Die Eifelgraefin
Fußknöcheln.»
«Aber …»
«Nun komm schon, sonst wird dir kalt.»
Luzia gehorchte zögernd. «Und was ist mit dem Wasser? Ich muss doch den Zuber ausleeren.»
«Das kannst du später auch noch. Los jetzt.» Elisabethging zur Tür, warf einen kurzen Blick in den großen Saal und winkte Luzia dann, ihr zu folgen. «Es ist niemand hier um diese Tageszeit», sagte sie, nahm Luzia an der Hand und zog sie mit sich zur Treppe.
5. KAPITEL
Etwas befremdet blickte Johann zur Wendeltreppe. Er hatte gerade seine Kammer verlassen und wollte zum Stall hinunter, als er zwei Frauen vorbeihuschen sah. Hatte er richtig gesehen? War die Magd nur mit einem Tuch bekleidet? Kopfschüttelnd stieg er die Stufen zum großen Saal hinab. Ein Blick durch die offenstehende Küchentür jedoch reichte ihm, um zu begreifen, was sich hier zugetragen haben musste. Vermutlich hatte Elisabeth gebadet. Der leichte Rosenduft ihres Badezusatzes hing noch in der Luft, ein Kamm lag auf dem Rand des Zubers und ein nasses Leinentuch ordentlich gefaltet daneben. Er schüttelte den Kopf, als er im Kasten für das Feuerholz ein zusammengeknülltes Kleid entdeckte. Offenbar hatte die edle Jungfer ihre Magd genötigt, sich ebenfalls zu waschen, und bei der Gelegenheit das hässliche Kleidungsstück entsorgt.
Ein unfreiwilliges Grinsen umspielte Johanns Lippen. Eigenwillig war dieses Weib schon. Einfach ihre Magd ihres vermutlich einzigen Kleidungsstückes zu berauben! Aber was ging es ihn an, wenn sie vorhatte, ihre Dienerin neu einzukleiden? Der Rosenduft kribbelte angenehm in seiner Nase. Rasch wandte er sich ab und verließ den Palas.
Als er jedoch den Hof überquerte, wurde er von einem berittenen Boten aufgehalten, der ihm einen Brief überreichte. Da er den Mann kannte – er war ein Gefolgsmannseines Vaters –, schickte er ihn gleich ins Haus, wo er sich ausruhen und mit einem Becher Bier oder Wein erfrischen konnte.
Johann setzte sich auf die Holzbank vor dem Stall und begann den Brief zu lesen.
Schlagartig umwölkte sich seine Miene.
***
Zufrieden musterte Elisabeth ihre Magd, die in ihrem guten Kleid vor ihr stand und an dem Rock herumzupfte. «Gut», befand sie. «So gefällst du mir schon besser. Kannst du nähen?»
Als Luzia verneinte, zuckte Elisabeth mit den Schultern. «Dann wirst du es lernen. Du könntest …» Sie zog die Stirn in Falten und trat an eine der Kleidertruhen, öffnete sie und kramte ein dunkelbraunes Kleid heraus. «Du könntest dieses hier tragen, wenn wir es für dich geändert haben.»
«Wie bitte?» Luzia sah sie mit großen Augen an.
Elisabeth entfaltete das Kleid, das am Ausschnitt, an Ärmeln und Saum mit dezenten Rankenstickereien verziert war. «Es muss gekürzt werden, natürlich. Und am Oberteil etwas weiter … Das kriegen wir schon hin.»
«Was habt Ihr denn mit dem Kleid vor, Herrin?», fragte Luzia misstrauisch.
Elisabeth sah sie ausdruckslos an. «Ich will es dir schenken, Luzia. Lise, meine alte Kinderfrau, Gott hab sie selig, trug immer die alten Kleider meiner Mutter auf. Warum auch nicht, denn sonst würden wir die Sachen ja doch nur den Lumpensammlern fürs Leprosenhaus oder das Armenhospitalmitgeben. Dieses Kleid hier mochte ich noch nie besonders. Ich weiß gar nicht, warum Mutter es mir mitgegeben hat. Aber ich denke, dir würde es sehr gut zu Gesicht stehen. Wenn es erst einmal geändert ist», setzte sie erneut, diesmal mit einem feinen Lächeln, hinzu. «Ich kümmere mich darum; heute Abend werden wir bei dir Maß nehmen. Und nun geh hinunter und kümmere dich um das Wasser im Badezuber, sonst steht er der Köchin den ganzen Tag im Weg.»
«Sofort, Herrin.» Luzia hatte sich die Haare wieder fest geflochten, obwohl sie noch nass waren, und steckte sie im Fortgehen hastig wieder zu einem Knoten auf.
Elisabeth sah ihr wohlwollend hinterher. Das Mädchen gefiel ihr. Luzia war aufgeweckt und ihre bisherige Zurückhaltung vermutlich nicht naturgegeben. Sie schmunzelte vor sich hin. Es war offensichtlich, dass sich Luzia die größte Mühe gab, höflich und artig zu sein, doch in kurzen Bemerkungen blitzte hin und wieder ihr wahres Temperament auf. Vielleicht hatte dieser Vater Anselm ja doch gewusst, wovon er sprach, als er Luzias wilde Locken mit ihrem Charakter verglichen hatte.
Auf jeden Fall war Luzia nicht auf den Kopf gefallen. Sie lernte schnell und gab sich Mühe.
Ich hätte es schlimmer treffen können, dachte Elisabeth und beschloss, den Rest des Vormittags
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