Die einzige Blume im Sumpf - Geschichten aus Ägypten
Dank gewiss.
Sie setzte den Schlusspunkt und schrieb darunter die Namen von allen dreien; dann seufzte sie tief und sagte: »Mein Gott, machen wir neuen Tee und trinken ihn!«
Ob der Herausgeber der »Einsamen Herzen« auf diesen Brief wohl reagieren wird? Wird seine Antwort lang oder kurz sein? Wird er ihr Problem wirklich lösen können? Wird er vielleicht die Leser zur Mithilfe bei der Lösung auffordern, wie er es im allgemeinen macht?!
Diese Fragen kreisten im Kopf der drei Schwestern und gingen auch, ausgesprochen, zwischen ihnen hin und her. Ja, Fifi wünschte gar, irgendein Leser, vielleicht ein Witwer, vielleicht auch einer mit einem Gebrechen oder einer Krankheit, würde schon bald nach ihrer Adresse fragen und dann vorsprechen, um eine von ihnen zu heiraten.
Sie begannen, über dieses und jenes zu reden und nachzudenken, während sie den heissen Tee tranken, den Mimi neu aufgebrüht hatte. Lulu sass bei ihnen und schnurrte selig wie immer. Dann malten sie sich viele glückliche Lösungen aus. Ein Witwer wie Herr Hassan würde Mimi heiraten, ein gelähmter Alter würde zu Fifi heimgeführt. Ein Blinder, für den Äusserlichkeiten keine Rolle spielen, würde mit Susu sechs Kinder zeugen.
Da mussten sie alle zusammen lachen. Eine Welle des Spottsspülte zwischen ihnen hoch und der Wunsch, sich über alles lustig zu machen, bis Mimi schliesslich auf die Idee kam, der Herausgeber der »Einsamen Herzen« könnte sich selbst opfern und – um der Glückseligkeit der Menschheit willen – in einer selbstmörderischen Aktion Fifi heiraten. Da lachten sie, lachten immer lauter, bis ihnen die Tränen in die Augen traten.
An diesem Punkt schauten sie sich nachdenklich an; es wurde ihnen schwer ums Herz, und sie seufzten tief. Mimi wandte sich den Spielkarten zu, um sie zu mischen und abheben zu lassen. Währenddessen knüllte Susu den Brief zusammen und warf ihn weit weg auf den Boden, wo ihn Lulu aufschnappte, die sich mit einem eleganten Satz darauf gestürzt hatte. Sie machte daraus eines ihrer allgegenwärtigen Spielzeuge. Fifi betrachtete sie beifällig, während sie einen langen Schluck aus der Teetasse trank; dann sagte sie aufseufzend: »Teil die Karten aus, Mimi, und erlöse uns!«
Die Seele, die nach und nach gestohlen ward
Genau an dem Tag, als die ägyptische Oper ausbrannte, heiratete Schâkir Sâmija, die neben ihm in derselben Strasse wohnte und gemeinsam mit ihm, als er noch ein kleiner Junge war, die gemischte Grundschule besucht hatte. Obwohl die Nachricht vom Brand nur wenige Stunden vor Schâkirs Trauung bekanntgeworden war, berührte sie keinen der Gäste. Nur Schâkir selbst war ein wenig betroffen und spürte inwendig eine Traurigkeit, die seine Freude über dieses doch so wichtige Ereignis in seinem Leben verminderte. Er liebte nämlich Sâmija wirklich und erwartete sehnlichst den Augenblick, in dem sie seine Ehefrau werden und mit ihm unter demselben Dach vereint sein würde – bis dass in jenem letzten Augenblick der Tod sie scheidet.
Die Ursache für Schâkirs Traurigkeit lag wohl darin, dass er ein wenig anders war als die Mehrzahl seiner Hochzeitsgäste. Er nämlich liebte die Kultur und schätzte die Künste, deren einige er sich auf der Bühne ebendieser Oper ansah. Ja, und darüber hinaus gefiel ihm auch einfach das Gebäude, und er war stolz darauf, dass er auf seinen weichen Samtsesseln Platz nehmen und auf seinem mit teuren Teppichen belegten Holzboden schreiten durfte – das war etwas, was seinesgleichen früher nicht vergönnt gewesen war, damals, als das Gebäude noch »Haus der königlichen Oper« hiess. Dann verstärkte sich seine Traurigkeit, als er darüber nachdachte, dass jenes Gebäude Zeuge vergangener Ereignisse und Zeiten war. Ist es nicht ein Jammer, dachte er, es auf diesebetrübliche Art und aus unverständlichem Grund aus unserem Blickfeld verschwinden zu lassen?
Obwohl Schâkir durchaus nicht abergläubisch war und keinesfalls an Schicksal und Zufälle glaubte, hat ihn doch lange Jahre hindurch, ja bis auf den heutigen Tag, nie jenes Gefühl losgelassen, dass es da eine Verbindung gab zwischen jenem Ereignis und dem Verlauf seines Lebens seit jenem Tag; wobei gesagt sein muss, dass seine Beziehung zu Sâmija die ganze Zeit hindurch – von jenem Augenblick an, da sie in seine Wohnung einzog, die in Wahrheit die Wohnung seiner verwitweten Mutter war – eine gute und innige war. Denn Sâmija stellte sich sehr rasch auf seine Gewohnheiten und seinen
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