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Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Khoury
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bin. Staunen darüber, wie er meine ganze Welt in tausend Scherben zerschlagen und die Einzelteile dann zu ganz neuen Mustern zusammengesetzt hat, wie er eine vollkommen neue Welt erschuf – und eine vollkommen neue Pia –, die es vorher nicht gab. Das, was einmal wichtig war, ist für neue Gefühle und neue Träume in den Hintergrund getreten – und das erschreckt mich zutiefst.
    »Wir könnten gehen, Pia. Wir könnten von hier weggehen. Von Little Cam und auch von Ai’oa. Ich wäre bereit. Die Boote liegen nicht weit von hier. Ich bringe dich weg.« Sacht legt er einen Finger auf den Steinvogel um meinen Hals und mir bleibt fast die Luft weg. »Wenn es nur noch dich und mich gäbe… ich wäre glücklich. Und du?«
    Und ich? Vor meinem geistigen Auge springt die wilde Pia auf, reckt die Faust in die Luft und ruft ja, ja, ja! Geh, Pia! Sie ist stark und überzeugend und ich schwanke. Könnte ich glücklich sein?
    Sein Gesicht ist dicht vor meinem. Ich sehe jede Einzelheit – die Brauen über diesen tiefblauen Augen. Das Grübchen unterhalb des Mundwinkels. Das gerade Kinn, so fest und entschlossen, genau wie das von Onkel Antonio.
    »Eio…«
    »Empfindest du genauso, Pia? Für mich?«
    »Ich…« Kann ich? Tu ich es? Wage ich es? Wenn ich Eio anschaue, sehe ich mehr als nur einen Jungen, so schön und tapfer er auch sein mag. Ich sehe Ai’oa und die Dorfbewohner und auch Tante Harriet. Und den Dschungel. Immer den Dschungel. Unergründlich, geheimnisvoll, wunderschön und unwiderstehlich. Ein Ort, an dem ich mich für immer verlieren könnte.
    Plötzlich zieht Eio scharf die Luft ein und reißt die Hand hoch. Dort, wo das Wasser fast bis zu dem umgestürzten Baumstamm reicht, wächst eine dieser gewaltigen Seerosen, die die Botaniker von Little Cam so faszinieren. Victoria amazonica, denke ich automatisch. Die Blattunterseite ist mit winzigen, spitzen Dornen bedeckt und an einer davon hat Eio sich geschnitten.
    Er hält einen Finger hoch, aus dem das Blut quillt. Wie gebannt starre ich darauf. »Du blutest.«
    Achselzuckend schaut er genauer hin, um zu sehen, wie tief der Schnitt ist. Ich sehe nur das Blut, das dunkelrot über seine Haut läuft.
    Nein. Nein, nein, nein, nein, nein. »Nein!« Ich springe auf und die Passionsblume fällt auf den Boden. »Nein, Eio, ich – ich kann nicht. Ich kann nicht, verstehst du das nicht?«
    Er sieht mich aus großen Augen an. »Was willst du damit sagen?«
    »Eio, ich bin unsterblich. Weißt du, was das bedeutet? Ich lebe ewig. Ich werde nie sterben! Ich lebe immer weiter und du wirst – du wirst –« Ich verschlucke mich an dem Wort. »Ich habe einen Traum, Eio, den Traum von der Erschaffung meiner eigenen Rasse, einer Rasse Unsterblicher, zu der ich dann gehöre. Das wird nicht in Little Cam sein und nicht in Ai’oa, sondern an einem eigenen Ort mit meiner eigenen Art. Ich bin… Es tut mir leid. Aber du – ich kann es einfach nicht. Onkel Antonio hat recht. Ich kann nicht zwischen hier und dort hin und her spazieren. Es geht nicht.« Die Liebe macht einen schwach. Sie lenkt von den wichtigen Dingen ab. Sie kann dazu führen, dass man das Ziel aus den Augen verliert.
    Er blickt mich verletzt und verwirrt an und streckt eine Hand nach mir aus. Es ist die verletzte Hand und es ist immer noch Blut daran…
    Ich renne los.

27
    Ich weiß nicht, ob er mir folgt. Ich renne so schnell und springe so hoch über umgestürzte Baumstämme und Steinbrocken, als seien es Ameisenhügel. Meine Füße berühren kaum den Boden. Ich fliege. Fliege weg, nach Hause, genau wie der Vogel, für den Eio mich hält. Doch ich fliege nicht zurück in meinen Käfig, wie er gesagt hat. Nein. Oder wenn ich es tue, dann nur für eine bestimmte Zeit. Ich muss ihnen beweisen, dass ich bereit bin.
    Ja. Genau das muss ich tun. Ich kann hier nicht länger bleiben. Hätte auf Onkel Paolo hören sollen. Hätte auf meinen eigenen Kopf hören sollen. Nicht auf mein Herz, sondern auf den Kopf. Er hatte recht. Er hat immer recht. Das Herz führt ins Chaos. In den Rückschritt. Nur der Kopf führt nach vorn, zu Vernunft und Ordnung.
    Und fast hätte ich alles aufgegeben. Schwache, dumme Pia! Fast hätte ich meinen Traum geopfert – meinen Lebenszweck. Wofür? Für einen Kuss? Ich war so kurz davor. Noch einen Augenblick und ich hätte nachgegeben, hätte mich wegen Gefühlen verloren.
    Gerade noch rechtzeitig stach Eio sich in den Finger und das Blut floss. Du kannst dich verletzen und bluten, Eio. Ich

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