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Die einzige Zeugin

Die einzige Zeugin

Titel: Die einzige Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Cassidy
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Renovierungsarbeiten gingen voran. Renovation , Erneuerung, Wiedergeburt. War es möglich, dieses Haus neu zu machen? Natürlich war es möglich, es wieder neu aussehen zu lassen. Sie hatte Sendungen im Fernsehen gesehen, in denen Leute alte Häuser gekauft und von Grund auf renoviert hatten. Parkettboden, neue Beleuchtung, Einbauküche, ein neues Badezimmer. Man konnte zusehen, welche Mühe die Leute sich gaben, um einem heruntergekommenen Haus einen neuen Anstrich zu geben. Es wurden regelrechte Wunder vollbracht. Immobilienjäger waren entzückt von den hohen Decken und glatten Wänden, den abgeschliffenen Dielen und dem Umbau in großzügige Lofts.
    Aber war es möglich, durch diese Umbaumaßnahmen die Erinnerung daran auszulöschen, was in diesem Haus geschehen war?
    Sie hörte, dass über ihr ein Fenster geöffnet wurde und sah nach oben.
    Es war das Dachfenster. Nathans Gesicht tauchte in dem kleinen Viereck auf. Er zeigte nach unten und verschwand. Sie fühlte, wie sie sich anspannte. Konnte sie das tun? Konnte sie in ihr altes Haus gehen? Einen Augenblick später öffnete sich die Haustür und er stand vor ihr.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du kommst«, sagte er.
    »Ich hatte es eigentlich auch nicht vor«, sagte sie. »Ich bin nur so durch die Gegend gelaufen.«
    »Du siehst aus, als ob dir warm ist.«
    »Ich bin schon ewig unterwegs.«
    Ihr war heiß. Das Laufen und die Aufregung hatten sie ins Schwitzen gebracht. Sie fühlte sich unwohl. Ihr Haar hing ihr feucht und schwer im Nacken.
    »Komm rein und trink ein Glas Wasser.«
    Er hielt die Tür auf.
    Was war schon dabei, nur für ein paar Minuten? War es nicht das, was sie schon die ganze Zeit tun wollte, all die letzten Wochen? Deshalb war sie doch hergekommen. Wollte sie nicht reingehen und sehen, wie es im Haus war?
    »Nur auf ein Glas Wasser«, sagte sie.
    Sie folgte ihm langsam, Schritt für Schritt. Halb erwartete sie, dass sie sich plötzlich umdrehen und zurück auf die Straße rennen würde.
    »Hallo!« Zwei Stimmen ertönten aus einem der Zimmer.
    »Meine Eltern«, erklärte er.
    Sie ging langsam durch den Eingangsbereich. Mit dem Treppengeländer und dem Mosaikboden hatte sie unrecht gehabt. Im Flur lagen dunkle Holzdielen und die Treppe war mit einer schmalen Wand abgetrennt. Es lag Staub in der Luft, sie konnte ihn im Sonnenlicht tanzen sehen. Sie konnte ihn sogar schmecken. Die Küchentür ging auf und zwei Hunde sprangen heraus. Sie waren groß und ihr helles Fell wehte, als sie auf sie zusprangen. Golden Retriever, dachte sie.
    »Das hier ist Prince und das ist Duke«, sagte Nathan und hockte sich hin, um die Hunde zu streicheln.
    »Euer Hochwohlgeboren«, sagte sie und streckte die Hand aus, um einem der beiden die Ohren zu kraulen. »Wir haben kleine Katzenbabys, die nach Königinnen benannt sind: Victoria, Alexandra und Juliana.«
    »Ganz schön große Namen für kleine Katzen«, sagte eine Stimme hinter ihnen.
    Eine große schlanke Frau stand in der Küchentür. Sie trug eine Brille mit schwarzen Rand und einen langen Rock. Sie hielt eine Teetasse in der Hand und nahm einen Schluck.
    »Wir nennen sie einfach Vicky, Alex und Julchen. Aber die Mutter ist immer noch königlich, sie heißt Kleopatra.«
    Sie redete zu viel. Wen interessierten schon die Namen ihrer Katzen?
    »Ich mache Lauren nur etwas zu trinken«, sagte Nathan und ging in die Küche. »Mama, das ist Lauren. Lauren, das ist Karen, meine Mutter. Mein Vater ist da drüben.«
    Lauren lächelte schüchtern. Einer der Hunde schlabberte an ihren Fingern.
    Nathans Vater saß am Küchentisch und hatte eine Zeitung vor sich ausgebreitet. Er schaute auf und lächelte ihr zu. Er trug Arbeitskleidung, ein T-Shirt mit Farbspritzern und eine ausgewaschene Jeans. Er löste ein Kreuzworträtsel. Während Nathan ihr etwas zu trinken einschenkte, sah sie zu, wie sein Vater ein Wort in die kleinen Kästchen eintrug, sich anschließend den Kugelschreiber hinters Ohr klemmte und einen Schluck Orangensaft nahm.
    Nathans Mutter erzählte ihr, was sie schon alles am Haus gemacht hatten. Sie erklärte, wie sie die drei Einzelwohnungen auseinandergenommen hatten, um wieder eine große Wohnfläche daraus zu machen. Lauren nickte höflich. Währenddessen sah sie sich in der Küche um. Sie entdeckte nichts darin wieder, woran sie sich erinnern konnte. Alles darin glänzte. Die Schranktüren der Einbauküche waren wie matte Spiegel, die Arbeitsflächen waren glatt, der Kühlschrank war aus Edelstahl.

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