Die Eingeschworenen Raubzug
Fremden eingerichtet worden waren. Dort konnte man auch die Huren ausprobieren, obwohl die meisten von uns schimpften, weil man dafür gutes Silber bezahlen musste, das man nicht zurückverlangen konnte.
Doch selbst wenn man jemandem ein Mädchen abschwatzen konnte, wäre es zwecklos gewesen, es ins Gästehaus mitzubringen, denn die missbilligenden Blicke der ehrbaren Frauen, die dort ständig ein und aus gingen, waren so wirkungsvoll wie ein Bad in der eiskalten Ostsee. Und wir waren uns alle einig, dass die Verhältnisse sich nicht bessern würden.
Immerhin gab es viele Neuigkeiten – von den Tuchhändlern, die, ähnlich wie Skapti, stets bunte Tuniken und Hosen trugen. Sie erzählten von den Männern, die in diesem Jahr auf den Flüssen des Rus-Reiches den Stromschnellen zum Opfer gefallen waren. So der alte Boslof, der im Dnjepr ertrunken war, eine Schmach für einen
Mann, der so oft die neun berüchtigten Stromschnellen auf dem Weg nach Känugard umschifft hatte. Die letzten sieben Stromschnellen waren so tückisch, dass die Christus-Anbeter sie die Sieben Todsünden nannten, nach einer ihrer heiligen Sagen.
Ich hörte auch von Arnlaug, der am Dünnschiss gestorben war, obwohl er dem Baum auf der Eicheninsel einen schönen Schafbock geopfert hatte. Die Christen nennen die Insel St.-Georgs-Insel, und sie ist der erste sichere Ort nach den neun Stromschnellen. Nachdem er sich auf dem Wasser vor Angst in die Hose geschissen hatte, konnte er anscheinend nicht mehr aufhören und wurde immer dünner, so dass er nur noch eine leere Hülle war, als sie seine Leiche verbrannten.
Denn er war verbrannt worden. Im Osten war man zu den alten Sitten zurückgekehrt, seitdem sie zwanzig Jahre zuvor mit zweihundert Schiffen – so erzählte man sich – südlich von Baku in den Fluss Kura eingedrungen waren und die Stadt Berda mit Feuer und Schwert vernichtet hatten, deren Bewohner allesamt Mohammed-Anbeter waren.
Im Gegenzug wurden die Angreifer von den Muselmännern überfallen, doch sie bekamen dieselbe Art von Dünnschiss wie Arnlaug und mussten sich zurückziehen. Daraufhin gruben diese Heiden – die Asen mögen sie verfluchen! – alle ehrenhaft bestatteten Toten wieder aus und stahlen ihre schönen Waffen und die Rüstungen, die man ihnen in ihre Schiffsgräber mitgegeben hatte.
Seitdem verbrannten die Händler ihre Toten lieber und machten das Feuer so heiß wie nur möglich, damit die Rüstungen unbrauchbar wurden. Sie zerbrachen auch die Schwerter in drei Stücke, denn auf der anderen Seite der
Regenbogenbrücke würden sie wieder neu geschmiedet werden, jedoch nicht in diesem Leben.
Das war noch zu Igors Zeiten, wie uns ein silberbärtiger und ziemlich geschwätziger Veteran der Flüsse und Stromschnellen erklärte. Igor, so erzählte er, sei fünfundsiebzig und seine Frau, die berühmte Olga, sechzig Jahre alt gewesen, als sie ihrem Volk einen Sohn schenkten, den Fürsten Swjatoslaw, der jetzt mit seinen Kriegen gegen die Bulgaren und die Chasaren den Silberfluss versiegen ließ, der bislang nach Birka geströmt war.
Alles nickte nachdenklich angesichts dieses Wyrds, und man schüttelte die Köpfe, wenn man an die Zukunft dachte.
Die Köpfe schüttelte man auch über das neue Handelsabkommen mit Miklagard, dem Nabel der Welt, welches besagte, dass man nur noch für fünfzig Goldstücke Seide kaufen durfte, nicht mehr, und ein Siegel brauchte, das dieses bestätigte.
Es war ebenfalls verboten, dass Gruppen von mehr als fünfzig Männern, natürlich alle unbewaffnet, dieses neue Rom betraten, das von seinen Bewohnern Konstantinopel genannt wurde. Lächerlich, da waren sich alle einig, selbst wenn man aus der Seide für fünfzig Goldstücke eine ganze Anzahl von Hosen schneidern konnte.
Außer, so bemerkte Finn Rosskopf, wenn sie für Skapti wären, der Glück hätte, wenn es außer zu einer neuen Hose für ihn noch zu einem Ersatzpaar reichen würde. Alles lachte, selbst die Händler, die missmutig erzählten, dass sie eine kostenlose Ausrüstung und Vorräte für einen Monat dafür bekommen hatten, dass sie wieder nach Känugard zurückkehrten, wozu sie neuerdings nach dem kaiserlichen Gesetz jeden Herbst verpflichtet waren. Die
feinen Leute von Miklagard duldeten den Winter über keine umherziehenden Nordmänner in ihrer prächtigen Stadt.
Aus dem dänischen Hafen Hedeby brachten einige Männer die Nachricht mit, dass König Hakon tot war. Die große Schlacht bei der Insel Stord im Hardangerfjord hatte
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