschiffes arbeitete.
    «Gut, dass Ihr da seid.» Brig hielt sich nie lange mit Begrüßungsworten auf. Sein Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes. «Das solltet Ihr Euch selbst ansehen.» Er hob das Tuch von einem Stapel Kisten, in denen Martins bestellte Waren – orientalische Gewürze und getrocknete Früchte – lagerten. Mehr als die Hälfte von ihnen wies an den Seiten kleine bis faustgroße Löcher auf, durch die der Inhalt teilweise herausgerieselt oder -gequollen war.
    Martin starrte eine Weile wortlos auf die Bescherung,dann packte er das Abdecktuch und zog es mit einem Ruck zur Seite. Quietschend und fiepend schossen ein paar

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