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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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hatten sie mit ihrer Ausrüstung zu Fuß weitergehen müssen. Es gab keine Möglichkeit, Wasser auf den Gipfel zu pumpen.
    »Da ist der Luftschacht, Sir«, sagte Brandmeister Beardsley.
    Brandinspektor Whittingham blieb stehen und spähte in die Dunkelheit. »Das ist der Falsche«, entgegnete er. »Erst beim nächsten Luftschacht stoßen wir wieder auf den Weg.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Also, wenn nicht, wo ist dann der Landrover?«
    »Stimmt.«

    Als sie sich dem nächsten Luftschacht näherten, bat Beardsley um eine Pause.
    »Ich bin fix und fertig«, stöhnte er. »Die Ausrüstung bringt mich um.«
    »Na gut, aber nur kurz.«
    Beardsley schnallte seinen Wasserbehälter ab und ließ ächzend die Schultern kreisen.
    »Eigentlich hätten sie ja den Hubschrauber losschicken können«, meinte er.
    »Wir sind billiger«, erwiderte Whittingham. »Außerdem nützt der nichts, um die neuralgischen Stellen feucht zu halten.«
    Auf dem Flughafen von Barton hatte ein Hubschrauber bereitgestanden, um aus dem Stausee von Longdendale Wasser aufzunehmen und über den Brandherden abzuwerfen, war aber nicht abgerufen worden. Und jetzt benötigten sie ihn auch nicht mehr. Im Moor konnte ein Feuer in den tieferen Schichten über mehrere Monate lang vor sich hinschwelen, und deshalb mussten die Feuerwehrleute tiefe Gräben in den Torf ziehen, um der problematischen Stellen Herr zu werden.
    »Moment mal, was ist das denn?«, fragte Beardsley.
    Whittingham starrte angestrengt in die Dunkelheit. »Sie meinen wohl eher, ›wer‹.«
    Neben dem Luftschacht lag ein Mann, auf der Erde ausgestreckt, den Kopf zur Seite geneigt, als würde er schlafen.
    »Bestimmt ein Wanderer«, meinte Whittingham. »Die Ecke hier ist öffentlich zugänglich. Die Leute kampieren hier überall.«
    »Alles in Ordnung, Kumpel?«, rief Beardsley.
    »Er schläft.«
    »Das glaube ich weniger. Er hat keinen Schlafsack dabei, und sonst auch nichts.«
    »Das macht ihnen wenig aus.«
    »He, aufstehen, Kumpel. Aufwachen.«
    Aus irgendeinem Grund zögerten beide Feuerwehrmänner,
sich dem schlafenden Mann zu nähern. Sie blieben auf Abstand, als befürchteten sie, seine Privatsphäre zu verletzen oder mit ihren Stiefeln und den raschelnden, feuerfesten Overalls zu viel Lärm zu machen.
    »Glauben Sie, dass er vom Feuer überrascht wurde?«, fragte Beardsley.
    »Wieso?«
    »Ich weiß nicht. Er sieht irgendwie komisch aus. Wir sollten die Sanitäter rufen.«
    »Moment mal, erst schauen wir selbst nach.« Whittingham legte seine Ausrüstung ins Heidekraut, beugte sich über den auf dem Bauch liegenden Mann, fasste ihn an der Schulter und rüttelte ihn. Keine Reaktion.
    »Doch die Sanitäter, Sir?«, fragte Beardsley.
    »Dafür ist es zu spät, fürchte ich. Er ist tot.«
    »Nein? O Gott, muss uns dieser Typ die Pause vermiesen?«
    »Haben Sie Licht?«
    Beardsley richtete seine Taschenlampe auf die Gestalt. »He, da ist Blut«, rief er.
    »Ja, ich weiß, Beardsley. Leuchten Sie mal auf sein Gesicht.«
    Der Strahl der Taschenlampe wanderte über das Gesicht und tastete über dunkle Höhlen, wo die Männer mit weiß reflektierender Haut gerechnet hätten.
    »Scheiße, Scheiße«, stöhnte Beardsley. »Was ist mit seinen Augen passiert? Ich kann sie vor lauter Blut nicht sehen. Und sein Gesicht ist ganz schwarz. Ist er verbrannt?«
    Whittingham beugte sich noch etwas weiter über die Gestalt und zog seinen rechten Handschuh aus. Sachte berührte er mit dem Finger das Gesicht des toten Mannes, darauf achtend, nicht in die blutigen Stellen zu fassen, wo die Augen sein sollten.
    »Nein«, sagte er. »Ich denke, das hat er selbst gemacht.«

9
    Sonntag
     
     
    D ie Sonntagvormittage verbrachte Ben Cooper auf dem Schlachtfeld. Sobald sie die Türen öffneten, war es, als würde man aus den Schützengräben hechten. In den Minuten angespannten Wartens konnte er das Weiße in den Augen der Leute ringsum sehen und spüren, wie ihre Erregung stieg. Fünf vor zehn, und noch immer kein Lebenszeichen von jenseits der Glastüren.
    Als er das erste Mal an einem Sonntagvormittag für seinen wöchentlichen Einkauf zu Somerfield’s fuhr, dachte er, er wäre der einzige Kunde in dem Supermarkt. Aber er war mitnichten der Einzige, der um diese Zeit Einlass begehrte. Vor den Türen wartete bereits ein kleines Grüppchen.
    Nach den ersten paar Malen stellte Cooper fest, dass er jede Woche dieselben Gesichter sah: den Mann mit der Jeans, die so ausgebeult war, dass sie ihm mit Sicherheit nie

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