Die Eishölle
verschluckt worden waren. Nach ein paar hundert Metern verklang das Geräusch des Wassers und die Luft wurde trockener. Der Wind blies wie stets von Norden, das heißt direkt von vorne, und zum ersten Mal brachte er winzige Staubpartikel mit sich, die an unseren Gesichtern vorbeiflogen und sich auf unserer Kleidung niederließen.
Das leichte Pulsieren, das ich zuvor schon gehört hatte, war ebenfalls stärker geworden, wenn auch undefinierbaren Ursprungs und offensichtlich aus großer Entfernung. Wir legten eine Pause ein, während der Professor die Temperatur und andere atmosphärische Bedingungen in das Notizbuch eintrug, das er immer mit sich führte. Ich testete erneut die Funkverbindung und wurde von Van Damms quietschender Stimme beruhigt. Auch er machte sich nach meinem kurzen Bericht Notizen und erzählte seinerseits, dass er und Holden den Strand entlang Richtung Osten gingen. Sie hatten nichts Bemerkenswertes gesehen oder gehört. Scarsdale und Prescott waren inzwischen ein Stück vorausgegangen, aber als ich wieder zu ihnen aufschloss, gab ich Van Damms Bemerkungen weiter, wie der Professor es befohlen hatte.
Ich hatte das Gefühl, dass er mehr Vertrauen in mich setzte, als ich verdient hatte. Vielleicht machte ich auf ihn einen ruhigen und verlässlichen Eindruck, aber das täuschte über mein Inneres hinweg. Im Unterschied zu anderen
Expeditionen, an denen ich teilgenommen hatte, war die Große Nordexpedition in vieler Hinsicht außergewöhnlich, und selten hatte ich die vor mir liegenden Tage mit einem ähnlich unguten Gefühl erwartet. Ich wusste, dass Holden sich dessen ebenfalls bewusst war und nahm an, dass Scarsdale trotz seines schroffen Äußeren die Macht der unbekannten Gewalten erahnte, denen wir begegnen konnten. Wir hatten natürlich seit dem Beginn der Expedition noch kein Lebewesen gesehen, aber auch unabhängig von Zalor herrschte eine furchtbare Atmosphäre, die von dieser schrecklichen Welt im Zwielicht ausging – man hätte aus Stein sein müssen, um sie nicht zu spüren.
Als wir vom Strand heraufkamen, hatte sich der Dunst verzogen und wir befanden uns in einer breiten Felsschlucht, die sich vor uns in alle Richtungen erstreckte. Unser Blickfeld wurde jedoch von dem trüben Licht eingeschränkt, so dass sich im Umkreis von einem halben Kilometer ein schwarzer Rand aufhäufte, der einen natürlichen Horizont bildete. Bis wir zu ihm gelangten, wussten wir nie, ob unser Weg von einem Kliff aus schwarzem Basaltstein versperrt war, oder ob die Finsternis lediglich aus endlosem Raum bestand.
Mit Van Damm hatten wir vereinbart, dass wir in zwei Stunden zurück sein würden, falls nichts Unvorhergesehenes eintrat. Entsprechend blieb uns für den Hin- und Rückweg jeweils eine Stunde. Eventuelle Verspätungen konnten wir immer noch über Funk mitteilen. Ich schaute auf meine Armbanduhr und sah, dass wir die Ebene bereits seit etwas mehr als zwanzig Minuten überquerten. Ich trug eine meiner kleineren Kameras um den Hals und blieb stehen, um mein Stativ aufzustellen, denn ich wollte diese trostlose Szenerie mit den winzigen Gestalten von Scarsdale und Prescott festhalten, die sich bereits ein großes Stück entfernt hatten. Als ich gerade dabei war, meine Ausrüstung auseinander zu bauen, sah ich, wie sie ihre Schritte beschleunigten und eilte ihnen nach, kaum dass sie im Kranz der Finsternis verschwanden. Scarsdale blieb jedoch sofort stehen, als er bemerkte, dass ich zurückgefallen war, und die beiden Männer warteten, bis ich sie eingeholt hatte. Jenseits der vor uns liegenden Ebene türmte sich eine glatte, schwarze Wand auf, unterbrochen von einem weiteren jener Portale, wie wir eines am Eingang des Berges gesehen hatten. Auf ein Nicken von Scarsdale hin funkte ich Van Damm an. Seine Stimme kam ungefähr eine Minute später zu uns durch, verzerrt von Störgeräuschen. Ich übermittelte ihm Scarsdales Botschaft und bat ihn, in Bereitschaft zu bleiben.
II
Wir drei gingen weiter auf das große Portal zu, das von jenseits der Ebene finster zu uns herüberstarrte. Wie ich vermutet hatte, befand sich davor erneut ein Sockel, der die gleichen seltsamen Hieroglyphen trug, die wir bereits außerhalb der Bergkette angetroffen hatten, und die, laut Scarsdale, eine so unheilverkündende Botschaft bargen. Ich machte einige Aufnahmen, während Prescott dastand und sich im dämmrigen Licht umsah. Scarsdale war zu dem Sockel hinübergegangen und schrieb mühsam die Inschrift ab. Sie schien mit
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