Die einzige Zeugin
er eine seiner Töchter erstickte und die zweite ebenfalls zu ersticken versuchte. Im Anschluss tötete er seine Frau mit einem Messer. Ein klassisches Beispiel des Familienmordes.
Die Art und Weise, wie ein Mord ausgeführt wird, verweist auf die Beziehungsgefüge innerhalb der Familie. In einigen Fällen, in denen Väter ihre Familien töten, ist der Akt äußerst brutal und legt nahe, dass der Vater in blinder Wut handelt und seine Aggression nicht mehr unter Kontrolle hat. Diese Fälle enden häufig mit dem Selbstmord des Vaters. Andere Täter zeigen eine nahezu zögerliche Haltung, als wären sie nur halbherzig bei der Sache. Ein Teil des Täters will die Tötung, der andere Teil jedoch ist sich bewusst, dass er diejenigen tötet, die er liebt.
Der Fall Robert Slater ist ein Beispiel eines solchen gehemmten Mordverhaltens. Er erstickte zwar seine jüngere Tochter, schaffte es jedoch nicht, auch seine ältere Tochter zu töten. Er stach bei seiner Frau nur einmal zu, und laut Autopsiebericht war diese Wunde nicht tödlich. Grace Slater starb erst in Folge der Verletzung, nicht durch die Stichwunde selbst. Im Anschluss floh Robert Slater und versteckte sich vier Tage lang vor der Polizei, bis er sich auslieferte.
Robert Slater leugnet die Tat noch immer. Er behauptet, er habe die Leichen seiner Frau und der Kinder gefunden und versucht, erste Hilfe zu leisten. Er sagt, er habe das Messer entfernt und versucht, die Blutung zu stoppen, aber es sei zu spät gewesen. Er habe nicht gewusst, dass seine ältere Tochter noch am Leben war.
Robert Slater wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.
Der Artikel ging noch weiter und beschäftigte sich mit anderen Fällen. Laurens Augen wanderten zum Anfang der Spalte und sie las den Abschnitt noch einmal. Jessica hatte ihr vor vielen Jahren erzählt, dass ihr Vater behauptet hatte, er hätte ihrer Mutter helfen wollen, er hätte sie nicht getötet.
Wäre es möglich, dass er die Wahrheit sagte?
Sie ging auf Google und gab die Wörter William Doyle und Mord ein. Eine Sekunde später hatte sie unzählige Treffer auf dem Bildschirm. Sie überflog die verschiedenen Überschriften.
William Doyle des Mordes an Familie in Rochester für schuldig gesprochen.
Lebenslänglich für den Rochester-Schlächter William Doyle.
William Doyle lebenslang hinter Gitter.
Die meisten Einträge waren vier Jahre alt, aber es war auch ein neuerer dabei.
DNA-Probe überführt William Doyle eines weiteren Mordes in Bournemouth. Mutter und Kind tot im Schlafzimmer aufgefunden.
Sie las noch immer, als die Haustür aufging und das Getrappel von Pfoten auf den Dielenbrettern zu hören war. Die Hunde stürmten mit wedelndem Schwanz herein, ihr Fell war noch nass vom Schwimmen im See. Nathan folgte ihnen. Er wich ihrem Blick aus.
»Es tut mir leid«, sagte sie. »Bitte, schau dir das an. Dann verstehst du vielleicht, warum ich so außer mir bin.«
»Nein, es ist schon in Ordnung. Du hast ein Recht auf deine Privatsphäre. Ich verstehe das.«
»Bitte. Ich weiß, dass ich mich blöd verhalten habe. Wenn du dir das anschaust, kannst du mich vielleicht verstehen.«
Er war unschlüssig. Dann nahm er sich einen Stuhl und setzte sich neben sie. Er las den Artikel, und eine Zeitlang war es ganz still. Sie erklärte ihm, wer William Doyle war und wie er mit ihrer Familie in Verbindung stand. Er las sich noch einmal alle Artikel durch.
Dann schaltete er den Rechner aus und stand auf.
»Komm, lass uns rausgehen und etwas essen.«
Lauren weinte schon wieder. Das zweite Mal an diesem Tag. Die Tränen flossen einfach so aus ihr heraus, und sie wischte sie mit dem Handrücken ab. Er zog sie am Ellbogen nach oben.
»Chinesisch. Und etwas trinken. Du musst mal ein paar Stunden weg von dem Zeug.«
Sie nickte.
Sie legte ihre Hand in seine und folgte ihm zum Auto.
21
Sie gingen erst nach Mitternacht ins Bett. Auf dem Boden lagen einige leere Bierdosen und eine leere Flasche Pfirsichsekt herum. Das süße sprudelnde Getränk war süffig gewesen wie Limonade. Lauren fühlte sich leicht, luftig und sorglos. Sie hatten lange über ihre Familie geredet. Dann hatte Nathan sie nach ihrem Leben in Cornwall und nach ihren Plänen gefragt.
Sie lagen nebeneinander auf dem Sofa und sahen sich an. Nathan küsste sie, und sie umarmte ihn fest.
Er trug wieder eine Schlafanzughose seines Vaters, deren Beine er aufgekrempelt hatte. Sie rollte den Stoff mit den Füßen nach unten.
Sie küssten sich lange. Ihre Haut
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