Die eingeborene Tochter
darum, mit einem von Sanyo erfundenen Urin-Teststreifen den genauen Zeitpunkt des Eisprungs zu bestimmen und dann mit einem Bratenbegießer Murrays Samen zu applizieren. Genau wie Georgina, was Phoebe sogar eigens betonte. Genau wie Mom.
»Das hättest du mir sagen sollen«, meinte Bix, als er von Phoebes Schwangerschaft erfuhr. »Ich wohn ja schließlich auch hier.«
»Ein Baby ist genau das, was in dieser Wohnung fehlt«, sagte Julie.
»Was dieser Wohnung fehlt, ist eine Begasung gegen die Kakerlaken und eine funktionierende Dusche. Babies sind wie Kätzchen, Julie, nur wachsen sie dann zu etwas weit Schlimmerem heran. Kannst du dir das Chaos vorstellen, das ein Baby in unser Leben bringt, kannst du dir das überhaupt vorstellen?«
»Sie wird doch vier zu eins in der Minderheit sein. Wir ziehen sie alle gemeinsam auf.«
»Ich nicht.«
»Wenn sie erst da ist, verliebst du dich in sie, das weiß ich einfach. Du bringst sie in die Schule, zeigst deinen Schülern, wie Babies aussehen.«
»Von meinen Schülern wissen schon viel zu viele, wie Babies aussehen!«
»Jetzt hör bloß auf mit dieser Tour, Bix Constantine. Hör auf!«
Zwar verfügte die Menschheit im Jahre 2012 noch nicht über alle Wissenschaft, immerhin gab es für eine Schwangere eine einfache Möglichkeit, innerhalb von sieben Wochen nach der Empfängnis das Geschlecht des Kindes festzustellen. Sie geht einfach in Dr. Lefkowitz’ Klinik, ein Ultraschall-Sonogramm der Gebärmutter wird aufgenommen, und eine Minute später verkündet ein Techniker namens Bob das Entweder/Oder-Ergebnis.
»Ein Junge«, sagte Bob.
»Ein Junge!« Phoebe schrie und rannte wie verrückt durchs ganze Haus. »Ich krieg einen Jungen!« brüllte sie Julie, Irene und Bix zu.
Einen Jungen. Julie war überwältigt von dieser Neuigkeit. Ein Junge, ein werdender Murray Jakob Katz – oh, die wunderbaren Geschichten, die sie ihrem kleinen Bruder über seinen Vater erzählen würde! »Können wir ihn Murray nennen?«
»Klein-Murray, hm? Murray Sparks?« Phoebe ließ die Silben über die Zunge rollen. »Sicher, Honey. Absolut. Klein-Murray.«
Ein warmer Strom durchflutete Julie bis in ihre stählernen Fingerspitzen. »Und es ist mein Junge genauso wie deiner?«
»Großes Pfadfinder-Ehrenwort. Er wird uns beide lieben.«
Obgleich nichts in ihrer Vergangenheit darauf hinwies, daß diese Alkoholikerin mittleren Alters, Dynamitdiebin und ehemalige Prostituierte, die bevorstehende Mutterschaft ernst nehmen würde, war es doch genau das, was Phoebe tat. Sie befolgte Dr. Lefkowitz’ Ratschläge mit religiöser Inbrunst, gab das Kaffeetrinken auf, schlang Vitamine runter und führte täglich eine Art Vaginalzäpfchen ein, das eine Fehlgeburt verhindern sollte. Sie hatte zwar vor, das Baby zu Hause zu bekommen – ›natürliche Geburt‹, nannte sie das – ›wie eine gottverdammte Steinzeitfrau‹, nannte es Bix –, willigte aber schließlich ein, Bix und Irene sollten sie ins Madison Memorial schaffen. Für den Fall, daß die Dinge ›natürlicher‹ wurden, als für ihre Gesundheit gut war.
Phoebes Schwangerschaft erfüllte das Haus wie Blumenduft, drang in jede Ritze, jedes Wurmloch, tränkte die Holzverkleidungen mit dem süßen Geruch der Fruchtbarkeit. Ihr Gesicht glänzte wie braunes Porzellan, die Stimme wurde weicher, die kleinen Brüste schwollen an. Georginas heidnischem Blut folgend, schlenderte sie nackt durch ihr mit Azaleen vollgestopftes Gewächshaus, preßte ihren Leib gegen die Fenster, ließ Klein-Murray die Novembersonne fühlen.
Und doch – unter der erdhaft mütterlichen Schicht rumorte noch eine frühere Phoebe – laut, zornig und wild. »Irgendwas nagt an dir«, stellte Julie fest. Phoebe hatte grade eine ihrer Sonnenanbetungssitzungen.
»Stimmt.«
»Schwer, nüchtern zu bleiben?«
»Nüchtern zu bleiben, ist ein Klacks.« Phoebe tätschelte Klein-Murray. »Das ist es nicht.« Ihr Nabel war von der Schwangerschaft gedehnt und so flach wie ein Basketballventil. »Mein Dad erwartet doch, daß ich Billy Milk erschieße.«
»Nein, Phoebe. Das hab ich schon bereinigt.«
»Du hast das bereinigt?«
»Du kannst also ganz normal weiterleben.«
»Oh.« Phoebe klang leicht enttäuscht. »Hast du Dad wirklich getroffen? Sieht er gut aus? Munter wie ich?«
Julie nickte. »Sieht gut aus. Munter.«
»Stolz auf sein afrikanisches Blut?«
»O ja. Offenbar ein fürchterlicher Vater. Er hatte vier Söhne.«
»Und eine Tochter. Eine Tochter, die Billy Milk
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