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Die eingeborene Tochter

Die eingeborene Tochter

Titel: Die eingeborene Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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heraus. »Hier steht: ›Sie sind im Begriff, einem alten Freund große Neuigkeiten mitzuteilen.‹«
    »Wirklich?« fragte Irene.
    »Das wär eine Schlagzeile«, sagte Phoebe. »Besser als: ›Ich war Bigfoots Ersatzmutter.‹«
    Julie mußte unwillkürlich lachen. »Auch besser als: ›Wissenschaftler prüfen: Aliens schrieben US-Verfassung?‹«
    »Viel besser: Ich und Irene… wir sind… Wie heißt das noch, Sweetie?«
    »Verheiratet«, sagte Irene.
    »Verheiratet!« Phoebe zwinkerte Julie zu und berührte ihren Ehering.
    »Ihr liebt euch wirklich?« Julie zwang sich zu einem Lächeln.
    »Ist doch in Ordnung, oder?« fragte Phoebe. »Du bist nicht eifersüchtig oder so?«
    »Ich bin nicht eifersüchtig.« Natürlich war Julie eifersüchtig. Wer wär das nicht? Zum erstenmal nach all den Jahren gab es wieder die wirkliche Phoebe, und Julie mußte sie mit dieser Idiotin teilen.
    »Ich brauch das, Katz. Du bist immer mein bester Kumpel gewesen, aber schließlich kann nur eine Trinkerin einer Trinkerin wirklich helfen.«
    »Die Heirat ist noch nicht alles«, sagte Irene. »Wir hoffen auf ein Baby.«
    »Ein Baby«, sagte Phoebe.
    Julie biß die Zähne zusammen und ballte die Faust. Ihre ausgeräumte und verletzte Gebärmutter krümmte sich vor Neid. »Und wo wächst der schlong heran?«
    »Ich hab mich untersuchen lassen«, sagte Phoebe. »Fruchtbar wie ’ne Cheerleader! Wir brauchen bloß ein bißchen Koboldstaub und – peng!« Sie streichelte Julies Hand. »Hör zu, Kumpel, ich weiß das über deine Eierstöcke, wirklich Scheiße, aber das da wird ein Kind von uns allen – meins, Irenes, Bix’ und deins. Wir werden dem Kind einfach nie sagen, wer die leibliche Mutter ist.«
    Julie öffnete den Glückskuchen. ›Sie sind bei Ihren geschäftlichen Vereinbarungen vorsichtig und systematisch‹, stand auf dem Zettel. Sie mußte sich für Phoebe freuen. Sie mußte einfach. »Hier steht: ›Ihre beste Freundin wird schwanger, und Sie sind darüber sehr, sehr glücklich!‹«
    »Das steht wirklich da?« fragte Irene.
    »Und – stimmt’s?« fragte Phoebe.
    »Natürlich!« Julie fühlte Phantomschmerzen im fehlenden Daumen. Sie rieb Mollys Daumen. »Und der Koboldstaub? Hast du da jemanden in Aussicht?«
    »Hm-mm. Jemanden, den ich immer bewundert hab.«
    »Wer?«
    »Ein guter Mann. Einer der besten überhaupt.«
    Sie hätten noch ein paar Tage warten können, aber Geduld war noch nie Phoebes starke Seite gewesen, und so gingen sie gleich nach dem Essen rüber zur Penn. Ins Preservations-Institut einzubrechen lief einzig darauf hinaus, Molly das Problem zu erklären und dann zuzuschauen, wie die verschiedenen Schlösser unter ihrem stählernen Griff zerbröselten. Die drei Frauen hasteten den von einer 60-Watt-Funzel spärlich erleuchteten Korridor hinunter. An den Wänden waren drei Reihen niedriger Stahltüren. Pops Pseudonym, vier-zweiunddreißig. Auf einer Messingplatte über dem Griff eingraviert. Sie öffnete die Tür. Kalte Luft, wie von einem niesenden Leichnam, strömte heraus. Dann zog sie die tiefgefrorene Schublade heraus. In dem Gestell die Reagenzgläser, dicht an dicht, die Etiketten steif vor Eis. Offensichtlich hatte das Institut jemanden gefunden, der sich nach der Longport-Explosion durch den Schutt wühlte und die Samenbehälter ausbuddelte – die Bestände erstreckten sich über die ganze Spenderkarriere ihres Vaters. Er war ein sehr verläßlicher Spender gewesen, ein Schuß pro Monat, über zwanzig Jahre lang.
    Hier konnte man die Vergangenheit wie aus den Jahresringen eines Baums ablesen. Pop hatte am 14. März 1965 zum erstenmal gespendet. Dann eine vielsagende Lücke von Dezember 1973 bis zum Juni 1976, als das Institut an der Penn wiedereröffnet wurde. Und dann Dezember: der Monat ihrer Empfängnis. Julie rechnete nach: Von Dezember neun Monate bis zu ihrem Geburtstag. Sie war also ein normales Baby gewesen, voll ausgetragen. Gott wurde Fleisch. Nicht im Schnellverfahren.
    »Wir sollten die hier nehmen.« Julie zog die jüngste Spende heraus und überreichte sie Phoebe wie eine Trophäe.
    »Sie kriegt deine Nase, Julie. Ich mag sie jetzt schon.«
    »Nase?« sagte Irene.
    Phoebe reichte die Probe ihrer Geliebten weiter. »Hier, Sweetie. Machen wir uns unseren eigenen Bücherwurm.«
    EIN GEFÄHRLICHER ORT. SIE BRAUCHEN DICH.
    Und Julie dachte: Ich werde hingehen.
     
    Obwohl Phoebe aus Gründen der Sicherheit die Probe geteilt hatte, klappte es schon beim erstenmal. Es handelte sich bloß

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