Die Eiserne Festung - 7
nach Nord bei Nordwest schwenkte, steuerte schon auf sie zu, um sie achteraus zu passieren - den Wind hatte sie auch auf ihrer Seite. Dabei hätte sie doch eigentlich längsseits, Breitseite gegen Breitseite, zwischen beiden Gegnern gleichzeitig stehen sollen!
Die Steuerbordbreitseite der charisianischen Galeone flammte erneut auf und donnerte ein weiteres Mal, während sie die Erzengel Chihiro passierte und auf ihr zweites Opfer zuhielt. Der Fockmast, der ohnehin schon geschwächt war, weil er alle Stagen zum jetzt verlorenen Großmast eingebüßt hatte, stürzte seitlich um. Die Erzengel Chihiro war jetzt ohne jeden Mast. Das Schiff rollte. Es vollführte kaum zu beschreibende Korkenzieherbewegungen, als mit dem Verschwinden des gesamten Oberschiffs der letzte Rest an Stabilität verloren ging. Gleich darauf wurde die Erzengel Chihiro unsanft abgefangen - durch den Treibanker aus Takelage-Trümmern. Irgendwie war es Lieutenant Mahrtynsyn gelungen, auf den Beinen zu bleiben. Er brüllte Befehle, scheuchte mehrere Gruppen der ihm noch verbliebenen Matrosen auf, die Trümmer zu beseitigen. Äxte blitzten auf und schlugen zu, durchtrennten verschlungenes Tauwerk, versuchten nach Kräften, das Schiff zu befreien, während andere Matrosen und Soldaten schluchzende und schreiende Kameraden aus den Trümmern herausholten. Manche der Geretteten wanden sich nur in lautloser Qual.
Die Breitseite, die die Destiny im Vorbeifahren abgefeuert hatte, sorgte für weitere zerschmetterte, verunstaltete Leichen. Doch es war unverkennbar, dass die Erzengel Chihiro für das charisianische Schiff etwas geworden war, um das man sich später immer noch kümmern könnte. Wailahrs Flaggschiff war ein Wrack. Es war so zerschmettert, so viele von seiner Besatzung waren tot oder verwundet, dass man die Überreste auflesen könnte, wann immer der Destiny der Sinn danach stünde. Im Augenblick hatte der Feind Wichtigeres zu tun. Hairahm Wailahr biss die Zähne zusammen ob eines Schmerzes, der das Pulsieren seines gebrochenen Armes unbedeutend erscheinen ließ.
Er kannte Tohmys Mahntain. Falls tief in Mahntain ein Funken Feigheit schlummern sollte, wusste Wailahr davon nichts. Die Gesegneter Krieger änderte auch bereits ihren Kurs. Nur war ihr Umgang mit den Segeln nicht annähernd so klar und präzise wie an Bord der Destiny. Das Schiff schlingerte bedrohlich, um auf neuen Kurs zu kommen, während die Segel protestierend flatterten und knallten. Doch bei diesem Manöver gelang es, ihr Heck aus der Schussbahn des Feindes zu schaffen. Die Destiny konnte sie nicht in der Art und Weise bestreichen, wie sie es bei der Erzengel Chihiro getan hatte. Trotzig rollte sie ihre Geschütze aus. Doch so tapfer, mutig und entschlossen Mahntain auch war: Allein schon die Art, wie seine Besatzung mit dem Schiff umging, zeigte deutlich, wie wenig eine desnairianische mit einer charisianischen Galeone zu vergleichen war. Diese hier hielt mit unfassbarer Geschwindigkeit auf die Gesegneten Krieger zu. Mahntain verfügte nicht nur über weniger und ausschließlich leichtere Geschütze. Er war hier schlichtweg deklassiert. Zumindest ein Teil von Sir Hairahm Wailahr wünschte sich in diesem Augenblick, ihm wären noch ein einziger Mast und Signalleinen geblieben. Er wünschte, er könnte Mahntain anweisen, die Flucht anzutreten.
Oder zu kapitulieren, gestand er sich mit trübsinniger Ehrlichkeit ein, während er zuschaute, wie Sir Dunkyn Yairleys Schiff dem Desnairianer nachstellte wie eine Wyvern auf der Jagd. Er kann den Kampf nicht abbrechen - er kann ihr nicht entkommen, er kann ihr nicht ausweichen. Und da das nicht geht ...
Erneut rollte an diesem Nachmittag grollender Donner über die eisige See hinweg, als die charisianische Galeone erneut feuerte - gnadenlos wie der Krake, den das Wappen des Hauses Ahrmahk am Besanmast zeigte.
.VII.
Erzbischöflicher Palast, Stadt Tairys, Provinz Gletscherherz Republik Siddarmark
Es war der kälteste Winter, den Zhasyn Cahnyr jemals erlebt hatte ... und das in mehr als nur einer Hinsicht.
Cahnyr war ein auffallend hagerer Mann. Als Gott ihn geschaffen hatte, da hatte Er nur sehr sparsam Fett verwendet. Entsprechend fror Cahnyr deutlich schneller als die meisten anderen. So war er immer der Ansicht gewesen, dass man ihm ausgerechnet die Erzdiözese Gletscherherz zugedacht hatte, in den Bergen von Siddarmark, sei ein Hinweis darauf, dass auch Gott und die Erzengel einen gewissen Humor hatten.
Doch in letzter Zeit
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