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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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wussten. Diane hatte ihm erklärt, er sei verrückt, in diese Wohnung im Ortszentrum zu ziehen, in die unmittelbare Nähe von Menschen, die wussten, wer er war, und eventuell Gründe hatten, ihn zu hassen. Aber bisher hatte er keine Probleme damit gehabt. Jedenfalls bis heute Abend nicht.
    »Sie sehen auf einmal viel fröhlicher aus«, meinte Cooper.
    »Was?«
    »Sie lächeln mehr. So viel haben Sie nicht gelächelt, als Sie kamen.«
    »Muss daran liegen, dass ich mich bei Ihnen wohl fühle.«
    »Tatsächlich?«

    »Na ja, Sie sind ein guter Zuhörer. Aber vermutlich sagen Sie jetzt, dass Sie auch das in Ihrem Job gelernt haben.«
    Cooper stellte seinen Becher ab. »Sie kommen jetzt besser zur Sache und sagen mir, was Sie von mir wollen.«
    »Oh …«
    Er spürte, wie er allmählich die Geduld verlor. Angie platzte unaufgefordert und ohne stichhaltige Erklärung in sein Privatleben. Er war nicht verpflichtet, den ganzen Abend lang höflich auf sie einzugehen, wenn er nicht wollte.
    »Es hat keinen Sinn, so zu tun, als würden Sie nichts von mir wollen«, sagte er. »Ich bin sicher, Sie würden sich nicht die Mühe mit den Gelben Seiten gemacht und Farmer namens Cooper angerufen haben, wenn Sie nichts von mir wollten, Angie. Deshalb will ich jetzt keine weiteren Ausflüchte hören. Kommen Sie zur Sache, und sagen Sie mir, was Sie wollen. Dann kann ich ›nein‹ sagen und mein Leben weiterleben.«
    Angie schaute auf ihren Kaffeebecher. Sie umklammerte ihn immer noch mit beiden Händen, obwohl er gesehen hatte, wie sie vor ein paar Minuten die letzten Tropfen daraus getrunken hatte. Ihre Knöchel traten weiß und angespannt hervor. Nervös glitten ihre Finger über das glatte Porzellan und fuhren die leicht erhöhten Umrisse von Homer und Marge nach, folgten den Umrissen, ständig in Bewegung. Widerwillig stellte Cooper fest, dass er sich nicht länger beherrschen konnte.
    »Haben Sie in der letzten Zeit mit Diane gesprochen?«, fragte er gereizt.
    Angie schüttelte den Kopf.
    »Wann? Nicht mehr, seit Sie von Warley weg sind?«
    »Nein.«
    »Aber das ist doch schon jahrelang her.«
    »Fünfzehn Jahre.«
    Cooper unterdrückte einen Ausruf. Es überstieg sein Verständnis, wie Schwestern fünfzehn Jahre lang keinen Kontakt
zueinander haben konnten. Aber es passierten merkwürdigere Dinge in Familien.
    »Ich weiß, dass Diane Sie sucht«, sagte er. »Vor allem in letzter Zeit hat sie besonders intensiv nach Ihnen gesucht. Sie hat mir mal erzählt, sie sei hauptsächlich deswegen nach Derbyshire gekommen, weil es ihr gelungen war, Ihre Spur bis nach Sheffield zu verfolgen. Näher scheint sie Ihnen nicht gekommen zu sein.«
    »Ja, ich weiß, dass sie nach mir sucht.«
    Coopers Ungeduld wuchs. »Na, wenn Sie das wissen, wo ist dann das Problem? Sie haben mich aufgetrieben, da müsste es doch um vieles einfacher sein, Diane zu finden. Was wollen Sie von mir? Soll ich für Sie mit Diane reden? Soll ich ein Treffen arrangieren? Sie wollen die Sache schrittweise angehen. Machen Sie sich darüber Sorgen? Ich weiß, dass es für Sie beide ein Schock sein wird nach so langer Zeit.«
    Angie hörte ihm mit trotzigem Blick zu. »Nein. Sie haben das falsch verstanden«, sagte sie. »Völlig falsch.«
    »Was dann?«
    Plötzlich beugte sie sich vor. Ihr schmales Gesicht war so nah, dass er weder dem Blick ihrer hellen Augen ausweichen noch die winzigen Linien übersehen konnte, die sich wie ein dichtes Netz um ihre Augen spannten, eingegraben von jahrelangem Schmerz.
    »Ich will, dass Sie ihr klar machen, dass ich sie niemals mehr wiedersehen will«, sagte sie. »Ich will, dass Sie ihr sagen, dass sie mich in Ruhe lassen soll.«
    Cooper ließ sich zurücksinken. Die plötzliche Heftigkeit in ihrer Stimme schockierte ihn. »Das ist nicht Ihr Ernst.«
    »Nicht mein Ernst?« Sie knallte den Becher auf den Tisch; es hörte sich an wie ein Schuss aus einem Luftgewehr. »Glauben Sie mir, ich will meine kleine Schwester nicht in meinem Leben haben. Und ich bin verdammt sicher, dass sie mich in ihrem auch nicht mehr brauchen kann. Aber das kann ich ihr unmöglich
selbst sagen. Sie ist so dämlich und so dickschädelig, dass sie mir nicht glauben würde. Ich weiß aus eigener Erfahrung von früher, dass sie nur das glaubt, was sie hören will, und dass ich in ihren Augen nie etwas falsch machen kann. Sie hat mich nie so gesehen, wie ich wirklich bin, ganz gleich, wie sehr ich mich auch darum bemüht habe.«
    »Menschen ändern sich in fünfzehn

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