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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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Gedankenlosigkeit, mit der Ulrike ihre Gesundheit aufs Spiel setzte. Das war etwas, woran sie sich bei ihrer Freundin nie gewöhnen würde. Dabei hatte sie geredet wie ein Wasserfall und eine ziemlich präzise Beobachtungsgabe an den Tag gelegt. Erik hatte sich bei ihrem Treffen in Harry’s Bar genauso lapidar zu seiner Ehe geäußert, selbst im Tonfall klang Ulrike wie er. Zu Erik schien Ulrike tatsächlich eine ganz besondere Bindung zu haben, die offenbar nichts Gefährliches, nichts Anrüchiges hatte, sondern auf purer Sympathie zu beruhen schien. Also war es wohl Ingrid, mit der Ulrike wenig anzufangen wusste.
    Â»Ingrid weiß nicht, dass Erik und ich uns manchmal treffen. Er ist eine Vertrauensperson für mich. Mit meinen Brüdern kann ich nichts anfangen, das war schon immer so. Meine Eltern gibt es nicht mehr. Er kümmert sich um mich, steckt mir manchmal Geld zu, ist Vater und bester Freund in einem.«
    Rebekka nahm ihre Bierflasche und stieß mit Ulrike an.
    Â»Das kann ich gut verstehen. Ich hatte allerdings gedacht, du und Jörn kämt gut miteinander aus. Ihr habt zusammengearbeitet.«
    Â»Das Miteinander war eher ein Nebeneinander. Und nun ist ja auch das vorbei.«
    Â»Wo, sagtest du, kann ich Jörn treffen?«
    Â»In der Ringbahn. Steig einfach irgendwo ein, irgendwo sitzt er schon drin. Und zwar in der, die so rum fährt«, eine Handbewegung im Uhrzeigersinn malte einen Kreis in die Luft. »Was das betrifft, ist er sehr präzise.«
    Rebekka schüttelte den Kopf.
    Â»Im Ernst, Ulrike, ich mach mir Sorgen um ihn.«
    Ulrike griff nach ihrem Handy. Sie hielt es Rebekka vor die Nase.
    Â»Hier«, sagte sie, eine Spur von Enttäuschung in der Stimme, »seine Handynummer. Versuch’s doch.«
    Rebekka speicherte die Nummer in ihrem Telefon ab.
    Â»Ich muss dann auch los«, sagte Ulrike unvermittelt und kramte in ihrer Hosentasche nach Kleingeld, den Blick dabei auf Rebekka gerichtet.
    Â»Lass stecken«, sagte Rebekka erwartungsgemäß.
    Ulrike verabschiedete sich mit einer schnellen Umarmung von ihr. Rebekka schaute ihr nach. Plötzlich wusste sie, dass es keine Enttäuschung in Ulrikes Blick gewesen war, als sie ihr Jörns Nummer gegeben hatte. Es war tief empfundene Eifersucht.

Kapitel 39
    Freddy war verändert. Er war schon immer ein zappliger Typ gewesen, bei dem man sich fragen konnte, ob er zum Schlafen statt eines Bettes nicht eher ein Kettenkarussell brauchte. Doch so aufgeregt wie jetzt hatte Rebekka ihren guten Freund noch nie erlebt. Außerdem redete er ständig von Afrika.
    Lustlos nippte Rebekka an ihrem Glas und versuchte, auf dem mittlerweile unbezahlbaren Sitzmöbel von Cascone eine einigermaßen erträgliche Haltung zu finden.
    Â»Warum willst du ausgerechnet nach Afrika? Gibt es hier nicht genügend knackige Jungs für dich?«
    Â»Na hör mal!«, entgegnete Freddy tatsächlich entrüstet, »ich mach doch keinen auf Sextourist wie ihr Frauen, die da runter fahren wie ihre männlichen Altersgenossen nach Thailand!«
    Â»Hoch leben die Vorurteile«, sagte Rebekka versöhnend.
    Â»Das sagt die Richtige! Was war das denn grad für eine Frage? Kannst du dir tatsächlich nicht vorstellen, dass auch eine Spreewaldgurke wie ich mal Spaß hat an Safari und Sonnenuntergang am Meer?«
    Rebekka spürte, wie es in Freddy kochte. Dieser Hund bellte zu laut, um nicht getroffen zu sein, und ein bisschen kam sie sich in ihrer Freundschaft zu ihm verraten vor. Vor Wochen hatte Freddy plötzlich Afrika für sich entdeckt, ohne jemals dort gewesen zu sein. Er war im Streit aus der Personalabteilung gerannt, wo er ganze vier Wochen Urlaub für sein Reisevorhaben beantragt hatte. Zwei waren ihm genehmigt worden.
    Sie saßen in der Lobby. Rebekka trank Campari Orange, und Freddy schaute ihr dabei zu. Das Flackern in seinen Augen irritierte sie. Er wirkte, als habe er gerade eine neue Droge ausprobiert und brannte nun darauf, die nächste Dosis zu nehmen.
    Â»Du sollst nur gut auf dich aufpassen. Da unten …«
    Â»In Südafrika, Mensch!«, sagte Freddy ungehalten und schien sich gerade zum politisch korrekten Mitglied der Gesellschaft erklärt zu haben.
    Â»Ja!«, entgegnete sie zurechtweisend, »genau dort, in Johannesburg, um genau zu sein, wird ein weißes Jungelchen für weniger Geld ermordet, als du bei dir hast! Und das sind keine

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