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Die Eiserne Festung - 7

Die Eiserne Festung - 7

Titel: Die Eiserne Festung - 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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hatte sich Merlin nicht die Mühe gemacht, sich alle Kennungen sämtlicher Plattformen einzuprägen.
    »Die Person Hahskans, Pater Tymahn, wurde entführt«, erklärte Owl.
    »Was?!« Ruckartig richtete sich Merlin auf seinem Bett auf.
    »Die Person Hahskans, Pater Tymahn, wurde entführt«, wiederholte Owl. Ob die KI allmählich ein Selbstbewusstsein entwickelte oder nicht: Ihre Stimme klang entschieden zu ruhig. Zu desinteressiert.
    »Wann?«, fragte Merlin nach, schwang die Füße auf den Boden und griff bereits nach seiner Kleidung.
    »Die Entführung fand vor etwa fünf Stunden, neunzehn Minuten und einunddreißig Sekunden statt, Lieutenant Commander«, antwortete Owl.
    »Und das erzählst du mir erst jetzt?« Merlin wusste, dass die Frage unfair war, noch während er sie aussprach. Dass Owl diesen Sachverhalt überhaupt von sich aus angesprochen hatte, grenzte schon an ein Wunder, aber trotzdem ...
    »Ich hatte keine ausdrückliche Anweisung, auf Entführungen zu achten, Lieutenant Commander«, gab Owl ruhig zurück. »In Ermangelung einer derartigen Anweisung haben meine Filter mich nicht unmittelbar auf dieses Ereignis aufmerksam gemacht. Ich habe von der Situation erst im Zuge eines Routine-Speicherauszugs von Charlie-Bravo-sieben-neun-eins-drei erfahren. Unmittelbar nach Datenzugriff habe ich Sie kontaktiert.«
    Merlin stand auf, streifte seine Hosen über und griff nach seinem Kasack.
    »Wie sieht Hahskans' derzeitige Situation aus? Schick mir Echtzeit-Aufnahmen von der SNARC!«
    »Sehr wohl, Lieutenant Commander.«
    Fast augenblicklich kam die KI der Aufforderung nach. Merlin Athrawes stieß einen schockierten Laut aus, als in seinem Elektronengehirn das Bildmaterial erschien.
    Großer Gott!, flüsterte eine Stimme in seinem Hinterkopf. Großer Gott!
    Merlin zuckte zusammen, als die Audio-Sensoren der SNARC ihm einen Schrei übermittelten, der sich einer unfassbar gequälten Kehle entrang. Die blutrünstige Szenerie hämmerte sich in Merlins Gedächtnis. Sofort wusste er, dass sich ihm, wäre er noch aus Fleisch und Blut, augenblicklich der Magen umgedreht hätte.
    Die Gräuel ließen den Seijin einen Moment lang erstarren, obwohl er schon genug Schreckliches miterlebt hatte. Es hätte sogar für weit mehr als ein Dutzend weitere Leben gereicht. Merlin wollte Owl gerade schon anweisen, das Aufklärer-Schwebeboot startbereit zu machen - doch der Befehl blieb unausgesprochen. Merlin war beinahe dreitausend Meilen von Manchyr entfernt. Selbst mit Mach fünf würde der Flug vierzig Minuten dauern, und weitere fünfzehn Minuten würde es dauern, das Schwebeboot hierher zu schaffen und an Bord zu gehen. Aller Vorsicht zum Trotz bestand immer die Möglichkeit, dabei beobachtet zu werden. Die schweren Verletzungen, die man dem Priester bereits zugefügt hatte, verrieten Merlin, dass der Mann unmöglich so lange überlebte, bis Merlin einträfe. Angesichts der Beschränkungen, denen die Medizin auf Safehold unterworfen war, waren Hahskans' furchtbare Wunden zweifellos schon jetzt tödlich.
    Selbst wenn Merlin sich also für das Risiko entschied, seine eigenen ›dämonischen‹ Fähigkeiten möglicherweise preiszugeben, war Tymahn Hahskans bereits ein toter Mann.
    Und Gott helfe mir, aber je rascher er stirbt, desto besser für ihn, dachte Merlin matt.
    Er ließ sich wieder aufs Bett sinken. Seine saphirblauen Augen starrten blicklos ins Leere, während er die Bilder und den Ton begutachtete, die ihm die SNARCs übertrugen. Ich sollte das abstellen, sagte er sich. Es gab nichts, was er tun konnte. Nicht jetzt. Es war zu spät. Und es gab keinen Grund, sich mit der Entsetzlichkeit von Hahskans' Tod zu belasten.
    Doch, es gab einen Grund! Merlin verstand Adorai Dynnys jetzt besser denn je. Er verstand, warum sie nicht in der Lage gewesen war, sich abzuwenden, sondern Zeugin dessen geworden war, was die Inquisition ihrem Gemahl antat.
    Jemand musste es wissen. Jemand musste Zeuge sein. Und, sagte Merlin sich grimmig, jemand muss sich daran erinnern!

.X.
    Priorei Sankt Zhustyn, Stadt Manchyr, Fürstentum Corisande
    Aidryn Waimyn lehnte sich in seinem Sessel zurück und rieb sich die müden Augen. Die Buchstaben verschwammen ihm schon vor Augen, wann immer er in den Berichten und Mitteilungen zu lesen versuchte, die sich auf seinem Schreibtisch stapelten. Der gesunde Menschenverstand riet ihm, endlich zu Bett zu gehen. Er bekäme dann noch vor Sonnenaufgang ein paar Stunden Schlaf. Bei Langhorne, den hatte er

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