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Die einzige Zeugin

Die einzige Zeugin

Titel: Die einzige Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Cassidy
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daran erinnern, dass jemals eine Art Entertainer für Kinder, ein Partyclown, zu Ihnen nach Hause gekommen ist?«
    Die Frage verblüffte sie. Sie wollte sich nicht in ein Gespräch verwickeln lassen. Sie hatte gesagt, was sie zu sagen hatte, und jetzt wollte sie gehen. Aber Rachel Morris wartete. Sie wartete auf die Antwort zu ihrer Frage, und Lauren hätte einfach aufstehen, Nein sagen und aus dem Büro gehen können, aber etwas hielt sie zurück. Das Gesicht eines Clowns kam ihr in den Sinn. Und es war nicht das erste Mal.
    »Ich weiß nicht genau, was Sie meinen«, sagte sie ausweichend.
    »Also, wenn Eltern für ihre Kinder eine Geburtstagsparty machen – dann bestellen sie doch manchmal jemanden zur Unterhaltung. Zauberer, Märchenerzähler, Clowns – so etwas. Können Sie sich erinnern, ob Ihre Mutter einmal eine Party organisiert und auch so jemanden eingeladen hat?«
    »Ich weiß es nicht. Ich bin nicht sicher. Ich glaube, meine Mutter mochte keine Partys. Es kann sein, dass ich einmal bei einer Freundin auf so einer Party war. Ich glaube, da gab es einen Clown.«
    »Wie alt waren Sie da?«
    »Das weiß ich nicht mehr. Ich verstehe auch nicht, warum das wichtig ist.«
    »Vor vier Jahren wurde ein Mann namens William Doyle des Mordes an einer Mutter und ihrem Kind in Rochester für schuldig erklärt. Er hatte mit der Frau eine Beziehung, und als sie Schluss machte, ließ er sie nicht mehr in Ruhe und brachte sie schließlich um. Das Kind auch. Während der Untersuchungshaft wurde seine DNA-Probe genommen und man konnte ihn darüber mit einem weiteren Mord an einer Frau und ihrem Kleinkind in Bournemouth drei Jahre vorher verantwortlich machen.«
    »Was wollen Sie damit sagen? Ist es das, was mein Vater versucht? Will er sagen, dass es ein anderer war?«
    »Dieser Mann, William Doyle, arbeitete als Unterhaltungskünstler für Kinder. So hat er auch die Frauen kennengelernt. In der Zwischenzeit haben sich noch weitere Frauen gemeldet, die ihn als gewalttätig beschrieben haben.«
    »Meine Mutter hätte sich niemals mit einem anderen Mann eingelassen.«
    »William Doyle hat vor zehn Jahren in Bethnal Green gelebt und gearbeitet, auch zu dem Zeitpunkt, als Ihre Mutter und Ihre Schwester umgebracht wurden.«
    »Mein Vater versucht also, die Schuld einem anderen in die Schuhe zu schieben.«
    Rachel Morris saß still und presste die Lippen zusammen. Ihre blendende Laune war anscheinend verschwunden.
    »Ich habe meinen Vater gesehen . Ich habe ihn neben der Leiche meiner Mutter gesehen. Er wusste nicht, dass ich ihn beobachten konnte, weil er dachte, ich wäre schon tot. Ich habe ihn gesehen .«
    Lauren weinte nicht, doch ihre Stimme fühlte sich an, als kratzte sie gegen Metall. Ihre Beine pressten sich aneinander und ihre Füße drückten sich gegen den Boden. In ihren Händen sah sie ihre Haarspangen. Sie musste sie abgemacht haben, ohne es zu merken. Sie klemmte sie wieder fest und bemühte sich, sachlich und konzentriert zu wirken. Rachel Morris schien zu überlegen, was sie sagen sollte.
    »Ich möchte Sie um eines bitten, Miss Ashe. Könnten Sie sich nur für einen Moment die Frage stellen, ob das, was Sie an diesem furchtbaren Tag gesehen haben, vielleicht auch ganz anders hätte sein können?«
    Lauren öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch Rachel Morris hob die Hand und redete weiter.
    »Könnte es nicht auch sein, dass das, was Sie gesehen haben, Ihr Vater war, der die Leiche seiner Frau entdeckte?«
    Lauren stand auf. Sie war lange genug sitzen geblieben.
    »Er hatte ein Messer in der Hand«, sagte sie.
    »Wäre es nicht möglich, dass er das Messer aus der Wunde gezogen hat, weil er hoffte, ihr damit irgendwie zu helfen?«
    »Er ist weggerannt! Er hätte einen Notarzt rufen können, aber er ist weggerannt.«
    »Er dachte, es wären alle tot. Er stand unter Schock.«
    »Ich glaube diese Geschichte nicht und ich möchte keine weiteren Briefe bekommen. Ich möchte keinen Kontakt zu ihm. Richten Sie ihm das bitte aus.«
    »Das werde ich, Miss Ashe. Danke, dass Sie zu mir gekommen sind.«
    Lauren drehte sich um und verließ Rachel Morris’ Büro. Ohne ein Wort ging sie am Empfang vorbei, drückte auf den Türöffner und verließ das Gebäude.
    Vielleicht würde er sie jetzt endlich in Ruhe lassen.

14
    Lauren nippte an einem Glas Wodka, der mit dickflüssigem Fruchtsaft gemischt war und wie ein eisgekühlter Smoothie schmeckte. Es war ihr dritter in einer Stunde. Sie fühlte sich warm und entspannt.

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