Die Eingeschworenen Raubzug
Ketil und Einar. Die Eingeschworenen tauchten in Zweier- oder Dreiergruppen auf, keuchend und schwitzend. Alles, was sie besaßen, trugen sie bei sich, auf dem Leib oder unter dem Arm – das meiste Gepäck hatten sie zurückgelassen. Es fehlten viele von den Unseren, aber mein Herz machte einen Freudensprung, als ich meinen Vater entdeckte. Er war grau im Gesicht und der Ärmel seines Kittels war von frischem Blut getränkt. Ich ging zu ihm hin und er nickte und freute
sich, mich zu sehen, aber als ich mir den Verband ansehen wollte, schüttelte er nur den Kopf.
»Ich lauf aus wie ein leckes Fass«, murrte er, »aber es wird mich nicht umbringen, Junge.«
Schweigend hörte er sich meinen Bericht von Skaptis Tod und der Flucht des Mönchs an, aber Ulf-Agars Tod quittierte er mit einem befriedigten Knurren.
»Ich hab’s ja immer gewusst«, sagte er bewundernd, »schon als du fünf Jahre alt warst, war mir klar, dass in dir ein kleiner Wolf steckt.«
Ich horchte auf und wollte mehr darüber wissen, aber nun drängten die anderen heran und wollten mir gratulieren, und einige klopften mir auf die Schulter. Fast erwartete ich, von irgendwoher Skaptis vertrauten Brummton zu vernehmen, aber der war für immer verstummt.
»Wir müssen uns beeilen«, sagte Einar, nachdem wir durch den Fluss gewatet waren und den Schutz des Waldes erreicht hatten. »Wir müssen vor Starkads Männern das Schiff erreichen und es uns nehmen. Das ist unsere einzige Möglichkeit, von diesem Ufer, das die Götter verflucht haben, fortzukommen.«
Die Landschaft schien uns verhöhnen zu wollen, denn plötzlich zeigte sie sich in ihrer ganzen frühlingshaften Schönheit, während wir einem ungewissen Schicksal entgegeneilten, voller Trauer um die Gefallenen und um unser Schiff.
Wir marschierten durch Wälder mit stattlichen Eichen und Eschen in frischem Laub, dann weiter über Ebenen mit saftigem, grünem Gras und übersät von blauen und gelben Blumen. Wir sahen dorniges Gebüsch, das sich unter der Last seiner Blüten beugte, die uns bei jedem
Windhauch mit einem weißen Regen überschütteten, während die Vögel sich das Herz aus dem Leib sangen.
Doch die Eingeschworenen hatten keine Augen für diese Schönheiten, grimmig und entschlossen eilten sie dahin, wie ein Rudel Wölfe, das seine Beute verfolgt.
Wir waren schnell marschiert, und unter der sicheren Führung meines Vaters erreichten wir die kleine geschützte Bucht, gerade als der Himmel dunkel wurde und sich die ersten Sterne zeigten.
Einar gab unserer keuchenden Truppe das Signal zum Halten. Auf den letzten paar Meilen hatten wir immer öfter anhalten müssen, hauptsächlich weil Hild erschöpft war. Aber ich sah, dass Storchenbein ebenfalls dankbar für jede kurze Rast war, wie auch mein Vater, der alte Ogmund Krummnacken und ein paar andere, die kaum noch die Kraft zum Sprechen hatten und dankbar ins Gras sanken.
Auf Einars Befehl schlichen Großnase und Steinthor vorsichtig voraus, während wir anderen uns in eine Senke hockten, wo der Wind über die harten Grasbüschel fegte, hinunter zum Strand und hinaus aufs Meer. Ich schmeckte bereits Salz auf den Lippen. Komisch, als wir noch an Bord waren, hatten wir uns nach festem Boden und dem Geruch von Land gesehnt, und jetzt, wo wir an Land waren, sehnten wir uns nach nichts anderem, als so bald wie möglich wieder schwankende Schiffsplanken unter den Füßen und das Sprühen der Gischt auf dem Gesicht zu spüren.
Niemand sprach, nur Einar beriet sich leise mit Ketil Krähe, Illugi und meinem Vater. Ich bekam nicht viel davon mit, konnte mir aber denken, um was es ging: Mein Vater sollte seine Meinung dazu sagen, ob man mit einem
Schiff jetzt aus der Bucht kommen könnte, ob Wind und Flut günstig waren und wenn nicht, wann es so weit sein würde.
Ketil Krähe hatte uns bestimmt schon gezählt und wusste, wie viele von den Eingeschworenen noch übrig waren – nicht mehr als vierzig, schätzte ich –, denn es waren einige auf dem Berg geblieben. Ob tot oder verwundet, wir hatten sie verloren, wie Skapti.
Eine Zeit lang saßen wir da und warteten. Der Mond war herausgekommen, verschwand aber immer wieder hinter den Wolken. Endlich kam Großnase zurück und berichtete Einar, worauf dieser uns herbeirief und wir uns alle in der Senke um ihn versammelten.
»Steinthor beobachtet Starkads Langschiff. Es scheint so, als seien alle seine Männer an Land, wo sie am Feuer sitzen und Bier trinken. Sie haben nur zwei Wachen
Weitere Kostenlose Bücher