Die Eifelgraefin
mit Albrecht hatte er kaum ein Wort gesagt und sich hinter einer ehernen Miene versteckt. Seit einigen Tagen war er nun mit ein paar seiner Getreuen fortgeritten, und weder seine Familie noch Dietrich wussten, wo er sich aufhielt.
Elisabeth presste die Lippen zusammen und zwang sich, ihre Gedanken endgültig von Johann abzuwenden. Sorgsam legte sie ihre Handarbeit wieder beiseite und verließ die Kemenate, um nach Luzia und Anton zu sehen. Albrecht hatte dem Jungen wegen des heruntergefallenen Sattels nicht nur mehrere heftige Tritte verpasst, sondern ihm auch die Nase blutig geschlagen. Grund genug für Luzia, sich um ihren Bruder zu kümmern, vor allem, da er noch immer nicht sprach und auch sonst sehr zurückhaltend und in sich gekehrt war. Elisabeth verstand Luzias Sorge und hätte schreien mögen ob der Tatsache, dass sie nicht das Geringste gegen Albrechts Verhalten würde ausrichten können. Im Gegenteil – er war äußerst jähzornig; wenn sie sichgegen ihn auflehnte, stand zu befürchten, dass auch sie Bekanntschaft mit seinen Fäusten machen würde.
***
Graf Friedebold verließ die Mantenburg mit seinen beiden Begleitern am frühen Morgen und in flottem Trab. Eine schnellere Gangart war auf den vom Regen aufgeweichten Wegen leider nicht möglich. Er hatte einige aufschlussreiche Gespräche geführt – zuerst auf der Küneburg mit Bruder Georg und nun mit Jutta von Manten, der Witwe des ehemaligen Grafen von Manten und Stiefmutter jenes Ritters, dessentwegen sich seine Tochter freiwillig in ein Pesthaus begeben und ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatte. Natürlich war er entsetzt und zornig über ihr Verhalten gewesen – welcher Vater hätte wohl nicht so reagiert? Und er war Graf Simon zutiefst dankbar, dass dieser einen Skandal verhindert hatte, indem er alle aufkeimenden Gerüchte bei seinem Gesinde unter Androhung harter Strafen im Keim erstickt hatte.
Doch Friedebold kannte seine Tochter zu gut, um anzunehmen, sie habe sich, was Johann von Manten betraf, einer Laune hingegeben. Sie war eine gehorsame, pflichtbewusste Tochter, die niemals gegen den Willen ihres Vaters oder die Interessen ihrer Familie verstoßen hätte. Dass sie es dennoch getan hatte, bewies, dass sie jenem Ritter außergewöhnlich tiefe Gefühle entgegenbringen musste. Und dies wiederum veranlasste Friedebold, sich diesen Mann einmal näher ansehen zu wollen.
Er hasste die Aussicht, Elisabeth mit seinem Stiefneffenverheiraten zu müssen. Ein Emporkömmling, der seinen jetzigen Rang nur den Intrigen und – da war sich Friedebold sicher – dem Betrug seines Vaters Dietrich zu verdanken hatte. Er hatte bereits eine Klage gegen seinen Stiefbruder eingereicht, doch der Erzbischof – mittlerweile weit über sechzig Jahre alt – reagierte nicht mehr so rasch und entschlossen wie früher. Die Anerkennung der Legitimationsurkunde durch das Trierer Schöffengericht schien ihn zu beeindrucken und davon abzuhalten, Friedebolds Einspruch stattzugeben. Wollte er also seinen Titel und sein Erbe erhalten, blieb ihm nichts anderes übrig, als kriegerische Maßnahmen ins Auge zu fassen. Einige befreundete Grafen, unter ihnen Simon von Kempenich, hatte er bereits auf seine Seite ziehen können. Die Mantenburger waren, sowohl was Land als auch was Männer betraf, wohl ausgestattet. Möglicherweise gelänge es ihm, Johann zu einem Bündnis zu bewegen, wenn er ihm als Belohnung Elisabeth samt ihrer vorzüglichen Mitgift versprach. Und nach allem, was er von Bruder Georg bereits erfahren hatte, stand zu hoffen, dass Johann sein Angebot annehmen würde.
Leicht würde es jedoch nicht werden, denn auch mit der Gräfin Jutta hatte er sich eingehend unterhalten. Ihrer Beschreibung Johanns hatte er entnommen, dass es sich bei dem neuen Grafen von Manten um einen starrsinnigen und schwierigen Mann handelte, der noch dazu einige Schicksalsschläge hatte erleiden müssen, was ihn offenbar noch weniger zugänglich machte. Vorzüge musste er gleichwohl dennoch besitzen, sonst hätte er es wohl kaum geschafft, Elisabeths Herz zu gewinnen.
Frau Jutta hatte ihn mit dem Hinweis nach Koblenz geschickt,dort wohne ein guter Freund Johanns, zu dem dieser am Vortag aufgebrochen war.
***
«Wie stellst du dir das vor?» Martin lehnte an seinem Pult, während Johann wie eine gefangene Raubkatze in der Schreibstube auf und ab lief. «Soll ich meinen guten Ruf und mein Geschäft riskieren? Du weißt ja nicht einmal, ob diese Urkunde tatsächlich gefälscht ist. Und
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