Die Eifelgraefin
ich finde ihn unheimlich», beharrte Gertrud. «Wenn ich mir vorstelle, ich müsste einen Mann heiraten, der so hässlich …»
«Entstellt!», korrigierte Hedwig sie scharf.
«Also gut, der so entstellt ist, würde ich mich jeden Tag gruseln.»
«Ich auch», stimmte Herzelinde sofort zu.
Hedwig schüttelte halb tadelnd, halb amüsiert den Kopf. «Keine von euch beiden wird wohl je in diese Bedrängnis geraten. Eure Eltern werden euch wohl kaum einem Bürgerlichen, noch dazu einem Kaufmann, anverheiraten. Und nun kommt, lasst uns endlich in die Badestube gehen.»
Die Badestube bestand aus einem großen Raum, der in der Mitte durch eine deckenhohe Holztrennwand in dieBereiche für Männer und Frauen unterteilt war. Ein großer offener Kamin sorgte für wohlige Wärme. Über weiteren Feuerstellen wurden riesige Kessel mit Wasser erhitzt, und der Wasserdampf hing in dicken Schwaden in der Luft. Auf der Frauenseite gab es zwölf Badezuber, in denen jeweils zwei Personen Platz fanden. Sieben Zuber waren bereits belegt. Die Frauen darin, den zum Teil üppigen Kopfbedeckungen nach alles verheiratete Patrizierinnen, ließen sich verschiedene Speisen auf Tabletts reichen und plauderten angeregt.
«Hier hinüber bitte», sprach eine junge Frau sie an. Sie war ebenfalls in den Kittel der Bademägde gekleidet. «Wir haben diese beiden Zuber für Euch vorbereitet. Das Wasser ist noch nicht ganz heiß, wenn Ihr Euch solange dort auf die Bank setzen möchtet.» Sie wies auf eine gepolsterte Sitzbank an der Rückwand des Raumes. «Oder können wir Euch in der Zwischenzeit noch einen anderen Dienst erweisen? Ein wenig die Muskeln durchkneten vielleicht, die Haare schneiden oder die Körperhaare entfernen?»
«Sehr gerne», antwortete Hedwig. «Ich weiß ja, wie geschickt du darin bist, Susanna. Wie steht es mit Euch, Elisabeth? Möchtet Ihr Euch auch die Haare entfernen lassen? Ich würde Euch dazu raten, denn immerhin seid Ihr bald eine verheiratete Frau. Euren zukünftigen Gemahl wird es bestimmt erfreuen, wenn Ihr ihm in der Hochzeitsnacht mit seidenweicher Haut gegenübertretet. Oder habt Ihr gar schon Erfahrungen mit der Prozedur gesammelt? Hat Eure Mutter Euch darin eingewiesen?»
«Ein wenig.» Elisabeth nickte. «Aber selbst habe ich es noch nie gemacht.»
«Nun, das braucht Ihr heute auch nicht zu tun. Susanna wird sich bestimmt auch gerne um Euch kümmern. Und sie verwendet nur allerbeste Harze und Bienenwachs, ganz ohne Terpentin. Ihr braucht also keine Angst vor Narben oder Entzündungen zu haben. Ach ja, und du verkaufst mir doch wieder einen großen Tiegel des Gemischs, nicht wahr?», wandte Hedwig sich vertraulich an die Bademagd. «Damit ich die Behandlung auch zu Hause durchführen kann.»
«Aber natürlich, Frau Hedwig. Für Euch habe ich schon einen Tiegel bereitgestellt.» Susanna lächelte breit. «Dann folgt mir bitte in den Nebenraum. Die beiden Jungfern ebenfalls?»
«O nein!», wehrte Hedwig entschieden ab. «Die zwei sind noch viel zu jung dazu.»
Gertrud und Herzelinde machten enttäuschte Gesichter, folgten aber Hedwigs Anweisung, sich auf die Bank zu setzen, bis ihr Badezuber bereitet war.
***
Als Elisabeth etwa zwei Stunden später wieder in ihre Kleider schlüpfte, fühlte sie sich wie ein völlig neuer Mensch. Die Haut an ihren Beinen und in den Achseln prickelte und brannte noch ein wenig von der Enthaarungsprozedur. Susanna hatte ihr ein geschmeidiges Gemisch aus heißem Bienenwachs und Baumharzen auf die Haut gestrichen und es dann, nachdem es abgekühlt und fest geworden war, ruckartig abgezogen. Hedwig hatte sich auf diese Weise auch ihr Schamhaar entfernen lassen, doch Elisabeth war dies zuschmerzhaft erschienen. Sie hatte sich für eine einfache Rasur entschieden.
Auf Hedwigs Rat hin hatte sie sich ebenfalls einen Tiegel des Wachsgemischs gekauft, denn man konnte ja nie wissen, wann man erneut in ein gutes Badehaus kam.
Das ausgiebige Bad und die Pflege mit duftenden Ölen danach hatte sie die Schmerzen der Enthaarung rasch vergessen lassen. Bevor sie nun das Haus verließen, brachte der Knecht ihnen wieder ihre Mäntel; die Sänften warteten bereits an der Straße auf sie.
Sie waren allerdings noch nicht weit gekommen, als die Sänftenträger anhalten mussten, weil weiter vorne in der Gasse ein Hindernis den Weg versperrte. Sie hörten die Träger fluchen und warfen einen Blick durch die Vorhänge. Nicht weit vor ihnen hatte ein Bauer eine Rotte schmutzig brauner Schweine
Weitere Kostenlose Bücher