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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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Hier symbolisch die Ratte. Und die geschwärzten Gesichter dienen zur Tarnung.«
    »Nathan Pidcock«, sagte Cooper.
    »Wie bitte?«
    »Der wurde ermordet, aber nicht symbolisch. Der Mord war echt.«
    Cooper sah zu Eric Oxley hinüber, der bei den Musikern stand und den Tanz beobachtete. Eric hatte gesagt, dass an dem Abend, an dem Neil ermordet wurde, Fremde im Pub waren. Was für Fremde? Hatte er Lastwagenfahrer damit gemeint? Aber die stellten ihre Lkws immer in den Parkbuchten an der A628 ab und legten bestimmt nicht den weiten Weg zu Fuß bis nach Withens zurück. Oder waren die Fremden Wanderer auf der Euroroute E8 gewesen? Möglicherweise. Aber Eric Oxley würde sich doch sicher nicht wegen ein paar Wanderern Gedanken machen, die durch das Dorf kamen, selbst wenn sie einen ausländischen Akzent hatten. Es war durchaus möglich, dass er mit »Fremden« Leute von der anderen Seite des Berges, die zu Yorkshire gehörte, gemeint hatte. Diese enge Sicht der Dinge hielt sich hartnäckig in einigen isoliert liegenden Tälern im Norden Englands. In Longdendale war selbst Cooper ein Fremder.
     
     
    Wenige Minuten später war Cooper bei seinem Wagen und wappnete sich innerlich gegen den Kampf, behindert von Touristen und Umleitungen, einen Weg aus Edendale zu finden. Er kam dabei am Kricketfeld vorbei, wo die erste Partie der Saison stattfand. Wegen eines Staus vor ihm blieb ihm nichts anderes übrig, als vom Wagen aus zuzusehen, wie sich die Spieler auf dem Sportplatz bewegten.
    Aus der Entfernung sahen die Kricketspieler in ihrer weißen Sportkleidung aus Flanell auf verblüffende Weise den Moriskentänzern ähnlich. Einige Spieler hatten Hüte auf dem Kopf, die Schlagmänner waren gepolstert und trugen ihr Schlagholz
über der Schulter. Viele hatten sogar Bärte und einen Bierbauch. Cooper sah, wie sie ihre Plätze auf dem Feld einnahmen und mit den ersten Durchgängen begannen. Bereits nach einigen Schlägen schien das gesamte Feld in die Luft zu springen und einen kollektiven Schrei auszustoßen. Der Fänger holte ein Taschentuch heraus und wischte sich damit über die Stirn. Nach sechs Bällen wechselten alle die Position.
    Für ein ungeübtes Auge sah das alles gleich aus. Die Rituale unterschieden sich nicht sonderlich. Das Spielfeld hier war sorgfältig präpariert und markiert. Wie hatte Reverend Alton diesen geheiligten Raum noch mal genannt? Richtig, Temenos hatte er gesagt. Cooper zweifelte nicht daran, dass auch die Kricketspieler ihr Geviert als heilige Fläche erachteten, die angebetet und beschützt werden musste und für das wöchentliche Ritual reserviert war. Und die erste Partie auf dem heiligen Boden markierte das Ende des Winters und den Beginn des Frühjahrs, die Wiedergeburt ihrer Hoffnungen auf eine erfolgreiche Saison. Später würden sie womöglich mit einer reichen Ernte aus Trophäen und Medaillen gesegnet werden. Oder vielleicht auch nicht, wie im Fall von Edendale.
    Cooper warf einen Blick zum Himmel. Es sah nach Regen aus.
     
     
    Lucas Oxley steckte noch in seinem Rattenkostüm, aber Diane Fry spähte ungeniert in das Maul, wo sie ein schweißglänzendes, hellrotes Gesicht erblickte.
    »Mr Oxley?«, fragte sie.
    »Wer sind Sie?«
    »Detective Sergeant Fry. Würden Sie bitte das Kostüm ablegen, damit ich mit Ihnen reden kann?«
    »Ich kann nicht.«
    »Bitte?«
    »Ich kann mich in der Öffentlichkeit nicht ohne Kostüm blicken
lassen. Das zerstört die Illusion. Ich muss mich immer im Pritschenwagen umziehen.«
    »Hier sieht doch keiner zu. Sie sind alle weg und schauen sich was anderes an.«
    »Außerdem habe ich darunter nichts an. Das wird sonst zu heiß.«
    »Verstehe.«
    Fry warf Gavin Murfin einen Blick zu, der zu kichern anfing. Er stand neben dem aufgerollten Rattenschwanz und sah aus, als wollte er gleich darauf treten.
    »Und außerdem brauche ich dringend ein Bier«, fuhr Lucas fort. »Was wollen Sie eigentlich von mir?«
    »Gestern hat es einen Vorfall in Hey Bridge gegeben, Sir. Es liegen uns Beschwerden wegen Sachbeschädigung und Nötigung vor.«
    »Ach, das. Wir haben nur geübt. Wir nennen so etwas einen Überfall.Wir tauchen irgendwo auf, wo keiner mit uns rechnet. Das ist so Tradition.«
    »Wieso hatten Sie Mr Alton dabei?«, fragte Fry.
    »Den Pfarrer? Weil er mitkommen wollte. Seit er in Withens ist, will er unbedingt bei den Border Rats mitmachen. Er schaut uns immer bei den Proben zu und übt die Bewegungen und Worte bei sich in der Kirche ein. Er ist ganz

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