Die Eiserne Festung - 7
bestätigte Laityr. »Mir ist daher schon der Gedanke gekommen, sie hätten das hier getan, um auch bei uns den Hass zu schüren.« Wieder blickte er auf das Tuch, unter dem die Leiche seines Freundes lag. »Tymahn hat nie in seinem Leben jemanden gehasst, außer vielleicht diese korrupten Männer in Zion. Und wer auch nur eine einzige seiner Predigten gehört hat, musste das begreifen! Ich glaube, deswegen hatte er so viel Erfolg. Und deswegen wollen die Tempelgetreuen, dass wir denselben brennenden Hass verspüren wie sie. Sie wollen, dass wir blindwütig austeilen - sie wollen, dass unser eigener Zorn die Konflikte zwischen uns schürt, um die Kluft noch breiter und tiefer zu machen. Unsere Unmäßigkeit soll die ihre rechtfertigen.«
»Auch damit könnten Sie durchaus Recht haben, Pater«, sagte Gahrvai grimmig. »Und als Sohn von Mutter Kirche hoffe ich, dass Sie und die anderen Priester, die offen das Wort ergriffen haben, diesem Hass und diesem Zorn widerstehen können. Aber ich vertrete hier die weltliche Obrigkeit, und es gehört nicht zu meinen Aufgaben, derlei Dinge zu vergeben.«
»Nein. Nein, wohl nicht.«
Noch einige Momente blickte Laityr auf das Leichentuch herab, dann erhob er sich. Seine Bewegungen waren so steif, dass Gahrvai vermutete, der Priester habe schon seit der Entdeckung der Leiche auf dem harten Kopfsteinpflaster gekniet. Nun streckte der General ihm die Hand entgegen, um Laityr behilflich zu sein. Dankbar griff der ältere Mann danach. Dann schüttelte er sich und nickte erneut in Richtung seiner Kirche.
»Ich weiß wohl, dass wir ihn hier liegen lassen müssen, bis Sie sich alles persönlich angesehen haben, Herr General. Und ich verstehe das auch. Aber seine Frau ist zusammen mit meiner Haushälterin im Pfarrhaus. Ich hatte ihr angeboten, bei ihr zu bleiben. Stattdessen hat sie darauf beharrt, dass ich bei Tymahn bliebe. Ich habe sie gerade noch dazu bewegen können, dass ich bis zu Ihrem Eintreffen, Herr General, bei ihm bleibe, nicht sie. Ich weiß nicht, ob mir das gelungen wäre, wenn sie in der Lage gewesen wäre, klar zu denken. Aber jetzt ...« Laityr schüttelte den Kopf. »Bitte, Herr General, ich ... möchte nicht, dass sie ihn sieht. Nicht so.«
»Das verstehe ich.« Fest blickte Gahrvai dem Priester in die Augen. »Wenn Sie wieder zu ihr zurückkehren, sagen Sie ihr bitte, wir nähmen ihn zu unseren Heilern mit. Sie werden ihn genau untersuchen und uns über ihre Befunde informieren. Und behalten Sie sie im Pfarrhaus, bis wir hier fertig sind. Sagen Sie ihr, ich hätte ausdrücklich darum gebeten, und das sei Teil der Untersuchung. Ich werde meine Leute anweisen, zu tun, was sie können, bevor wir ihr den Leichnam zurückgeben.« Er kniff die Lippen zusammen. »Die ersten Berichte klingen nicht danach, als könnten wir allzu viel tun. Aber wenn Sie dafür sorgen könnten, dass Kleidung für ihn in mein Hauptquartiert gebracht wird, lasse ich ihn wenigstens angemessen anziehen, wenn die Heiler fertig sind. Das sollte wenigstens das Schlimmste verdecken, hoffe ich.«
»Ich danke Ihnen, Herr General.« Der Priester legte Gahrvai eine Hand auf den Unterarm und drückte ihn sanft. »Ich fürchte, sie hat bereits an meiner Reaktion bemerkt, wie schlimm es ist. Aber es gibt einen Unterschied, es sich nur denken zu können oder mit eigenen Augen sehen zu müssen, was diese Mörder ihm angetan haben.«
Beim letzten Teil des Satzes brach Laityr fast die Stimme. Erneut drückte er Gahrvai den Arm. Dann räusperte er sich überlaut.
»Ich habe mich bereits von ihm verabschiedet«, sagte er leise. »Und ich habe Gott gefragt, ob Tymahn noch ein wenig warten kann - bis wir anderen nachkommen ... Also, wenn Sie mich entschuldigen würden, ich muss mich jetzt um die Witwe eines lieben Freundes kümmern.«
»Selbstverständlich, Pater«, gab Gahrvai sanft zurück. Erneut verneigte er sich, dieses Mal deutlich tiefer, und Laityr schlug das Zeichen von Langhornes Szepter. Dann drehte er sich herum und ging langsam auf seine Kirche und das daneben stehende Pfarrhaus zu.
Gahrvai blickte ihm hinterher, sah an der Haltung des Priesters eine unverkennbare Mischung aus Zorn, Trauer und Entschlossenheit. Und Mut. Gahrvai bewunderte den Priester für die Haltung, die er an den Tag legte. Er selbst hätte sich lieber dem Angriff schwerer Kavallerie gestellt - oder sogar einer Reihe charisianischer Gewehrschützen -, als dem, was Laityr nun bevorstand. Dann atmete er noch einmal tief durch.
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