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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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Firma?«
    Seine Bestätigung brauchte sie noch für ihre Excel-Tabelle im Computer, wo sie all ihre Recherchen zusammenfasste, mit Datum und Uhrzeit und dem Namen dessen, von dem sie sie hatte.
    Â»Darum bin ich doch so scharf drauf, ihn zu treffen, und Milchmeyer geht es bestimmt genauso. Was hältst du von der Idee?«
    Â»Die ist gut, dann hab ich mein erstes Date mit Cascone also in Begleitung zweier Bodyguards, in der Metal -Szene keine schlechte Sache. Milchmeyer wird Augen machen, wenn er mich wiedersieht.«
    Â»Wiedersieht?«
    Â»Erzähl ich dir später. Um acht in der Firma.«
    Hier griff gerade ein Rädchen ins andere. Und Rebekka konnte die Maschine ein- oder ausschalten. Sie liebte dieses Gefühl.
    Rebekka sandte eine SMS an Cascone, Adresse und Uhrzeit und jede Menge Vorfreude in wenige Worte verpackt.
    Nun blieb ihr ein ganzer Tag für alles Schöne: Wellness im hauseigenen Kosmetiksalon, ein Bad im Pool, ein Spaziergang über den Jüdischen Friedhof in der Schönhauser, dann noch mal baden, cremen, schminken und vorbereiten. Sie wusste vieles über Andrew Cascone, vor allem aber, dass er als Mann ihre Kragenweite sein könnte und in dem Fall ein Gegenbesuch in Chicago anstand.
    Diesmal ließ sie den Friedhof und die Gebrüder Grimm links liegen und ging direkt auf das Werksgelände zu. Erik erwartete sie bereits mit einem breiten Lächeln im Gesicht.
    Â»Schöne Frau! Du siehst hinreißend aus.«
    Rebekka trug einen Retro-Mix der 60er mit Bluse, Rock und Lederjacke. Ihre Haare hatte sie zu einem runden Dutt geformt. Nicht ganz geeignet für die Besichtigung einer Recyclingfirma, in jedem Fall aber für die Stunden danach.
    Erik schaute auf die Uhr.
    Â»Milchmeyer ist noch oben im Büro. Der könnte Cascone abfangen, wenn er hier aus dem Taxi steigt. Magst du denn schon mal einen Blick in die Metallecke werfen?«
    Genau das hätte Rebekka gern zusammen mit Cascone getan. Er würde sich alles ebenso kritisch anschauen wie sie selbst. Ihr Puls schlug höher. Hier konnte sich der Kreis schließen, an dem sie bereits so lange formte, und irgendetwas in ihr wollte, dass Cascone in diesem Moment bei ihr war. Sie schaute sich um, blickte die Straße hinunter und dann hinauf zu Milchmeyers Büro, in dem als einzigem noch Licht brannte. Der Fabrikhof war menschenleer. Ihre Neugier siegte.
    Â»Dann zeig mal her.«
    Erik reichte ihr ganz gentlemanlike seinen Arm.
    Â»Kommen Sie, Holde!«
    Sie betraten die Werkhalle, die auch Milchmeyer ihr gezeigt hatte. Die Blumen für Karl-Heinz Otto hatte jemand weggeräumt. Alles wirkte verlassen und museumshaft.
    Am Ende der Halle führte eine Metalltür in den nächsten Raum. Erik zog den Schlüssel aus der Tasche, schloss auf und ließ Rebekka den Vortritt. In dem Moment, als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, wusste Rebekka, warum sie hätte draußen auf die anderen warten sollen.
    Mit einem festen Griff umspannte Erik ihre Handgelenke mit Kabelbindern. Der Angriff war plötzlich gekommen und Rebekkas Reaktion zu spät. Er schob Rebekka wortlos vor sich her. Sie rief nicht nach Hilfe, ließ den Schrei, der in ihr steckte, nicht hinaus, keiner würde sie hören, und Schwäche durfte sie nicht zeigen, noch nicht.
    In dem Raum flackerte eine Neonröhre geräuschvoll vor sich hin. Kurz darauf erstrahlte die enge Werkstatt in hellem Licht, und Rebekka konnte unschwer erkennen, wo sie war.
    Das hier war Andrew Cascones Studio. Nicht Chicago, nicht Chinatown, keine Graffitiwände. Und das hier war Andrew Cascone. In Gestalt von Erik Assmann.
    Â»Ich hoffte, das bliebe uns erspart, Rebekka.«
    Der Mann, der immer im Präteritum sprach. Die leise, warme, tiefe Stimme war ein schmerzhafter Kontrast zu der Situation, in der Rebekka sich befand, und aus der es ganz offensichtlich keinen Notausgang gab. Sie wusste nicht, was schwerer wog: Erik Assmann dermaßen ausgeliefert zu sein oder die Enttäuschung, Andrew Cascone nun niemals kennenzulernen. Sie hatte sich mehr erhofft, als sie jemals irgendwem eingestehen würde, von diesem Mann und seinem Leben, in das er Rebekka so freimütig hatte eintauchen lassen, und all den Möglichkeiten, die in Rebekkas Fantasie ins Kraut geschossen waren.
    Â»Mit deinem erfundenen Partyservice jedenfalls wirst du keinen mehr auf den Arm nehmen müssen. Und eine Todesanzeige wird es nicht geben,

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