Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)
was das Überwachungsvideo betraf, das Treven mit einem Mord in Verbindung brachte, waren ebenfalls überzeugend. So gesehen, war die Wahl ganz einfach: töten oder getötet werden.
Trotzdem ließ ihn der Gedanke, Hort auszuschalten, beinahe schwindeln vor Angst. Konnte er das wirklich seinem eigenenBefehlshaber antun? Er versuchte, es als Notwehr zu betrachten, so, wie einfache Soldaten in Vietnam manchmal ihre inkompetenten Lieutenants mit Splitterhandgranaten in die Luft gejagt hatten. Aber wenn er versuchte, sich vorzustellen, wie er Hort eine Kugel in die Stirn schoss, das saubere Eintrittsloch, das kurze Hervorquellen der Augen durch die Kavitation im Schädel, das sofortige Verlöschen jeglichen Ausdrucks, das Erschlaffen des Körpers … Etwas in ihm rebellierte dagegen.
Was sollte er danach anfangen? Hort würde natürlich ersetzt werden, aber es war kaum vorstellbar, dass die Dinge je wieder so wurden wie zuvor. Er hatte Angst davor, eine Art Vatermord zu begehen und von seinem Gewissen geplagt zu werden. Seine Kameraden in der Eliteeinheit würden spüren, dass er eine Art urtümliche Sünde auf sich geladen hatte. Er würde das Kainsmal tragen, auf ewig verdächtig, immer ein Außenseiter.
Nein. Er war nicht so wie Larison und Rain, und das wollte er auch gar nicht. Er hatte eine Menge Leute getötet, die meisten davon im Nahkampf, aber wenn es nicht in Notwehr geschehen war, hatte er Befehle ausgeführt. Er gehörte etwas Größerem an, warum sollte er sich das verderben? Und wer war überhaupt dieser Larison? Ein gewiefter Agent, ja, aber gleichzeitig eine tickende Zeitbombe, ein Renegat. Und Rain kam ihm langsam vor wie ein grenzwertiger Soziopath. Dox, der war ein Clown, zu dumm, um es besser zu wissen. Was sie taten, taten sie für Geld, käufliche Söldner. Hatte er tatsächlich ernsthaft in Betracht gezogen, sich gegen Hort zu stellen, gegen seine Einheit, um gemeinsame Sache mit dieser Truppe von Blindgängern zu machen?
Und dann erkannte er plötzlich einen Ausweg. Eine Möglichkeit, sich selbst zu schützen, Teil der Gruppe zu bleiben und sich von Rain, Larison und Dox zu lösen. Alles zur gleichen Zeit.
»Sie könnten recht haben«, übertönte Rain die Zuggeräusche. »Aber trotzdem möchte ich Finch erledigen. Dafür wurde ichengagiert und es ist nicht meine Angewohnheit, mich gegen einen Auftraggeber zu stellen, bloß weil mir ein anderer einen größeren Zahltag verspricht, selbst in dieser Größenordnung. Wenn Sie und Treven mitmachen wollen, teilen wir das Honorar zu dreihunderttausend pro Nase auf. Ansonsten kommen Dox und ich auch alleine zurecht und wir gehen in aller Freundschaft auseinander.«
Larison sagte: »Sie machen einen Fehler.«
»Sind Sie bei dem Finch-Job dabei?«, fragte Rain.
Larison wandte kurz den Blick ab, als müsste er nachdenken. Dann meinte er: »Was würden Sie tun, wenn Sie sicher wären, dass Hort wegen Shorrock und Finch gelogen hat? Über die ganzen Hintergründe?«
Rain schwieg.
»Ja«, sagte Larison. »Dachte ich mir schon. Na gut, ich mache mit bei dem Finch-Job. Weil Sie über kurz oder lang gegen Hort dabei sein werden.«
Später, nachdem sie sich getrennt hatten, machte Treven einen langen ›Gegenaufklärungsgang‹, um festzustellen, ob man ihm folgte. Als er sicher war, allein zu sein, rief er Hort von einem Münztelefon neben einer Tankstelle an. Hort hob mit seinem typisch unverbindlichen »Ja?« ab.
»Ich bin es«, sagte Treven.
Eine Pause, dann: »Schön, von Ihnen zu hören, mein Sohn. Gute Arbeit in Las Vegas.«
»Damit hatte ich nicht viel zu tun.«
»Hätten Sie es mit weniger Mitspielern über die Bühne bringen können?«
»Wahrscheinlich nicht, nein.«
»Dann wäre es ohne Sie nicht machbar gewesen. Was der Grund ist, warum ich Sie von Anfang an dabei haben wollte.«
Treven antwortete nicht. Es kam ihm so vor, als wäre er aneiner entscheidenden Weggabelung angelangt. Für welche Abzweigung er sich auch entschied, es gab kein Zurück. Niemals.
»Was haben Sie auf dem Herzen, mein Sohn?«, fragte Hort.
Treven holte tief Luft. »Da ist etwas, das Sie wissen müssen«, begann er.
Teil
Zwei
Wenn man auf der einen Seite vor hartnäckigen nationalen Problemen steht, und auf der anderen ein dynamisches und kompetentes Militär besitzt, ist es überaus verführerisch, dieses Militär als kosteneffiziente Lösung zu betrachten.
Charles J. Dunlap
Ich beginne zu glauben, dass der Nationalregierung nur ein einziger Weg
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