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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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außer …«, er kam ganz nah an Rebekkas Ohr, und sie roch seinen Martini -Atem, »… deine lieben Angestellten schalten eine für dich.«
    Erik drückte Rebekka auf einen Stuhl und fixierte ihre Beine mit Kabelbindern an den Stuhlbeinen. Das schnürende Gefühl von Platzangst kroch allmählich in ihr nach oben und hatte ihre Kehle bald fest im Griff.
    Das Schlimmste war die Enge, die grausamste Folter, die Rebekka sich vorstellen konnte. Kein Fenster. Selbst die Tür war nur schemenhaft auszumachen.
    Erik tastete ihre Lederjacke ab. Sie wurde stocksteif und spürte Schweiß auf ihrer Stirn. Jeder Gedanke an ihr unmittelbares Vertrauen zu Erik verwandelte sich in eine offene, schmerzhafte Wunde.
    Er zog ihr Handy aus der Innentasche und ging die Telefonnummern durch.
    Â»Freddy … Da haben wir ihn ja. Er ist sicher gerade in Aufbruchsstimmung. Fliegt nach Johannesburg, hat er dir das erzählt?«
    Rebekka schloss die Augen. Dass sie nicht selbst darauf gekommen war, raubte ihr die letzte Kraft.
    Â»Sag ihm, dass deine Sachen bei dir angekommen sind und du dich nach deiner Rückkehr aus Chicago bei ihm meldest.«
    Am anderen Ende Freddys vertraute Stimme, während Erik ihr das Telefon ans Ohr presste.
    Â»Rebekka, endlich! Du und deine spontanen Entscheidungen, das mit dem Typen in Chicago musst du mir aber noch genauer erzählen, en detail ! Du warst grad zur Tür raus, als mein lieber Afrikafreund hier auftauchte …«
    Â»Alles in Ordnung, Freddy, ich danke dir.«
    Rebekka versuchte, nicht so gepresst zu klingen, wie es ihre Kehle war.
    Er klang erleichtert. »Dann wünsch mir Glück für Afrika, bin grad am Packen.«
    Kein noch so kleines Zeichen hätte Freddy jetzt verstanden, das war Rebekka klar. Erik hatte ihn völlig im Griff, und ihr selbst war die wichtigste Festung neben Mark soeben weggebrochen.
    Â»Viel Glück und DENK AN MICH!«
    Die letzten Worte hatte sie so laut gesagt, dass Erik ihr das Telefon vom Ohr nahm und auflegte.
    Â»Was sollte das?«
    Â»So verabschieden wir uns immer.«
    Erik schaltete das Handy aus und legte es auf die Werkbank. Er griff erneut in die Innentasche von Rebekkas Jacke, zog eine Schachtel Marlboro heraus und zündete sich eine Zigarette an.
    Â»Zu besonderen Anlässen rauche ich auch mal eine.«
    Er schaute sie versonnen an.
    Rebekka hatte so viele Gedanken zu ordnen, dass sie kein Wort sagen konnte.
    Erik schnippte die Zigarettenkippe so, dass sie auf Rebekkas Oberschenkeln landete. Rebekka hatte sich am Morgen gegen die Joop -Hose entschieden, was sich nun als Fehler herausstellte. Leder hätte ihr mehr Zeit zum Reagieren gegeben. Nun aber brannte sich die Glut in wenigen Sekunden durch den Hauch von Stoff ihres Rockes, der zum Glück bis fast zum Knie reichte. Rebekka zwang sich, an etwas Banales zu denken. Der Minirock von Chloe mit dem korallenfarbenen Blütenmuster hatte 570 Euro gekostet und war nun hin. Allerdings spürte sie im selben Moment, dass sie es nicht bei diesem Gedanken belassen und sich einfach dem Ärger über das verdorbene Kleidungsstück hingeben konnte. Genau diese Reaktion wurde einem in den schwächeren Momenten der Kriminalfiktion als Wahrheit verkauft. Tatsächlich aber hatte sie eine Angst in sich, die sie jeden Moment losschreien lassen würde, die ihr Bewusstsein auf das Ende eines Sprungbretts zutrieb, das zehn Meter über einem leeren Schwimmbecken emporragte.
    Rebekka roch verbrannten Stoff. Der Schmerz war nur noch eine Brandsekunde von ihrer Haut entfernt. Keine Lotion würde helfen, kein Make-up die Stelle auf ihrer Haut wieder herstellen, wie sie vorher war. Wenn eine Verbrennung nach diesem Gespräch hier nicht sogar die bessere Alternative war als das, was Rebekka in Eriks Augen sah. Denn da waren nur blanker Hass und eine Entschlossenheit, die Rebekka erzittern ließ.
    Die Glut hatte sich durch den Stoff ihres Rockes gefressen und schmerzte auf Rebekkas Haut. Reflexartig bewegte sie die Oberschenkel und brachte dabei nur eine Bewegung zustande, die so hilfreich war wie einem Schiffbrüchigen ein Korkenzieher. Der Schmerz wurde größer. Die Bewegung, mit der Erik die Zigarette weggeschnippt hatte, war beiläufig gewesen, die Tortur schien nicht zum offiziellen Programm zu gehören, Rebekka musste sie aus einer Nachlässigkeit heraus ertragen, ohne eine Gegenleistung dafür erwarten zu

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