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Die eisblaue Spur

Die eisblaue Spur

Titel: Die eisblaue Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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Schneefall war es
draußen heller geworden. »Wenn das so weitergeht,
können wir die Gegend nicht absuchen.« Im selben Moment
fegte eine Windböe gegen die Fensterscheibe, die sich nach
innen bog.
    »Ich glaube, er soll sich
heute Nacht legen«, antwortete Matthias. »Länger
wird er wohl kaum anhalten.«
    Der Arzt schnaubte
verächtlich. »Unwetter können hier wesentlich
länger als einen Tag andauern. Man muss damit rechnen, dass
das mehrere Tage so bleibt. Ich will’s nicht hoffen, aber man
kann nie wissen.«
    Dóra verzog das Gesicht.
»Na, super.« Sie legte die Kamera weg. Ihr war nicht
ganz klar, wie die Fotos von den Knochen der Bank und
Bergtækni beim Vertrag mit Arctic Mining helfen sollten, aber
zumindest hatte es Einfluss auf die Vertragslage, wenn die
Mitarbeiter der isländischen Firma in ein Verbrechen
verwickelt waren oder sich des taktlosen Umgangs mit einer Leiche
schuldig gemacht hatten. »Ich nehme mir mal das Büro des
einen Bohrmanns vor«, sagte Dóra zu Matthias.
»Übernimm du das andere.«
    Beide schauten fragend den Arzt
an. Der stellte sich gewichtig in Positur und sagte: »Ich
muss Proben aus den Wasserleitungen nehmen. Gut möglich, dass
wir Legionella pneumophila finden.« Dóra und Matthias
sahen ihn verständnislos an. »Legionärskrankheit.
Das Bakterium gedeiht in selten benutzten Wasserleitungen. Die
Männer könnten sich damit infiziert haben. Wir haben hier
perfekte Voraussetzungen für so was.«
    »Und dann lösen sich
die beiden einfach in Luft auf?«, fragte
Dóra.
    »Nein, aber vielleicht
haben sie versucht, Hilfe zu holen, und waren zu geschwächt,
um ihr Ziel zu erreichen. Die Legionärskrankheit ist sehr
gefährlich und kann zum Tode führen, wenn nichts
unternommen wird. Oder sie sind in irgendeinem Krankenhaus und
konnten noch niemanden benachrichtigen.«
    Dóras Kaffeedurst war wie
weggeblasen, und sie hatte überhaupt nichts mehr dagegen,
Wasser aus geschmolzenem Schnee zu verwenden. Sie stellten fest,
dass sich die beiden Bohrmänner ein Büro geteilt hatten.
Auf dem Weg dorthin kamen sie an Eyjólfur vorbei, der in
einem behelfsmäßigen Computerraum saß, ein
unverständliches Dialogfenster vor sich auf dem Bildschirm.
Die Finger des jungen Mannes bewegten sich rasend schnell über
die Tastatur. »Ist mit dem Netzwerk alles okay?«,
fragte Dóra. »Wir schauen uns mal die Computer der
Mitarbeiter an und wollen nichts kaputtmachen.«
    Der junge Mann schaute
lächelnd vom Bildschirm auf. »Ihr könnt nichts
kaputtmachen. Das Netzwerk ist in Ordnung, es gibt nur keine
Internetverbindung. Der Server war ausgeschaltet, aber heil und in
gutem Zustand. Ihr müsstet problemlos ins interne Netz kommen,
da sind alle Projekt-Dateien gespeichert.« Er nahm einen
Stift und ein vollgekritzeltes Blatt, von dem er eine
unbeschriebene Ecke abriss. »Welche Computer wollt ihr
überprüfen?«
    »Erst mal die von den
Bohrmännern«, antwortete Dóra.
    »Dann braucht ihr ein
Passwort.« Er klickte mit der Maus ein anderes Dialogfenster
mit den Benutzernamen an. »Keine Ahnung, wer welches Passwort
hat, aber ich ändere sie einfach alle in dasselbe.« Er
notierte 1234 auf den Zettel und reichte ihn Dóra.
»Nehmt das hier. Der Benutzername erscheint, wenn ihr den
Computer hochfahrt. Ruft mich einfach, wenn irgendwas nicht
funktioniert. Damit müsstet ihr überall reinkommen.
Außer ins Internet natürlich. Ich vermute, dass
irgendwas mit der Schüssel nicht stimmt.«
    »Mit der
Schüssel?« Dóra kannte sich mit Computersystemen
nicht besonders gut aus.
    »Wir gehen über eine
Satellitenschüssel ins Internet, die scheint kaputt zu sein.
Sie ist oben auf dem Dach, aber bei diesem Wetter kann da niemand
rauf. Wenn es nichts Dramatisches ist, kann ich’s bestimmt
reparieren. Die Telefone sind auch tot, also ist die Schüssel,
mit der sie verbunden sind, wahrscheinlich auch defekt. Vielleicht
hat ein Sturm beide Schüsseln losgerissen, aber eigentlich
waren sie so gut befestigt, dass sie einiges aushalten
sollten.«
    An der Bürotür der
Bohrmänner hing ein ausgedrucktes Foto von einem feuerroten
Formel-1-Wagen. Die Ecken waren eingeknickt, das Papier angegilbt,
und durch die Poster-Strips hatten sich auf der Vorderseite zwei
dunkle Flecken gebildet. Über dem Poster hing ein
Namensschild: Halldór Grétarson und Bjarki
Elíasson. Es war seltsam, ihre Namen dort stehen zu sehen
und zu wissen, dass ihnen wahrscheinlich etwas Schlimmes
zugestoßen war. Dóra und Matthias betraten

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