Die Eisfestung
zu passieren, wer auch immer das – Scheiße!«
Ein weiteres Auto kam die Straße entlanggefahren. Es hatte keine dicke Schneehaube auf dem Dach. Es war blau und allen drei bestens vertraut – sie hatten es schon am Vortag gesehen.
»Dein Vater lässt auch nicht locker, was?«, sagte Simon.
Das neue Auto fuhr mit lähmender Langsamkeit auf den Parkplatz und hielt neben dem beigebraunen Wagen. Seine Scheinwerfer gingen aus, die Tür öffnete sich und ein Mann in grüner Fleecejacke stieg aus. Emily spürte, wie Marcus zu zittern anfing. Als sein Vater sich dem anderen Auto näherte, wurde dessen Fahrertür aufgestoßen, und auch dort stieg ein Mann aus. Den drei heimlichen Beobachtern in der Burg stockte der Atem.
»Oh Gott«, sagte Marcus. »Das ist Harris. Das ist er doch?«
»Sie kommen, um in der Burg nach dir zu suchen«, sagte Emily. »Wir müssen ganz schnell von hier weg.«
Marcus und Simon sagten nichts.
»Versteht ihr nicht, ihr Idioten? Wenn wir jetzt abhauen, werden sie uns nicht finden.«
Aber die beiden waren wie hypnotisiert und starrten mit offenem Mund vor sich hin. Emily schaute wieder hinaus. Die beiden Männer auf dem Parkplatz blickten jetzt zur Straße, wo gerade -
Emily schrie leise auf. Ein drittes Auto, das deutlich mehr Tempo drauf hatte, bog mit viel Schwung in die Einfahrt zum Parkplatz. Schnee stäubte auf, als es in einem dramatischen Winkel vor den beiden anderen zu stehen kam. Selbst aus der Entfernung bemerkte Emily sofort die Signalfarbe, das Blaulicht auf dem Dach. Nach einer kurzen Pause öffneten sich die Türen und zwei Polizisten stiegen aus. Marcus’ Vater und Harris stapften hin und begrüßten sie.
»Das hat uns gerade noch gefehlt«, zischte Simon durch die Zähne. »Die Scheißbullen.«
Marcus fuhr plötzlich auf. »Der Balken! Der Balken für den Türriegel – ich muss ihn sofort anbringen!« Seine Augen waren weit geöffnet. Er schien mit sich selbst zu sprechen. Er griff nach dem Brett, stolperte damit zur Eingangstür und verschwand die Treppe hinunter. Seine Stimme hallte zu ihnen hoch: »Bleibt auf eurem Posten! Lasst sie nicht aus den Augen!«
Emily drehte sich zu Simon, der unverwandt aus dem Fenster starrte. »Wir müssen ihn davon abbringen!«, rief sie. »Er ist dabei, eine große Dummheit zu machen!«
»Hmmm?« Simon hatte seinen Blick weit in die Ferne gerichtet. »’tschuldigung, hab grade nicht hingehört.«
»Du musst mir helfen! Wir müssen ihn dazu bringen, von hier zu verschwinden!«
»Ja, Em, aber das Problem ist – wohin?«
»Weiß ich auch nicht, aber es ist kompletter Wahnsinn -«
Marcus kam die Treppe hoch, er war erhitzt und außer Atem. »Ich glaub nicht, dass das reichen wird!«, keuchte er. »Wir hätten noch ein Brett nehmen sollen, dann wär der Riegel doppelt so dick. Vielleicht stoßen sie so heftig gegen die Tür, dass das Brett bricht.«
»Beruhig dich mal«, sagte Simon. »Das wird halten.«
»Kann man nur hoffen. Mein Gott, da! Sie kommen!«
In der Ferne sperrte Harris das Eingangsgitter an der Grenze des Burggeländes auf. Als das Tor offen war, trat er zur Seite, um die anderen drei Männer vorbeizulassen.
Emily packte Marcus an der Schulter. Sie drehte ihn mit Gewalt zu sich, um ihm in die Augen schauen zu können. »Okay, Marcus«, sagte sie so beherrscht, wie sie konnte, »das ist deine letzte Chance. Wir haben noch ungefähr fünf Minuten, bis sie hier auftauchen. Wenn wir uns jetzt auf der anderen Seite rausschleichen, dann erwischen sie uns nie. Wenn wir hier drinbleiben, sitzen wir in der Falle. Hast du mich verstanden?«
Marcus blickte sie verständnislos an. » Autsch , du tust mir weh!«
» Ich tu dir weh? Was glaubst du, was dein Vater gleich mit dir anstellen wird? Lass uns verschwinden!« Irgendetwas in ihrer Stimme musste Marcus berührt haben. Er schien zu schwanken, auf seinem Gesicht zeichnete sich ein leichter Zweifel ab. »Komm mit!«, flehte Emily ihn an und versuchte, ihn gewaltsam zum Durchgang zu zerren.
»Augenblick«, sagte Marcus. »Was ist mit meinen Sachen?«
»Dafür haben wir keine Zeit mehr! Lass das einfach alles hier!« Emily zerrte weiter an ihm, aber irgendein Schalter in Marcus war umgelegt, alles war wieder wie vorher. Er stieß ihre Hand weg. »Nein«, sagte er ruhig. »Das ist mein Eigentum, von dem du da sprichst. Hat mir viel Mühe gemacht, das alles hierherzuschleppen. Das kriegt der Feind nicht so schnell!« Er machte einen Schritt zurück. »Das ist meine Burg.
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