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Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)

Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)

Titel: Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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beide Örtlichkeiten und die Wege dazwischen erkundet hatte. In der Toilette des
Xpedit
mochte sich eine Gelegenheit eröffnen. Oder, vorausgesetzt Capps und Finch verabschiedeten sich im Restaurant und sie begleitete ihn nicht zum Hotel zurück, vielleicht in einem finsteren Straßenabschnitt oder einer Gasse dazwischen. Wofür ich mich auch entschied, ich wollte wenn möglich vermeiden, das Zyanid zu verwenden, das uns Horton in einem toten Briefkasten am Fuß der Mozartstatue im Burggarten hinterlassen hatte. Inzwischen hatten wir es wie in einem Spionageroman von John le Carré abgeholt. Ich war mir nicht ganz sicher, warum es mir widerstrebte, die tödliche Chemikalie einzusetzen. Vielleicht lag es daran, dass sie eine ständige Gefahrenquelle darstellte. Vielleicht mochte ich mich auch einfach nicht so sehr nach Horton richten, wie er es erwartete. Oder es war nur ein perverser Stolz auf meine Fähigkeit, den Job in direktem Kontakt zu erledigen, was sonst fast niemand konnte.
    Zunächst überprüfte ich das Restaurant und sah sofort, dass es ziemlich ungeeignet war. Es handelte sich um einen großen, offenen, L-förmigen Raum mit riesigen Fenstern, die auf die Straße hinausgingen. An der Tür stand eine Hostess und dashieß, dass ich nicht ungesehen hineinschlüpfen konnte, um mich vor Ort umzusehen, ohne dass sie sich später an mich erinnerte. Eine Hostess war auch ein Indiz dafür, dass man reservieren musste. Sicher akzeptierten sie prinzipiell auch Laufkundschaft, aber jetzt war das Restaurant ziemlich voll. Wenn ein Tisch frei wurde, konnte ich Dox oder Treven drinnen postieren, möglichst so, dass sie Finch und Capps im Blick hatten. Oder ich konnte mich draußen auf die Lauer legen, die beiden durch die großen Fenster beobachten und dann Finch rasch folgen, wenn er auf die Toilette ging. Aber dazu hätte ich wiederum die Hostess bitten müssen, die Toilette benutzen zu dürfen, und das genau zu dem Zeitpunkt, an dem, wie sich später herausstellen würde, einer ihrer Gäste dort zu Tode gekommen war. Und wenn es nicht klappte, weil sich beispielsweise noch ein anderer Gast auf der Toilette aufhielt, würde Finch mich sehen, und das erschwerte es mir, ihm später noch einmal nahe genug zu kommen.
    Ich stellte enttäuscht fest, dass es auf dem Weg zum Hotel keinen geeigneten Ort gab, selbst wenn ich Finchs genaue Route gekannt und ihm dort hätte auflauern können. Aber als ich das Hotel selbst erreichte, atmete ich auf. Nennen Sie es von mir aus Feng-Shui: die Schwingungen für ein Attentat waren einfach besser. Der Eingang befand sich in der Mitte eines alten Gebäudes mit Balustraden, das einen ganzen Block einnahm. Es gab keinen Portier, keinen Hotelpagen und keine Zufahrt, lediglich eine dunkle Holztür unter einer orangefarbenen Markise. Rechts davon lagen ein Tabakhändler und eine Eisenwarenhandlung, links ein Bekleidungsgeschäft, die jetzt alle geschlossen hatten. Geparkte Autos säumten die Straße und präsentierten Versteckmöglichkeiten in der Nähe des Hoteleingangs. Ich sah keinen einzigen Passanten und verglichen mit dem Trubel in der Ringstraße war dieser Stadtteil praktisch ausgestorben.
    Ich ging einmal um den Block und meine Schritte auf demPflaster waren das einzige Geräusch. Um die Ecke lagen ein Restaurant und zwei Cafés, aber sie waren klein und wurden vermutlich hauptsächlich von Leuten aus der unmittelbaren Nachbarschaft frequentiert. Ansonsten gab es nur Wohnungen und ein paar Läden, die jetzt geschlossen waren. Ich sah nirgends Überwachungskameras und war froh, dass Wien nicht so mit den Dingern zugepflastert war wie Tokio, London und zunehmend auch die größeren amerikanischen Städte.
    Ich trat durch die Tür und machte mich gefasst darauf, in stark japanisch akzentuiertem Englisch um die Erlaubnis zu bitten, die Toilette benutzen zu dürfen. Überrascht stellte ich fest, dass ich mich noch gar nicht im eigentlichen Hotel befand. Der Eingang führte anscheinend zu dem gesamten Apartmentkomplex. Rechts von mir befand sich eine weitere dunkle Holztür mit dem charakteristischen Orange des Hotels, vor mir verlief eine lange Flucht breiter Steinstufen in die Höhe, die um einen Treppenabsatz herum weiter nach oben führte. Wie viele Leute kamen hier wohl in der Nacht durch? Eher wenige, vermutlich, und je länger Finch sich beim Abendessen aufhielt, desto größer wurde die Wahrscheinlichkeit, dass wir bei seiner Rückkehr ins Hotel den ungestörten Moment bekommen

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