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Die Eifelgraefin

Die Eifelgraefin

Titel: Die Eifelgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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volljährig, nicht wahr?» Er musterte Luzia abschätzend. «Du bist die einzige lebende Verwandte?»
    Unsicher nickte Luzia.
    «Also gut, dann verwaltest du das Lehen, bis dein Bruder alt genug ist, sein Erbe anzutreten.»
    «Ich? Ich kann doch nicht   …»
    «Wenn du dich weigerst, fällt das Lehen an Herrn Simon zurück, und das Erbe deines Bruders ist verwirkt», unterbrach Elisabeth sie rasch. «Wir kümmern uns darum, das verspreche ich dir. Es ist euer Land!»
    Eine knappe halbe Stunde später saß sie Luzia und Anton gegenüber in dem Reisewagen und verließ Burg Kempenich.
    Hedwig winkte ihr von der Palastreppe aus zu und tupfte sich mit dem Ärmel ihres Kleides über die Augen. Als sie in den Zwinger einbogen, versuchte Elisabeth, noch einenletzten Blick auf das Gesindehaus zu erhaschen, doch es gelang ihr nicht.
    Luzia beugte sich vor und nahm ihre Hand. «Was wird jetzt, Herrin?»
    Elisabeth sah sie unglücklich an. «Ich kehre heim, Luzia.»
    ***
    Als er die Zollschranke erreichte, an der sich kurz vor Kempenich sechs Wege trafen, zügelte Martin sein Pferd. Ein von Bewaffneten eskortierter Reisewagen kam auf ihn zu und hielt auf der anderen Seite der Schranke, bis diese geöffnet wurde. Der Fuhrknecht wechselte noch ein paar Worte mit dem Zöllner, deshalb trieb Martin sein Reittier wieder an und lenkte es neben den Wagen. Er nickte den Rittern, die ihn wachsam musterten, freundlich zu. «Ihr kommt von Kempenich?»
    «Herr Wied!» Elisabeth lehnte sich aus der Fensteröffnung. «Was führt Euch hierher?»
    «Ihr kennt diesen Mann?», blaffte der vierschrötige Ritter, der sich ihr inzwischen als Guntram von Laar vorgestellt hatte.
    «Aber ja.» Sie nickte nachdrücklich. «Er ist ein Kaufmann und guter Bekannter des Grafen Simon.»
    «Martin Wied», stellte Martin sich vor und deutete eine Verbeugung an.
    Er beugte sich etwas zu Elisabeth hinunter. «Ihr reist zurück nach Hause, nehme ich an?»
    Sie nickte wieder. «Mein Vater wünscht es.»
    «Wie geht es Johann?», fragte er, bevor sie weitersprechen konnte. «Ist er   …?»
    «Er lebt», antwortete sie rasch. «Es scheint, dass er die Pest übersteht, aber es geht ihm sehr schlecht.»
    Martin atmete auf. «Ich reite zur Burg», sagte er. «Und ich verspreche Euch, wenn es etwas gibt, womit ich ihm helfen kann, werde ich es tun.»
    «Ich danke Euch.» Elisabeth rutschte beinahe von ihrem Sitz, da der Fuhrknecht die Pferde antrieb und der Wagen sich ruckartig in Bewegung setzte.
    Martin wendete sein Pferd und ließ es neben dem Wagen hergehen. «Ist mit Euch alles in Ordnung, Jungfer Elisabeth?»
    «Ja, macht Euch um mich keine Sorgen.» Sie versuchte ein Lächeln, das etwas gequält wirkte. «Herr Wied, bitte   … würdet Ihr mir einen Gefallen tun?»
    «Jeden, wenn es in meiner Macht steht.»
    «Sagt Johann   …» Sie blickte kurz zu den Rittern, um sicherzugehen, dass diese ihre Worte nicht mitbekamen. «Sagt ihm, er braucht nicht   …» Sie schüttelte den Kopf. «Nein, vergesst das. Sagt ihm nur, er soll am Leben bleiben.»
    «Das ist alles?»
    «Nein.» Wieder schüttelte sie den Kopf. «Aber mehr zu sagen hat keinen Sinn. Lebt wohl, Herr Wied.» Sie zog den Kopf aus der Fensteröffnung zurück und schlug die Hände vors Gesicht. «Mehr hat keinen Sinn», wiederholte sie leise. Dann ließ sie die Hände wieder sinken und starrte schweigend hinaus. Jede Umdrehung der Räder brachte sie der Küneburg – ihrem Zuhause – näher, aber auch einer ungewissen Zukunft. An ihrer Brust spürte sie das leichte Summenund Vibrieren des silbernen Kruzifixes. Sie wusste, dass es sie warnen wollte. Und diesmal hatte sie auch eine Ahnung, warum, denn die bewaffneten Ritter, die sie begleiteten, waren nicht die Männer ihres Vaters.

39.   KAPITEL
    Mantenburg, 29. August im Jahre des Herrn 1349
    Wieder und wieder las Johann die Zeilen des Briefes, die in kantiger, gleichwohl deutlich lesbarer Schrift abgefasst waren. Seit seiner glücklichen Genesung waren einige Wochen vergangen. Wochen, während derer er kaum Zeit gehabt hatte, zur Besinnung zu kommen, denn bei seiner Heimkehr hatte er erfahren, dass seinen Vater der Herzschlag getroffen hatte, als er hörte, dass Johann im Sterben läge. Er war in der Familiengruft beigesetzt worden, und Johann hatte, obwohl er von der Krankheit noch geschwächt gewesen war, umgehend seine Nachfolge antreten müssen. Er hatte den Erzbischof aufgesucht und seinen Lehnseid abgelegt, war über seine Güter gereist

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