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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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ihren Weg.«
    Rebekka mochte seine unprätentiöse Art, auf Leute zuzugehen. Sein Urteil schien hin und wieder zu schnell festzustehen und er tat es recht undiplomatisch kund, doch es war genau diese Klarheit, die Rebekka an ihm faszinierte. Um diesen unauffälligen Typen musste man nicht kämpfen, man musste ihn sich erobern. Sie hatte ihn im Brecht-Keller, als der Bierpegel etwas gestiegen war, bei Diskussionen mit Nils beobachtet, in denen er von dahingesagten Plattitüden genervt war. Erik hatte tatsächlich das Wesen, die Ausstrahlung und Herzlichkeit eines Beamten, aber auch ein offenbar ebenso registerreiches Gedächtnis.
    Â»Es ist schon verrückt, auf welche Art man sich auf dieser Welt begegnen kann. Im Grunde genommen bist du der verlängerte Arm deiner Mutter und ich, naja, der von Karl-Heinz Otto. Beide winken uns nun zu aus ihren Gräbern.«
    Dieser Witz spricht dafür, dass er schon einen in der Krone hat.
    Â»Ich lernte Karl-Heinz Otto durch Ulrike kennen. Er war immer sehr besorgt um seine Tochter. Dass sie von mir gute Jobs bekam, dankte er mir pausenlos.«
    Â»Apropos, du hattest von einem Jobangebot gesprochen.«
    Â»Das war ein Vorwand. Wie du schon vermutetest.«
    Vermutete ich tatsächlich.
    Â»Es ist ein Gefallen, um den ich dich bitte, aber bezahlt bekommst du ihn.«
    Da er ein Mensch war, mit dem Rebekka tatsächlich gern befreundet wäre, sagte sie innerlich bereits zu. Und da sie sich gerade erst kennengelernt hatten, war sein Verhalten ein Ritterschlag für ihre Verstellungskunst.
    Â»Worum geht es?«
    Â»Ich möchte, dass du für mich eine Auktion beobachtest, auf die ich leider selbst nicht gehen kann.«
    Erik Assmann schien auf eine wie Rebekka gewartet zu haben. Anders konnte sie sich diese so schnell entstandene Vertrautheit nicht erklären. Es fühlte sich gut an. Und sie könnte im nächsten Chat mit Andrew Cascone punkten.
    Â»Irgendetwas lässt mich glauben, dass du das kannst. Ich kann Ingrid nicht fragen, sie würde das niemals für mich tun, denn sie fühlt sich nicht zuständig dafür. Bei Ulrike muss ich davon ausgehen, dass sie mit dem Stück, das ich auf der Auktion verkaufen will, nach Hause kommt. Und ansonsten bin ich, ehrlich gesagt, Einzelkämpfer, was heißt, dass ich mit nur wenigen Freunden gesegnet bin. Also frage ich dich.«
    Er hob sein Glas, um mit Rebekka anzustoßen. Zögernd hob sie ihres.
    Â»Was hab ich dort zu tun? Ich habe von Kunst so viel Ahnung wie von der Relativitätstheorie.«
    Â»Und auch die ist nur relativ«, warf Erik lachend ein. »Du sollst ein Stück, das ich dort versteigern lasse, beobachten, die Leute am Telefon, die mit den Bietern von draußen reden, die Leute im Saal. Sollst mir so schnell wie möglich jede Regung durchgeben und dann auf meinen Hinweis hin entweder die Hand heben oder nicht, auf jeden Fall sollst du mitbieten. Ich muss mich hundertprozentig auf deine Intuition verlassen können, reiße dir aber nicht den Kopf ab, wenn etwas schief geht. Es ist schließlich mein Risiko, weil ich nicht da sein kann.«
    Er kramte eine Zeitung hervor.
    Â»Das International Tribal Art Magazine ist ein ganz gutes Lernprogramm zur Vorbereitung. Eigne dir ein bisschen das Gespür für die Holzpflöcke an, um die es da geht. Das ist schon die halbe Miete.«
    Rebekka mochte ihr Leben und seine bunten Seiten noch mehr, während sie in den Seiten des Hochglanzmagazins blätterte. Dieser Fluss, auf dem sie sich treiben ließ, brachte sie nicht nur zuverlässig vom Start ans Ziel, sondern auch durch manche Stromschnelle und verlandete hier und da an sehenswerten Ufern.

Kapitel 23
    Rebekka lief barfuß durch das Gras, das so früh am Morgen noch mit Reif bedeckt war. Seit Monatsbeginn blühte der Garten auf, ohne dass sie an irgendeiner Stelle etwas dazutun musste in Form von Samen, Zwiebeln, Dünger, Arbeit, Liebe oder Grünem Daumen. Ein vorgefertigtes Leben schien auf diesen wenigen Quadratmetern im Boden gespeichert und nur auf seinen Ausbruch jedes Jahr zur selben Zeit zu warten. Ein beruhigender Mechanismus, der sich Rebekkas Leben bestens angepasst hatte.
    Sie schnitt einen bunten Strauß zusammen aus blühenden Kirschzweigen, Birke, Tulpen und Narzissen und stellte ihn auf den Küchentisch. Für den Friedhof.
    Mit Eriks Bitte würde sie sich später befassen. Bis zum Auktionstermin waren

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