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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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umgeben waren. Die Straße hinter ihr – nicht viel mehr als eine Verbindung zwischen zwei Feldwegen – war schmal und verlief ebenfalls zwischen zwei Mauern. Seit sie nach dem letzten Dorf, gleich hinter Chapel-en-le-Frith, abgebogen war, hatte sie keine Häuser mehr gesehen. Sie versuchte, sich Emma Renshaw hier an diesem Ort vorzustellen, aber vergebens. Sie konnte sich keinen Grund denken, weshalb Emma Renshaw hier gewesen sein könnte.
    »Nein, das ergibt keinen Sinn.«
    »Wahrscheinlicher ist, dass jemand an der Straße angehalten und das Handy über die Mauer geworfen hat«, meinte Petty.
    »Davon bin ich überzeugt.«
    »Alles in Ordnung mit Ihnen, Diane?«
    Fry sah die Kollegin von der Spurensicherung erstaunt an. Sie hatte mit Liz Petty bereits mehrmals zusammengearbeitet und lief ihr in der West Street des Öfteren über den Weg. Sie hatten an diversen Tatorten hin und wieder ein Wort gewechselt, und erst kürzlich hatten sie bei der Abschiedsparty des scheidenden Chief Inspectors ihrer Division, Stewart Tailby, nebeneinander in einer Ecke gestanden und zusammen etwas getrunken. Aber nur alte Freunde erkundigten sich in diesem Tonfall nach dem Befinden.
    »Ja, mir geht es gut«, erwiderte sie.
    »Sie kommen mir heute nur etwas niedergeschlagen vor.«
    »Niedergeschlagen?«
    »Irgendwie angefressen. Ich will mich nicht aufdrängen, aber wenn Sie mal was loswerden wollen, Sie wissen schon, dann könnten wir ja mal zusammen was trinken gehen.«
    Fry versuchte, sich zu erinnern, worüber sie auf Mr Tailbys Party gesprochen hatten. Hatte sie etwa einen auf freundlich gemacht? Aber sie hatte Liz Petty doch sicher nichts über ihr Privatleben erzählt.
    »Danke für das Angebot«, sagte sie.
    »Ist schon okay, Diane. Ein Wort genügt.« Petty stand auf und streckte die Beine durch. Dabei raschelte ihr weißer Schutzanzug. »Na gut. Ich packe hier zusammen. Oben in Longdendale haben sie einen unnatürlichen Todesfall und brauchen jemanden, der ihnen hilft.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Fry. »Ich habe es gehört.«
    »Haben Sie mit dem Fall nichts zu tun?«
    »Nein, wie es aussieht, nicht. Ich habe im Moment schon genug um die Ohren.«
    Petty kletterte über die Mauer und fing an, ihre Ausrüstung im Wagen zu verstauen. »Ist wahrscheinlich ohnehin nichts Interessantes«, meinte sie.

    Fry betrachtete nachdenklich die Stelle im Gras, wo Emma Renshaws Mobiltelefon gefunden worden war, und dachte an Emmas Eltern, die auch in diesem Augenblick darauf warteten, dass ihre Tochter nach Hause kam.
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte sie. »Aber wenigstens könnte es was Handfestes sein.«
     
    Die Polizisten, die den Tatort am Luftschacht bewachten, wurden allmählich nervös. Der Ort war schwer zu finden, und es hatte mehrerer Ansätze der Feuerwehr bedurft, sie den Pfad hinaufzulotsen. Ein weiterer Streifenwagen war an der Abfahrt von der A628 postiert, aber bisher ließen der Rest der Truppe – Pathologie, Kripo, Kriminaltechnik und selbst die Einsatzleitung – noch auf sich warten.
    Das langsam einsetzende Tageslicht ließ den Schauplatz noch schauriger erscheinen, als er sich im Schein der Taschenlampen dargeboten hatte. Police Constable Greg Knott war der Beamte, der die meiste Erfahrung mit Toten hatte. Er erkannte am Geruch und am Zustand der näheren Umgebung der Leiche, dass der Tod in diesem Fall schon vor längerer Zeit eingetreten war. Die bei der Zersetzung der Leiche entstehenden Gase hatten bereits begonnen, den Inhalt des Magens und der Gedärme aus dem Körper zu treiben, und das aus Nase und Ohren gesickerte Blut des Opfers erzeugte weitere Verwirrung hinsichtlich seiner erlittenen Verletzungen.
    Am schlimmsten waren die Augen. Dort, wo sie eigentlich sein sollten, starrten dickeTümpel schwarz verklumpten Blutes, die perfekt mit der unnatürlichen Gesichtsfarbe des Opfers harmonierten, die Polizisten an.
    Mit jeder Sekunde, die verstrich, machte PC Knott sich grö ßere Sorgen, er könnte etwas Wichtiges vergessen haben. Ausgerechnet am Ende ihrer bisher so langweiligen und eintönigen Nachtschicht hatten Knott und sein Partner noch einen interessanten Auftrag hereinbekommen. Sie waren die ersten Polizeibeamten
am Tatort mit einer Leiche mit ungeklärter Todesursache. Und das brachte Verantwortung mit sich. Sie wussten, dass alles, was sie taten oder unterließen, Einfluss auf den Verlauf der zukünftigen Ermittlungen haben konnte, falls es tatsächlich Mord sein sollte.
    Ihre erste Pflicht bestand

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