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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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blieb nicht stehen und sprach die Frau nicht an. Sie ging an ihr vorbei bis zum Ende des Blocks, wo sie stehen blieb und in einen leeren Blumenladen starrte. Für wenige Sekunden waren sie eine andere Straße in einer anderen Stadt und in einer anderen Zeit entlanggegangen. Eine jüngere Ausgabe von Diane Fry, die in jedes Gesicht blickte, das vorüberging, in der Erwartung, eine andere Person zu sehen. Aber es funktionierte nie, wenn sie versuchte, Geister zu sehen. Damals nicht und jetzt auch nicht.

    Fry hörte, wie sich die Schritte der Frau hinter ihr entfernten, wie sich eine Tür öffnete und schloss. An der Ecke hupte ein Auto und fuhr mit quietschenden Reifen davon, und sie stellte fest, dass sie nicht mehr wusste, wo sie sich befand.
    Aber am schlimmsten war, dass sie vergessen hatte, weshalb sie versuchte, jemanden zu sehen, der nicht da war.
     
     
    Irgendwie war Ben Cooper in einen Raum geraten, dessen Wände weiß gefliest waren. Viele der Fliesen waren von winzigen Rissen überzogen, die wirre Muster bildeten und in denen sich im Lauf der Jahre Schmutz festgesetzt hatte. Lediglich zwei kleine Fenster über denTüren, die auf die Straße hinausführten, ließen etwas Licht herein, und sogar diese Fenster waren noch voller Spinnweben und mit einem Maschengeflecht gesichert. Vor den Türen stand ein weißer Landrover mit offener Motorhaube. Im Inneren des stickigen Raumes stank es erbärmlich nach dem abgestandenen Inhalt alter Ölwannen.
    Cooper machte einen Schritt in die Garage und blieb stehen. Hier war er eindeutig falsch. Den ganzen Tag über war schon alles schief gelaufen, und es wurde immer schlimmer. Entweder war er zu müde oder zu abgelenkt, um sich richtig konzentrieren zu können, sonst wäre er nie hier gelandet.
    Was für eine Bruchbude. Die Fliesen verliehen der Garage das Aussehen einer öffentlichen Bedürfnisanstalt. Das heißt, so wie sie früher gewesen war, ehe zunehmende Zerstörungswut die Gemeinderäte gezwungen hatte, kosteneffektiver zu bauen. Unverkleideter Leichtstein und poliertes Aluminium diktierten heutzutage den Stil.
    Doch es war der Geruch, der Cooper am meisten zusetzte, bis ihm die Hände juckten. Er hatte schlagartig das Gefühl, fettverschmierte Finger und ungepflegte Fingernägel zu haben, rissig und mit schwarzen Schmutzrändern. Der Geruch nach Öl hatte die Nervenbahnen in seinem Gehirn stimuliert und Erinnerungen an die vielen Male wachgerufen, die er sich unter
der Motorhaube eines ähnlichen Landrovers oder manchmal auch eines David-Brown-Traktors zu schaffen gemacht hatte. Er spürte förmlich das kalte Metall an seinen Fingern, die taub vor Kälte waren, da damals anscheinend immer Winter gewesen war. Und er glaubte, den rauen Stoff der alten blauen Overalls zu spüren, deren Ärmel an den Handgelenken umgeschlagen waren, da sie ihm immer mehrere Nummern zu groß waren.
    Die meiste Zeit hatte der junge Ben nicht die geringste Ahnung gehabt, was er mit diesen Motoren anstellen sollte. Aber er hatte es genossen, gemeinsam mit anderen daran herumzubasteln, sei es mit seinem älteren Bruder Matt oder mit seinem Onkel John. Oder – wenn auch selten – sogar mit seinem Vater. Joe Cooper hatte allerdings nur wenig Geduld gehabt mit seinem zwar hilfsbereiten, aber unerfahrenen Sohn und ihm den Schraubenschlüssel bereits aus der Hand gerissen, wenn es auch nur so aussah, als könnte er ihn in die falsche Richtung drehen. Doch es hatte etwas seltsam Verbindendes, gemeinsam mit anderen verschmutzte Zündkerzen oder verstopfte Einspritzdüsen zu säubern. Allein schon der Klang dieser Wörter genügte, um ein nostalgisches Lächeln auf Coopers Gesicht zu zaubern.
    Einem dünnen Lichtschein folgend, ging Cooper in den hinteren Teil der Garage und gelangte in eine Werkstatt. Zwei Männer saßen dort und hielten Teebecher in Händen. Der eine trug einen Overall, der andere, der neben ihm auf einer Bank saß, eine gelbe Uniformjacke und die Schirmmütze eines Verkehrspolizisten. Beide sahen Cooper verblüfft an. Der Verkehrspolizist zuckte zusammen und verschüttete etwas Tee auf seine Uniformhose.
    »Können wir Ihnen helfen?«, fragte der eine im Overall.
    »Ich war hier oben im Haus bei einer Besprechung und muss mich irgendwie verlaufen haben«, erklärte Cooper. »Können Sie mir den Weg nach draußen zeigen?«

    »Sind Sie von der Kripo?«
    »Ja.«
    »Dachte ich mir.«
    »Ich bin Detective Constable Cooper aus Edendale.«
    Der Ausdruck auf dem Gesicht des

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