Die Eifelgraefin
und hatte sich vergewissert, dass auf seinen Ländereien alles den gewohnten Gang ging. Zurück auf der Mantenburg, hatte er dann Lehnsmann um Lehnsmann empfangen und ihnen seinerseits den Treueeid abgenommen. Er hatte bisher weder die Zeit gehabt zu trauern, noch sich um Belange zu kümmern, die außerhalb seines Besitzes lagen. Deshalb traf ihn die Nachricht, die ihn nun erreichte, wie ein Fausthieb in den Magen.
Bruder Georg war der Absender des Briefes und setzteihn darüber in Kenntnis, dass die Hochzeit Elisabeths von Küneburg mit ihrem Stiefvetter Albrecht Branten von Küneburg unmittelbar bevorstand. Graf Friedebold hatte dem Druck seines Stiefbruders Dietrich schließlich nachgeben müssen, da dieser offenbar doch im Besitz einer Urkunde war, die ihn als rechtmäßigen Erben des Titels legitimierte.
Bruder Georg bat Johann inständig, nach Trier zu kommen und der Familie zu helfen, einen Ausweg aus dieser Misere zu finden. Der Geistliche war fest davon überzeugt, dass es sich bei der Urkunde um eine Fälschung handelte, doch war das Dietrich nicht nachzuweisen.
Von Elisabeth schrieb Bruder Georg nichts – Johann schloss daraus, dass der Mönch den Brief ohne ihr Wissen verfasst hatte. Doch warum sollte sie nicht erfahren, dass ihr Beichtvater ihn um Hilfe bat? Und warum tat er es überhaupt? Johann hatte bisher den Eindruck gehabt, Bruder Georg halte nicht allzu viel von ihm. Er hatte Johann stets deutlich gemacht, dass er sich von Elisabeth fernhalten sollte. Was war nun geschehen, dass der Mönch seine Meinung geändert hatte?
Ein unangenehmer Gedanke kam ihm, der ihm die Kehle zuschnürte. Hatte man Elisabeth gezwungen, dem Werben jenes Albrecht nachzugeben? Zu genau erinnerte er sich noch an den Abend des Osterbanketts. Doch wenn dergleichen auf der Küneburg geschehen war, hatte Johann nicht die geringste Möglichkeit, etwas auszurichten. Dann war sie tatsächlich gezwungen, ihren Vetter zu heiraten. Insbesondere, wenn sie ein Kind erwartete. Das würde auch die Eile erklären, mit der der Hochzeitstermin festgesetzt worden war.
Johann ballte die Hand zur Faust und zerknüllte damit den Brief. Selbst wenn es nicht so war, hatte er keine Handhabe gegen diesen Dietrich. Er kannte ihn ja nicht einmal. Selbst wenn die bewusste Urkunde tatsächlich gefälscht sein sollte, müsste dies erst einmal bewiesen werden.
Johann trat ans Fenster der Schreibstube und blickte hinaus. Der Himmel war von dunkelgrauen Wolken verhangen, und ein harter Wind blies um die Ecken der Wehrtürme. Ihm fiel nur ein Mann ein, der vielleicht fähig wäre, ihm in dieser Angelegenheit zu helfen. Aber er konnte es nicht verlangen. Andererseits: Eine andere Möglichkeit gab es nicht.
Zornig blickte Johann auf den zerknüllten Brief in seiner Hand und strich ihn glatt. Allzu deutlich hatte er die Stimme seines Vaters im Ohr: «Ein Mann sollte im Leben nur drei Dinge lieben: seinen Lehnsherrn, sein Schwert und sein Pferd.» Er hatte verflucht recht damit gehabt.
Johann verließ die Schreibstube und warf den Brief in den großen Kamin in der Halle. Dann verließ er den Palas und ging hinüber in den Pferdestall, um seinen Falben zu satteln.
***
«Liebwerte Elisabeth, Ihr erlaubt doch, dass ich eintrete?» Mit einem feinen Lächeln trat Albrecht Branten in die Kemenate und schloss die Tür hinter sich so weit, dass nur noch ein Spalt offen blieb. «Wie ich sehe, näht Ihr fleißig an Eurer Aussteuerwäsche. Das ist sehr löblich.» Neugierig sah er sich in dem behaglich eingerichteten Raum um. «Nanu,wo steckt denn Eure Magd, die Euch sonst wie ein Schatten folgt?»
«Sie kümmert sich um ihren Bruder, Herr Albrecht», antwortete Elisabeth kühl und erwiderte seinen Blick mit Abscheu. Albrecht war ein äußerst gutaussehender Mann – hochgewachsen, schlank, mit dunkelbraunem Haar und einer langen gerade Nase.
Seine Augen waren fast schwarz, aber sie blickten stechend auf sie herab. «Kümmert sich? Wozu sollte das wohl notwendig sein?»
«Ihr habt ihn geschlagen und getreten, Herr Albrecht! Wegen einer Nichtigkeit.»
«Ein heruntergefallener Sattel ist keine Nichtigkeit, meine Liebe. Derart nachlässiges Arbeiten darf man einem Stallknecht nicht gestatten.» Sein Lächeln wurde breiter, und er setzte sich neben sie auf die gepolsterte Bank beim Kaminfeuer. «Aber es kann mir ja gleich sein, wo das Mädchen steckt, nicht wahr, wenn mir ihre Abwesenheit die Gelegenheit eines trauten Gesprächs mit Euch verschafft.» Er nahm
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