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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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Jahren«, sagte Cooper ruhig.
    »Glauben Sie, sie hat sich verändert? Oder würden Sie sagen, dass sie immer noch die alte Diane ist?«
    Er setzte sich zurück. »Weiter.«
    »Aber Sie könnten sie davon überzeugen, nicht wahr? Ihnen würde Diane glauben. Wie man hört, sind Sie ein Mann, der daran glaubt, die Wahrheit zu sagen. Stimmt das? Oder sind Sie auch nur einer von denen, die mich wie den letzten Dreck behandeln?«
    »Wer bin ich, um eine gegenteilige Entscheidung für sie zu treffen, wenn Diane Kontakt zu Ihnen aufnehmen will?«
    »Es ist nicht Ihre Entscheidung, es ist meine. Und ich bin ihre große Schwester, also muss ich es am besten wissen.« Angie seufzte. »Okay. Was kann ich tun? Hören Sie mir zu, wenn ich Ihnen die ganze Geschichte erzähle?«
    Cooper zögerte. Aus dem Wenigen, das Diane ihm erzählt hatte, wusste er nicht, ob er das wirklich erfahren wollte. Aber was hätte er jetzt mit dem Abend anfangen sollen?
    »Wie Sie schon sagten, ich bin ein guter Zuhörer.«
    Und so begann Angie zu erzählen, fünfzehn, zwanzig Minuten lang, unterbrochen von häufigen Pausen. Cooper erfuhr von dem jungen Mädchen, das gegen ihre familiäre Situation aufbegehrt hatte, das verzweifelt dem Albtraum hatte entfliehen wollen, in dem es gefangen war. Jeder Weg, der nach drau ßen führte, musste Angie verlockend erschienen sein. Aber sie war nur von einer Falle in die nächste getappt.
    »Das Jugendamt nahm sich unser an. Ich war elf und Diane
neun Jahre alt. Sie sagten, meine Eltern hätten mich missbraucht. Klar haben sie das. Auf jeden Fall mein Dad, und meine Mum wusste davon. Es hat keinen Sinn, so zu tun, als sei nichts passiert.«
    »Und Diane auch?«, fragte Cooper.
    Angie zögerte. »Hat sie das gesagt?«
    »Sie sagt, sie kann sich nicht erinnern.«
    »Ja, klar.« Aber dann änderte sich ihr Tonfall. »Na, sie war ja noch ein Kind. Vielleicht kann sie sich wirklich nicht erinnern. Aber jetzt sehen Sie, warum ich weiß, dass sie sich nicht verändert hat. Die Angst sitzt zu tief.«
    »Sie kamen zusammen zu einer Pflegefamilie?«
    »Ja. Aber ständig haben sie uns herumgeschoben, so oft, dass ich gar nicht mehr weiß, wo wir überall waren. Es lag an mir, dass wir nirgends länger blieben. Ich war immer für Ärger gut. Aber Di sah das anders. Bei der Vorstellung, von mir getrennt zu werden, rastete sie völlig aus. Ich habe das irgendwann nicht länger ausgehalten. Mit sechzehn bin ich von unserer letzten Pflegefamilie abgehauen und nie mehr zurückgekehrt. Seitdem habe ich Diane nicht mehr gesehen. Und das ist auch besser so, glauben Sie mir.«
    »Soviel ich weiß, haben Sie damals schon Heroin genommen«, sagte Cooper.
    »Dann hat sie Ihnen das auch erzählt? Sie muss wirklich viel von Ihnen halten, Ben.«
    »Ich glaube, das ist ihr nur so herausgerutscht.«
    Angie zog die Augenbrauen hoch. »So, ja? Meiner kleinen Schwester rutscht nie etwas heraus, es sei denn, sie hat einen Grund.«
    »Mag schon sein.«
    »Auf jeden Fall haben Sie Recht. Ich habe damals alles Mögliche aus dem Haus mitgehen lassen und verhökert, um den Stoff zu bezahlen. Ich habe unsere Pflegeeltern bestohlen. Deswegen gab es ja so viel Stress. Sie wurden nicht damit fertig,
dass das meine Art war, Dankbarkeit zu zeigen. Die ganze Zeit über hatte ich nur diese Scheiße im Kopf, bis ich dachte, ich kotze ihnen gleich auf ihren Axminster-Teppich. Das Einzige, woran ich denken konnte, war der nächste Schuss. Wissen Sie, solange man seinen täglichen Fix hat, ist einem jeder andere scheißegal. Für einen Schuss nützt man jeden aus, klaut und stiehlt. Es heißt immer, es ist die Nadel, die manche süchtig macht, nicht der Stoff. Sie nennen es Nadelfieber. Deswegen war es besser, dass ich weg bin – auch besser für Di. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, sie könnte denselben Weg einschlagen wie ich.«
    Wieder starrte Angie an die Decke, statt Cooper anzusehen. Wie er erwartet hatte, waren ihr die Tränen in die Augen geschossen, während sie erzählt hatte. Sie machte keinerlei Anstalten, sie wegzuwischen, und so rannen sie über ihr Gesicht.
    »Dann waren Ihnen aber nicht alle Menschen egal«, sagte Cooper.
    Angie wurde rot. »Versuchen Sie nicht, mich in die Enge zu treiben. Ich erzähle es Ihnen so, wie es war. Aber Sie müssen wissen, ganz gleich, wie stark Sie sind, Heroin ist stärker. Ich hatte oft genug einen kalten Turkey und war auf Entzug.Wissen Sie, wie lange Sie bei der Drogenberatung warten müssen, bis Ihnen

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