Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
Vom Netzwerk:
heruntergekommener Fabrikgebäude. Aber weiter vorne konnte Fry aufblendende Autoscheinwerfer und eine belebte, hell erleuchtete Straße sehen, auf der permanent Fahrzeuge fuhren und die von Reihenhäusern gesäumt war. Das bläuliche Licht flackernder Fernsehapparate war durch die Vorhänge zu erkennen, und in den oberen Stockwerken waren schemenhafte Gestalten hinter den Lampen auf den Fensterbrettern zu sehen. Eine der Fabriken legte offensichtlich eine Nachtschicht ein, denn von irgendwoher drang das Rattern von Maschinen an Frys Ohr.
    »Einen Namen?«, wiederholte sie ungeduldig.
    »Sie lebt mit einem Typen namens Akerman zusammen. Johnny Akerman. Mit dem will sich keiner anlegen. Er ist in der Gegend bestens bekannt.«
    »In welcher Gegend?«
    »Hä?«
    »Ich brauche eine Adresse.«
    »Die kann ich Ihnen nicht geben, Schätzchen.«
    »Verschwenden Sie nicht meine Zeit.«
    »Ich kann nicht.«
    »Können oder wollen Sie nicht?«
    Fry spürte, wie er sich zu ihr umdrehte. Sein Knie berührte den Ganghebel. Eine Falte seines Mantels fiel über die Handbremse, und Fry rückte instinktiv ein Stück nach rechts. Der Mann hob beschwörend die Hände. Sein Gesicht war ein blasser Fleck, dem sie nicht entkam. Er versuchte, sie zu zwingen, ihm in die Augen zu schauen, aber sie konnte nicht.
    »Das ist es nicht wert«, sagte er. »Damit könnte ich mir eine Menge Ärger einhandeln. Ich meine, es ist schließlich nichts drin für mich, oder?«
    »O doch«, erwiderte Fry. »Sie werden sich viel besser fühlen, wenn Sie es mir gesagt haben.«
    »Das glaube ich weniger, Schätzchen.«

    Fry drückte den Knopf herunter, um die Zentralverriegelung zu schließen, und griff nach dem Zündschlüssel.
    »Hey, was machen Sie da?«, fragte er.
    »Wir machen jetzt eine kleine Rundfahrt.«
    »Kommt nicht in Frage. Ich steige aus.«
    »Ich würde Ihnen raten, den Sicherheitsgurt anzulegen«, sagte Fry. »Es ist zu unsicher, darauf zu verzichten, wissen Sie.«
    »Um Gottes willen -«
    Sie fuhr vom Randstein weg und lenkte den Wagen in Richtung der Lichter am Ende der Straße.
    »Einigen wir uns auf einen Kompromiss«, schlug sie vor. »Und das ist nur zu Ihrem Besten. Sie sagen, Sie können mir die Adresse von diesem Akerman nicht geben. Okay. Das akzeptiere ich. Deswegen machen wir jetzt eine kleine Spritztour.«
    »Wohin?«
    »Das sagen Sie mir«, meinte sie. »Sie führen mich.«
    Sie konnte förmlich hören, wie es in seinem Gehirn arbeitete. Er überlegte, wie er am besten wieder aus dem Wagen dieser Verrückten herauskam.
    »Rechts, links oder geradeaus an der Ampel?«, fragte sie.
    Er schwieg so lange, dass sie fast die Ampel erreicht hatten und Fry bereits dachte, dass er vielleicht doch nicht mitspielen würde. Aber schließlich war er ein Mann, der auf Fragen keine übereilten Antworten gab.
    »Wenn ich Sie wäre, würde ich links fahren«, sagte er schließlich. »Die Strecke ist schöner.«
    Schweigend fuhren sie eine Weile dahin. Frys Beifahrer sprach nicht viel, sondern wies ihr die Richtung, indem er an Kreuzungen mit der Hand nach links oder rechts zeigte. Wahrscheinlich dachte er, so reinen Gewissens behaupten zu können, dass er ihr nichts gesagt hatte.
    »Halten Sie hier«, befahl er plötzlich.

    »Sind wir da?«
    »Ich steige hier aus.«
    Sie befanden sich in einer Straße mit viktorianischen Reihenhäusern, mit niedrigen Treppen vor den Eingangstüren und geschlossenen Vorhängen. Fry hielt vor einer Reihe Geschäfte, die zum größten Teil mit Brettern vernagelt waren. Nur bei einem asiatischen Gemüsehändler brannte noch Licht.
    »Sind wir da?«, wiederholte sie.
    »Ja«, erwiderte er barsch. »Die rote Tür. Aber falls Sie versuchen sollten, ins Haus zu kommen, sind Sie verrückter, als ich dachte.«
    »Danke für Ihre Fürsorge. Ist rührend.«
    Er stieg aus, knallte die Tür zu und war in Sekundenschnelle in der Dunkelheit verschwunden. Mit langen Schritten eilte er die verlassenen Ladenfassaden entlang.
    Fry hatte nicht die Absicht, das Haus zu betreten. Sie war darauf eingestellt, so lange wie nötig zu warten.
     
    Es sollte zwei Stunden dauern. Als die Frau schließlich erschien, stieg Fry aus dem Wagen und ging auf dem Bürgersteig auf sie zu. Im Gehen schlug sie den Kragen ihres schwarzen Mantels hoch und vergrub das Kinn in ihrem roten Schal. Sie beobachtete die Frau und versuchte, in der Art, wie sie ging, wie sie ihren Kopf hielt oder wie sie schaute, das Mädchen zu erkennen, nach dem sie suchte.
    Fry

Weitere Kostenlose Bücher