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Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Khoury
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des Zauns. Hinter ihnen sehe ich mein gläsernes Zimmer, leer und vollkommen offen und von allen Seiten einsehbar. Ich kann jede Einzelheit darin erkennen. Die Ecke mit dem Sessel und der Karte unter dem Teppich scheint unberührt. Ich bin erleichtert. Der Schlamassel ist schon groß genug, auch ohne dass ich das erklären muss.
    Ich muss näher ran, damit ich hören kann, was sie über mich reden. Wahrscheinlich denken alle an den Zwischenfall und fragen sich, ob dasselbe wieder passiert ist. Ich fange an, mir zu wünschen, ich hätte das Gelände gestern Abend nie verlassen, hätte meiner Vernunft gehorcht und wäre schön brav in Little Cam geblieben. Doch dann denke ich an Eio und die Kinder von Ai’oa, straffe innerlich trotzig die Schultern und verschränke die Arme vor der Brust. Ich würde es wieder tun.
    Wie es aussieht, werde ich wohl nie mehr die Chance dazu bekommen. Ich gehe die kurze Liste meiner möglichen nächsten Schritte durch.
    Mich jetzt aus meinem Versteck wagen und ihnen gegenübertreten. Alles beichten, auch das mit der Karte, und schwören, es nie, nie mehr wieder zu tun.
    Mich jetzt aus meinem Versteck wagen und ihnen gegenübertreten. Alles beichten und schwören, dass ich es wieder tue, ob es ihnen gefällt oder nicht.
    Weglaufen. Leben unter den Eingeborenen vielleicht, und das für immer.
    Keine der Möglichkeiten sagt mir wirklich zu. Doch Alternativen scheint es nicht zu geben. Also entscheide ich mich fürs Abwarten. Warten und Beobachten. Irgendetwas wird sich ergeben.
    Ich halte mich dicht am Boden und bewege mich wie ein besonders langsames Dreizehenfaultier vorwärts. So gelingt es mir, in Hörweite der Gruppe zu kommen, ohne dass die Männer etwas merken.
    »Wir können nicht mit Sicherheit sagen, ob sie durchgekrochen ist«, gibt Onkel Antonio zu bedenken.
    »Wir müssen auf jede Möglichkeit vorbereitet sein. Sie könnte inzwischen schon meilenweit weg sein, Antonio. Meilenweit!« Onkel Paolo fährt sich mit den Fingern durchs Haar. So erregt habe ich ihn noch nie gesehen. »Ich muss sie wiederfinden. Sie bedeutet alles für diesen Ort hier! Ohne sie ist Little Cam, die Forschung und alles, was damit zusammenhängt, wertlos. Überleg doch mal, was Strauss sagen wird! Mein Gott, was wird Strauss sagen?«
    Strauss? Von einem Strauss habe ich noch nie gehört, zumindest nicht in Little Cam.
    »Beruhige dich, Paolo«, beschwichtigt ihn Onkel Antonio. »Wahrscheinlich ist sie irgendwo auf dem Gelände. Wir sollten keine voreiligen Schlüsse ziehen.«
    »Voreilige Schlüsse! Stundenlang haben wir das Gelände abgesucht! Sie ist abgehauen. Eine andere Erklärung gibt es nicht, Antonio. Ich hab’s immer gewusst: Wir hätten uns nie darauf einlassen dürfen, die Kameras in ihrem Zimmer zu entfernen. Clarence! Warum dauert das so lang? Hol dir einen verdammten Bulldozer, wenn es sein muss, aber füll endlich das Loch auf!« Onkel Paolo tigert ruhelos auf und ab, nicht eine Sekunde bleibt er stehen. »Ich hätte wissen müssen, dass das passiert. Ich habe zu viele Zugeständnisse gemacht. Diese Party war die idiotischste Idee überhaupt! Sie braucht einen strafferen Tagesablauf, mehr Überwachung… Vielleicht sollten wir die Kameras wieder installieren. Sie wird einen Aufstand machen, aber was soll’s. Sie ist verwöhnt genug…«
    Onkel Antonio antwortet mit versteinerter Miene: »Sie ist keine Ratte, Paolo.«
    Jetzt endlich bleibt Onkel Paolo stehen. Er und Onkel Antonio schauen sich an und in ihrem Blick liegt so viel Hass, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Die beiden waren zwar nie dicke Freunde, doch jetzt sehe ich, dass mehr Feindschaft zwischen ihnen ist, als sie normalerweise zeigen. Es muss so sein. Ihre hasserfüllten Blicke können nicht nur eine Folge meines Verschwindens sein.
    Plötzlich kommt mir eine Idee. Diese ganzen Wissenschaftler und Monteure außerhalb des Zauns… sie sind sicherlich nicht durch das Loch gekrabbelt. Also müssen sie das Tor geöffnet haben. Also ist es möglicherweise noch offen.
    Ich wage kaum zu atmen, als ich leise am Waldsaum entlanggehe. Falls ich ungesehen zum Tor komme und es noch offen ist, kann ich mich hineinschleichen und ihnen irgendeine Geschichte auftischen… Vielleicht dass ich neben dem Pool eingeschlafen bin oder in einer dunklen Ecke in ein Biologiebuch vertieft war. Meine Gedanken laufen in drei verschiedene Richtungen gleichzeitig und mein Gehirn überschlägt sich fast.
    Vielleicht bemerke ich deshalb Harriet

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